Hamburg. Besonders in zwei Stadtteilen kommt es täglich zu langen Staus. Der Senat hatte zuvor eine Besserung in Aussicht gestellt.
Genervte Autofahrer, frustrierte Radfahrer und Anwohner: Die vielen gleichzeitigen Straßenbaustellen in Winterhude und Eppendorf werden zur Geduldsprobe für alle Verkehrsteilnehmer und lassen die Kritik an der Baustellenkoordinierung des Senats lauter werden. Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft, sagte dem Abendblatt: „Die mangelhafte Koordinierung ist eines der größten Ärgernisse der Hamburger Verkehrspolitik.“ Sie sei ursächlich für viele Staus und sorge für hohen volkswirtschaftlichen Schaden.
Gerade erst hatte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bei seinem Besuch in Shanghai Hamburgs „intelligente Baustellenkoordination“ als „Modell für die Mobilität der Zukunft“ gelobt. Nach CDU-Ansicht funktioniert aber die vom Bürgermeister forcierte Baustellenkoordinierung noch immer nicht. Stattdessen führe sie zu unnötigen Umweltbelastungen und koste „wertvolle Lebenszeit“, sagt der Alstertaler Abgeordnete Thering.
Winterhude hat besonders viele Baustellen
Besonders betroffen vom Stauchaos ist derzeit Winterhude – mit Folgen weit über den Stadtteil hinaus. Nach Behördenangaben gibt es dort derzeit mehrere große Baustellen. So ist die Hudtwalckerstraße zum Nadelöhr geworden. Hier saniert das Bezirksamt Nord mit dem Ausbau der Veloroute 4 den gesamten Straßenraum. Dafür ist die Sierichstraße an der Einmündung in die Hudtwalckerstraße voll gesperrt. Die Bauarbeiten werden nach einer Verzögerung von drei Wochen bis zum 29. September dauern und kosten 2,8 Millionen Euro.
Staugefahr besteht wegen der geplanten Verbesserung des Radverkehrs auch auf der Kreuzung Maienweg/Sengelmannstraße. Mehr noch: Anfang dieser Woche startete die Umgestaltung des Borgwegs. Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer baut die Bushaltestellen und die Parkflächen für die zukünftige Nutzung aus. Die Investitionssumme beträgt 3,3 Millionen Euro. Weitere Baumaßnahmen mit erheblichen Einschränkungen gibt es in der Semperstraße (bis Ende Dezember 2019), Krugkoppelbrücke (bis 31. Oktober) und am Hofweg (voraussichtlich bis 9. September).
CDU fordert Mehrschichtbetrieb an Baustellen – bis 22 Uhr
Ein Sprecher der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation verteidigte die Baustellen-Koordinierung in Winterhude. Sie bedeute nicht, „dass es innerhalb eines bestimmten Radius keine gleichzeitigen Baustellen geben darf“.
Um das Arbeitstempo auf den Baustellen zu erhöhen, fordert die CDU, dass Bauaufträge nur noch mit Bonus-Malus-Regelungen vergeben werden. Das motiviere die Baufirmen, die Baustellen schneller abzuarbeiten, hieß es. Bislang wird nur an weniger als einem Prozent der Baustellen im Mehrschichtbetrieb gearbeitet. Die CDU will dort, wo es die Lärmbelästigung der Anwohner zulässt, einen Mehrschichtbetrieb bis 22 Uhr. An allen anderen Baustellen sollte bis 18 Uhr gearbeitet werden.
Auch Caroline Mücke-Kemp, Stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzende im Bezirk Hamburg-Nord, ärgert sich jeden Tag über die Staus. Und zweifelt an der effektiven Arbeit der Baustellenkoordination des Senats. „Während sich die Grünen online über leere Straßen dank Baustellenchaos freuen, versinkt das Gebiet rund um den Stadtpark in kilometerweiten Staus“, sagt sie.
Kritik an der Baustellenkoordinierung des Senats
Dabei hatte die SPD mit Bürgermeister Peter Tschentscher beim Landesparteitag im Oktober 2018 die unzureichende Koordination der Baustellen diskutiert und ihr neues Konzept vorgestellt: Jedem der sieben Bezirke soll in Zukunft ein Baustellenkoordinator zugeteilt werden.
