Winsen. Susanne Dahm ist Verkehrskoordinatorin beim Landkreis Harburg. Sie ist seit Januar im Amt und Anwältin von Pendlern und Anwohnern.
Sie hat einen Job übernommen, der nicht viel Lob verspricht, viel Kritik auslösen kann und täglich flexibles Handeln fordert. Susanne Dahm, promovierte Raumplanerin, ist seit Januar 2019 die erste Verkehrskoordinatorin des Landkreises Harburg. Eine Position, die zuletzt auch Hamburg, Niedersachsen und der Bezirk Harburg eingeführt haben und auf deren Kompetenz bei immer zahlreicheren Baustellen und Sanierungen immer mehr Bürger setzen. „Wir Koordinatoren sind die einzigen, die während einer Baumaßnahme vor allem die Belange der Anwohner und Pendler im Auge haben“, sagt Dahm. Denn das Interesse von Kommunen, Baufirmen oder Geldgebern geht in erste Linie dahin, das Projekt effektiv abzuschließen. Das aber muss nicht im Sinne einer ausgewogenen Verkehrsführung sein.
In Drage groß geworden, in Oxford studiert
Die neue Koordinatorin stammt aus der Elbmarsch, wuchs in der Gemeinde Drage auf und bestand ihr Abitur am Gymnasium Winsen. Nach dem Vordiplom in Geografie und Raumplanung in Bayreuth wechselt sie nach England. Dort schließt sie ihr Studium mit dem Master an der Universität Oxford Brookes ab. Es folgen zwei Jahre in einem Planungsbüro sowie weitere acht Jahre in verschiedenen Kommunalverwaltungen. Doch Dahm will noch einmal an die Universität zurück. „Ich wollte mir Zeit nehmen, um mich ganz in ein Thema einzuarbeiten“, erklärt sie. Daraus wird eine Arbeit über „Soziale Interaktionen in neuen Wohngebieten“, die schließlich vier Jahre in Anspruch nimmt und „viel Durchhaltevermögen“ verlangt, wie die 45-Jährige gesteht und dabei lacht.
Engagement auch für Flüchtlinge
Das tut sie häufig. „Humor braucht man“, ist ihr Credo. Dazu soziales Denken und Hilfsbereitschaft. So hat sich Dahm nach ihrer Rückkehr in den Landkreis Harburg für Flüchtlinge engagiert und dabei Freundschaften geschlossen. Die haben Bestand. Zu dem Wechsel in die alte Heimat hatten sich Dahm und ihr Mann kurz vor der Geburt ihres heute fünfjährigen Sohns 2014 entschlossen. Sie wohnen heute wieder in Hunden – in dem von Grund auf renovierten Elternhaus von Dahm.
Ihre Karriere beim Landkreis Harburg beginnt im März 2016 in der Stabsstelle Kreisentwicklung, zu der die regionale Raumplanung gehört. Aber schon knapp ein Jahr später wechselt Dahm in die neu eingerichtete Stabsstelle Zentrales Projekt-Management, mit dem Kosten, Zeit und Ziel bei Projekten der Verwaltung möglichst effektiv miteinander verknüpft werden sollen. Eines dieser Projekte ist die Einführung der Biotonne zum 15. April, die auf den Tag klappt. „In der Position war ich schon als Polizist unterwegs und habe den Projektleitern kritische Fragen zum Verlauf gestellt.“ Das passt zur neuen Aufgabe als Verkehrskoordinatorin.
Regelmäßige Treffen, um Staus zu vermeiden
Der Job verlangt regelmäßige und kurzfristig einberufene auf neue Baustellen bezogenen Treffen mit den Koordinatoren aus den drei Bundesländern. Zudem rasches Ausloten von Umleitungen, um die Bürger möglichst wenig zu belasten und ihre Nerven zu schonen. Beispiel: Wegen der Sanierung einer Brücke auf der Landesstraße 234 verzögern sich dort die Arbeiten. Die Sanierung der L 217, die als Umleitung Richtung Winsen vorgesehen ist, wird aus diesem Grund nun verschoben. Sonst müsste der gesamte Ausweichverkehr allein über Ashausen geleitet werden.
Atlas zeigt die Baustellen und Staupunkte im Landkreis
Als erstes eigenes Projekt hat Dahm bereits einen Baustellenatlas unter landkreis-harburg.de/baustellen installiert. Auf der Seite lässt sich zu einzelnen Baustellen jeweils der Grund für die Arbeiten, der Zeitplan sowie die Einschränkungen für den Verkehr nachlesen. Regelmäßig werden die Daten aktualisiert. Allerdings muss die Verkehrskoordinatorin die Angaben bislang noch allein eintippen und ist mit ihrem Angebot auf den Landkreis beschränkt. „Besser wäre es, die Insellösung zumindest auf die Metropolregion auszuweiten.“
Auch Bahnverbindungen müssen betrachtet werden
Außen vor beim Atlas bleiben bisher noch Bahnverbindungen. Bei ihnen ist Dahm auf eine derzeit nur für den Güterverkehr genutzte Strecke gestoßen: von Geesthacht nach Bergedorf. Was diese Linie mit dem Landkreis Harburg zu tun hat? „Über die Bundesstraße 404 und die Brücken an der Elb-Schleuse fahren täglich 2000 Pendler aus dem Landkreis Harburg nach Hamburg und zurück“, weiß Dahm. „Gut wäre doch, sie auf die Schiene zu leiten.“ Sicherlich ein langfristige Thema, obwohl eine Machbarkeitsstudie vor dem Abschluss steht. Verkehrsentwicklung aber gehört für die Koordinatorin zu ihren Aufgaben.
Fragt man Dahm nach ihren Hobbys, muss sie kurz überlegen. Sie hat wenig Zeit gehabt in den vergangenen Jahren: Studium, Promotion, Jobs, Umzug, Hausbau, Kind, neue Karriere. „Wir sind gern draußen, zum Wandern und Zelten.“ Mit dem Segeln würde sie gern wieder beginnen. Ach ja, da ist noch das Lenkdrachenfliegen. Kein Wunder: Da hält sie die Leinen fest in der Hand und kann nach ihren Wünschen steuern. Koordiniert eben.