Hamburg. Nach eine skurrilen Streit um ein Gewürzset hat ein 54-Jähriger der Steakhauskette Drohmails geschrieben. Jetzt stand er vor Gericht.
„Zauber Gewürz“ heißt das eine. Das andere trägt den Namen „Steak Pfeffer“. Bei der Restaurant-Kette Block House gehören diese beiden Zutaten seit vielen Jahren zum Erfolgs-Rezept. Doch bei einem Kunden führte ein Streit um das Gewürzset jetzt zu einer Reaktion mit unangemessener Schärfe. Er drohte in einem Schreiben an den Steak-Spezialisten einen Buttersäureanschlag an.
Das klingt gefährlich. Das kann Ängste auslösen. Jetzt im Prozess vor dem Amtsgericht Barmbek, wo sich Paul T. wegen einer Drohmail vom 5. Juni 2020 verantworten muss, wirkt der 54-Jährige allerdings nicht wie jemand, vor dem man sich fürchten müsste. Ein ruhiger Typ im legeren Outfit, der einen Stoffbeutel dabei hat. Und daraus fischt er, gleichsam als Beweisstück, ein Block-House-Gewürzset, original verpackt.
Block-House-Kunde fühlt sich um Gewürzset betrogen und droht mit Anschlag
Es ist zugleich Streit-Gegenstand gewesen – und auch Friedensangebot. Und es ist der Grund, warum Paul T. zum Angeklagten wurde. Er fühlte sich ungerecht behandelt, übervorteilt – und um ein Gewürzset betrogen.
Versuchte Nötigung lautet der Vorwurf gegen den Hamburger vor Gericht. Laut Anklage schrieb er über ein Kontaktformular auf der Homepage des Restaurants eine Mail, in der er drohte: „Werde ich Eure Produkte vergiften bzw. Buttersäure in Eure Restaurants werfen [...] Versprechen einlösen sonst gibt es richtig Buttersäure.“
„Es fing damit an, dass ich ein Stück Plastik gefunden habe“, erzählt der Angeklagte über die Ereignisse vom Juni 2020. Dieser Fremdkörper habe sich in einer Packung Tiefkühl-Burgerpatty befunden und sei etwa fünf Millimeter groß gewesen. „Wenn das ein Kind verschluckt hätte …“ Außerdem seien Plastikteile im Essen „eklig“, setzte er in einem Post über soziale Medien nach.
Angeklagter sieht seine Beschwerde von Block House ignoriert
Richtig wütend wurde er dann, als auf seine Beschwerde, die er an Block House sandte, unzureichend reagiert worden sei. Eine Mitarbeiterin der Restaurantkette habe ihm geantwortet, dass man sich zwar nicht vorstellen könne, dass es das Stück Plastik in der Packung gegeben habe. Aber man werde für Ersatz sorgen und ihm ein Gewürzset zuschicken.
Zwei Wochen habe er auf die Sendung gewartet, dann erneut an Block House geschrieben, trägt Paul T. vor. Da sei ihm mitgeteilt worden, dass überhaupt keine Beschwerde vorliege. „Wenn ich eine Beschwerde habe, wenn der Ersatz nicht kommt und Sie dann hören, die Beschwerde sei nicht angenommen …“, schildert der Angeklagte seinen damaligen Unmut. „Da bin ich dann leider ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen“, meint der 54-Jährige und räumt ein, dass er die Drohmail schrieb. Ihm sei „der Kragen geplatzt“. „Zwei Wochen später kamen nicht ein, sondern zwei Gewürzsets. Damit ist das, was Block House gesagt hat“, dass es nämlich gar keine Beschwerde gegeben habe, „ad absurdum geführt“.
Jedenfalls hatte Block House in einem Schreiben deutlich gemacht, dass dort höchste Maßstäbe an die Hygiene gelegt werden, „um Fremdkörper zu vermeiden“. Die Reklamation werde „unverzüglich an unser Qualitätsmanagement weitergegeben“. Ferner wurde Paul T. um „Geduld“ gebeten – die der Mann, der nach eigenem Bekunden seit 2012 schwerbehindert ist und Hartz IV bezieht, offenbar nicht aufbrachte.
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Dass er sich nicht nur bei dieser einen Gelegenheit ganz erheblich im Ton vergriffen hat, zeigt eine weitere Mail, die Paul T. später während seines Ermittlungsverfahrens an die Staatsanwaltschaft schrieb. Weil es nach seinem Empfinden zu lange dauerte, bis sein Verteidiger Akteneinsicht bekam, warf Paul T. der Anklagebehörde vor, das sei „wie bei der DDR“. Auch von „Stasi“ ist in dem Schreiben die Rede.
Schon nach dem ersten Drohschreiben, das über Paul T.s Mailadresse eindeutig zu ihm als Absender zu verfolgen war, gab es eine Gefährderansprache. „Plötzlich stand die Polizei bei mir vor der Tür“, erinnert sich der Angeklagte. Aber er zeigt sich einsichtig: Dass er mit einem Buttersäureanschlag drohte, „war vollkommen drüber. Das ist klar.“
Ob er glaube, dass er in einer vergleichbaren Situation wieder überreagieren werde, möchte die Vorsitzende vom Angeklagten wissen. „Eher nicht“, meint der. „Dass bei mir der Kragen platzt, da muss schon eine ganze Menge zusammenkommen.“ Es sei nie eine Option gewesen, die Drohung mit einem Buttersäureanschlag in die Tat umzusetzen, beteuert der Angeklagte. „Weil das Unsinn ist.“ Außerdem wäre er ja dann als Täter ganz leicht zu ermitteln gewesen, überlegt er. Man hatte ja seine Mail-Adresse.
Drohmails gegen Block House: Gericht verhängt Geldstrafe
Schon vielfach ist Paul T. in seinem Leben zum Täter geworden. 22 Eintragungen weist sein Vorstrafen-Register auf, überwiegend wegen Diebstahls. Seit 2017 ist nichts mehr vorgefallen – bis es zum Kleinkrieg gegen Block House kam. Sieben Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung fordert die Staatsanwältin, die von einer „besonders verwerflichen“ Tat spricht. Der Verteidiger nennt das Verhalten seines Mandanten in seinem Plädoyer einen „emotionalen Ausbruch aus Verärgerung" und betont, dass Paul T. sich im Prozess einsichtig gezeigt habe.
Am Ende verhängt die Amtsrichterin eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu acht Euro, also insgesamt 1200 Euro, wegen versuchter Nötigung. Paul T.’s Tat sei „alles andere als eine Lappalie“, verdeutlicht die Vorsitzende an den Angeklagten gewandt. Wer die Drohungen aus dem Schreiben lese und von einem Anschlag mit Buttersäure, „der weiß nicht: Meint er das jetzt ernst?“, betont die Richterin. „Es wirkt aggressiv und kann große Angst auslösen.“ Er müsse an sich arbeiten, angemessen zu reagieren und nicht mehr „hochzukochen. Verärgerung kann man aussprechen. Aber mit einem Buttersäure-Anschlag zu drohen, das geht gar nicht.“