Hamburg. Wer Höhenangst hat, wird per VR-Brille aufs Hochhaus geschickt. Auch Burn-out und „Broken Heart Syndrom“ werden individuell behandelt.
„In zehn Jahren“, sagte Ex-Skispringer Sven Hannawald, selbst betroffen, gerade den Kollegen der „Süddeutschen Zeitung“, „wird Burn-out hoffentlich so normal sein wie heute eine Grippe.“ Eine Einschätzung, die Dr. Stephanie Grabhorn teilt: „Anerkannt ist Burn-out ja schon längst, anders als beispielsweise Depressionen, denen leider immer noch ein Stigma anhaftet. Denn ausgebrannt ist man in der öffentlichen Wahrnehmung ja vor allem, weil man so viel gearbeitet hat – das trifft in unserer Leistungsgesellschaft auf mehr Verständnis.“
Psychotherapie Hamburg: Burn-out und andere Stresserkrankungen haben zugenommen
Die Ärztliche Direktorin der Privatklinik Blomenburg im schleswig-holsteinischen Selent, die zum Asklepios-Konzern gehört, und Leiterin der Blomenburg-Tagesklinik am Lehmweg in Hamburg-Hoheluft hofft vor allem, dass ein Burn-out in zehn Jahren so effektiv behandelt werden könne wie ein grippaler Infekt. Dass die sogenannten Stressfolgeerkrankungen während und nach der Corona-Pandemie zugenommen haben, erlebt die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in ihrer täglichen Arbeit.
Frauen suchen bei Burn-out eher Hilfe als Männer – Wartelisten sind lang
„Es sind doch vermehrt Frauen, die zu uns kommen, weil sie sich etwas eher als Männer trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, sagt die Medizinerin. Doch zunehmend kämen auch männliche Patienten, die mit Burn-out oder Angsterkrankungen zu kämpfen hätten. „Der Behandlungsbedarf ist da, die Warteliste lang.“
In der Tagesklinik sei es „ein bisschen einfacher“, einen Platz zu bekommen, weil der Wechsel größer sei. „Denn stationär oder teilstationär bleiben Patienten in Selent im Schnitt eben schon vier bis sechs Wochen.“
Burn-out: Therapie wird individuell auf Patienten zugeschnitten
Von der Verhaltenstherapie über die tiefenpsychologische Psychotherapie bis zu Sport-, Kunst- oder auch Musiktherapie reiche das Angebot. „Die Behandlung, die nur von den privaten Krankenkassen übernommen wird, ist individuell auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten“, sagt Dr. Stephanie Grabhorn. „Wir schauen, welche Therapien er womöglich schon hatte, wie belastbar er oder sie ist und was jetzt vielleicht am besten helfen könnte.“
Ein sehr neuer und erfolgreicher Therapieansatz bei Angsterkrankungen sei Virtual Reality, erklärt die Expertin: „Dass man sich seinen Ängsten stellen muss, ist ja bekannt. Also beispielsweise an den Ort eines Unfalls zurückkehrt oder wieder reitet, wenn man vom Pferd gefallen ist. Jetzt lässt sich diese sogenannte Exposition mit VR-Brillen simulieren – das spart den Ausflug und damit Zeit.“
Psychotherapie: Höhenangst wird in Hamburg mit Virtual Reality behandelt
Sie selbst habe ein bisschen Höhenangst und die Therapie ausprobiert: „Es ist unglaublich realistisch. Man hat das Gefühl, dass man wirklich im Außenbereich eines Hochhauses die Treppen hochsteigt oder, anderes Beispiel, vor einem großen Auditorium spricht. Und die Zuhörer schauen dann auch mal genervt oder verlassen den Raum, also sehr wirklichkeitsnah. Das ist dann ein Ansatz für Menschen, die eine Scheu haben, beispielsweise einen Vortrag zu halten.“
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Selbstverständlich wolle man die Patienten nicht überfordern, die Sitzung mit VR-Brille werde gesprächstherapeutisch gut vorbereitet. „Und man macht das stufenweise: Ich selbst bin zum Beispiel gut bis zum fünften Stockwerk vorgedrungen, dann habe ich die Brille abgenommen.“
Bisher hätten sie bei Blomenburg erst zehn Patienten nach dieser Methode behandelt, aber sie sei insgesamt jetzt schon verbreiteter – und Studien zeigten den Erfolg: „Die Patienten trauen sich schneller wieder mehr zu als bei der herkömmlichen Vorgehensweise.“
Psychotherapie: „Broken Heart Syndrom“ ist eine echte Erkrankung wie Burn-out
Ein ganz anderes Phänomen, mit dem Dr. Stephanie Grabhorn häufiger zu tun hat, ist das sogenannte „Broken Heat Syndrom“. Also einfach Liebeskummer? „Nein, es ist schon mehr“, sagt die Ärztin. „Es gibt tatsächlich Patienten, die nach einem sehr schwerwiegenden traumatischen Ereignis, also nach dem Tod des Partners oder nach einer schmerzvollen Trennung, so schwer krank werden, dass sie nicht nur traurig sind, sondern auch das Herz in der Pumpleistung schlechter wird, was man im Ultraschall nachweisen kann.“
Unser Körper sei eben untrennbar mit der Seele verbunden: „Es gilt, die Ursache für die körperlichen Sensationen zu finden – und die liegt nicht selten in der Psyche.“