Inzwischen jedoch wachsen die Zweifel, ob die Koordination wirklich effektiv verläuft. „Zwar ist es richtig und wichtig, dass in den Erhalt unserer Verkehrsinfrastruktur investiert wird“, sagt Thering. „Aber das Problem ist, dass die Baustellenkoordinierung in Hamburg nicht funktioniert und Baustellen viel zu lange dauern.“
Drei Wochen Verzug in der Hudtwalckerstraße
Besonders im Fokus sind derzeit die Baustellen in Winterhude und die Verzögerungen bei den Arbeiten. Die Maßnahmen an der Hudtwalckerstraße sind mit rund drei Wochen im Verzug. Der Grund: „Es wurden vorher nicht bekannte Fundamente im Bereich der Winterhuder Brücke und unterhalb der U-Bahnbrücke entdeckt, außerdem ebenso unbekannte Leitungen im Untergrund entlang der Hudtwalcker Straße“, sagte ein Behördensprecher.
Auch ein Wasserschaden im Café Leinpfad nach Entfernung des Fundamentes habe die Arbeiten zurückgeworfen. Endlich fertig sein soll dieser Bereich bis zum 29. September. Im direkten Anschluss erfolgen die Arbeiten im nördlichen Teil der Hudtwalckerstraße. Hier wird die Einmündung der Bebelallee bis voraussichtlich Ende September gesperrt, heißt es beim Bezirksamt Nord. Die Restarbeiten sollen bis Ende November 2019 fertig sein.
Sanierung der Krugkoppelbrücke verzögert sich
Schon lange gebaut wird ebenfalls im Bereich der Krugkoppelbrücke. Die Sanierung der maroden Trasse (Baujahr 1927) dauerte wesentlich länger als geplant. Ursprünglich sollten die Arbeiten im März beendet sein. Doch Sanierung und Restaurierung des denkmalgeschützten Bauwerkes gestalteten sich aufwendiger als angenommen. Nun soll die Brücke zum 31. Oktober fertig saniert sein.
Die Verkehrsbehörde sagte jetzt dazu: „Weil viele Baufirmen volle Auftragsbücher haben, wurde für die Baustelle Krugkoppelbrücke für einen Teilabschnitt von den Baufirmen kein Angebot abgegeben.“ Dadurch habe sich der Ablauf verzögert. Natürlich sei eine zeitliche Entzerrung geprüft worden. „Das aber bot keine Lösung, weil im Umfeld nachfolgende Maßnahmen vorgesehen sind, die die Verkehrsbeziehungen sonst deutlich stören würden.“
Verkehrsbehörde verteidigt Baustellenkoordinierung
Dass an mehreren Stellen gleichzeitig gebaut werden muss, hat unterdessen ein Sprecher der Verkehrsbehörde verteidigt. „Baustellenkoordinierung heißt nicht, dass es innerhalb eines bestimmten Radius` keine gleichzeitigen Baustellen geben darf.“ Im Übrigen habe die neue Baustellenkoordinierung zu einer stärkeren Vernetzung der Akteure und besseren Abstimmung geführt.
„Zu guter Letzt bewirkt die Ausweitung der Koordinierung auf wichtige bezirkliche Straßen insgesamt einen besseren Verkehrsfluss“, heißt es in einer Stellungnahme für das Abendblatt.
Sanierung im Borgweg – bis Frühjahr 2020
Das Stauchaos im Bezirk Nord ist allerdings noch längst nicht zu Ende. Anfang der Woche haben die Straßenbauarbeiten im Borgweg begonnen. Es kommt zu Vollsperrungen. Die Stadt baut die Bushaltestellen Borgweg und die Parkflächen für die zukünftige Nutzung aus.
Die Busse halten künftig direkt auf der Seite des U-Bahneingangs. Zudem werden die Fahrbahnflächen, Rad- und Gehwege saniert. Die Arbeiten dauern bis Frühjahr 2020. Voraussichtlich.