Hamburg. Taubennester über Radständern am Bahnhof sorgen für Dauerbeschuss. Verwaltung hat eine tierfreundliche Idee, wird jedoch gebremst.

Das Bezirksamt Hamburg-Nord will einen Taubenschlag am Barmbeker Bahnhof errichten. Für das auf zwei Jahre angelegte Pilotprojekt sucht sie einen Kooperationspartner, der die Tiere verlässlich betreut. Auch müssten etwa 20.000 Euro bewilligt werden, erklärte die Verwaltung den Kommunalpolitikern und bat um ein unterstützendes Votum. Sie will einen geeigneten Standort für den Schlag suchen.

In der Umgebung des Barmbeker Bahnhofs haben sich in den vergangenen Jahren etwa 80 bis 100 Tiere angesiedelt. Auf die Nistplätze unter der Brücke über den Wiesendamm drängen sich immer mehr Tiere. Ihre Exkremente treffen vor allem Fahrradfahrer, die ihre Bikes an den Bügeln vor dem Bahnhof anschließen. Vergrämungsversuche brachten bisher keine Verbesserung der Situation. Laut Verwaltung ist das auch kein Wunder.

Tauben am Bahnhof Barmbek lassen sich nicht vertreiben

„Die Baustrukturen im urbanen Raum bilden den ursprünglichen Lebensraum der Felsentaube nach“, erläutert das Bezirksamt in seiner Mitteilung an die Politik die Lage. Die Stadttauben als ihre Abkömmlinge fühlen sich also wohl in den Häuserschluchten von Barmbek. „Sie leben in festen Paaren, organisieren sich in Fressschwärmen, ziehen ihre Jungen möglichst in Gemeinschaft groß und sind extrem standorttreu.“ Sie lassen sich also nicht wirklich vertreiben, sondern ziehen allenfalls ein winziges Stück weiter, wenn ihnen Stacheln oder andere Knüppel zwischen die Vogelbeine geworfen werden.

Zumal ihnen am gewohnten Standort die „Abfälle, insbesondere achtlos weggeworfene Lebensmittel sowie zunehmende Taubenfütterungen eine ganzjährige Nahrungsgrundlage bieten. Fressflüge in das ländliche Umfeld sind nicht mehr notwendig“, schreibt das Amt.

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Stress für die Tauben, Verkotung am Bahnhof

Für die Menschen ergeben sich damit Probleme durch Verkotung sowie hohe Kosten für Reinigung und Instandhaltung. Für die Tiere, die mit der Vergrämung ortsnah auf noch weniger geeignete Standorte ausweichen, ergibt sich laut Amt aus dem hohen Stress und dem oft frühzeitigen Verlassen der dann unterversorgten Brut ein „ernstzunehmendes Tierschutzproblem“.

Die Errichtung eines Taubenschlags könnte laut Amt die Interessen beider Seiten berücksichtigen und eine Möglichkeit zur Bestandsregulierung eröffnen, die sich „mit großer Sicherheit erfolgreich gestalten“ würde. Sprich: Die Nester im Schlag sind leicht zu kontrollieren, weshalb die Eier entnommen und durch Attrappen ersetzt werden können. Tauben brüten pro Jahr bis zu sieben Gelege mit je zwei Eiern aus. Zudem verbliebe der Taubenkot weitgehend im Schlag, und der öffentliche Raum würde von den Vögeln eher nur überflogen statt nachhaltig besetzt.

Taubenplage in Barmbek: Politik lehnt Pilotprojekt ab

Im Bezirk Wandsbek hatten „Gandolfs Taubenfreunde“ vom Tierretterverein „Looki e.V.“ Politik und Verwaltung einen nahezu identischen Vorschlag zur Bekämpfung der Taubenplage unter der Brücke am Hirschgraben unterbreitet. Die Betreuung des Schlages wollte der Verein selbst übernehmen. Vor einer Vergrämung ohne die begleitende Aufstellung eines Ersatzquartiers, namentlich des Schlages, warnten sie eindringlich.

Die Barmbeker Politik ließ sich nicht überzeugen und nahm den Wunsch der Verwaltung nur zur Kenntnis. Das erbetene unterstützende Votum lehnte sie ab. Stattdessen forderten die schwarz-grüne Koalition im Bezirk, SPD und FDP die Bahn auf, die Brücke baulich so zu modifizieren, dass sich die Tiere nicht mehr darunter aufhalten können. Außerdem seien Schilder aufzustellen, die die Fütterung verbieten. Polizisten sollen die Einhaltung des Verbots überwachen. Den Beschluss aus Barmbek bekräftigte am Dienstag Abend auch der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Hamburg-Nord.