Hamburg. Nicht mehr genutzte Fläche des Gefängnisses wird für 13,3 Millionen Euro saniert. Der Denkmalschutz muss beachtet werden.

Die Wände sind zum Teil aufgestemmt, Kabel hängen heraus, Heizkörper, Eisengestelle und ein Kühlschrank versperren den Weg. Die Treppenstufen aus Holz sind stark durchgebogen. Man achtet besser auf jeden Schritt. Von den morschen Galerien mit ihren fast zierlich wirkenden Eisengeländern gehen die Zellen ab: Doch hier, im Haus III der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel, die nach Grenzverschiebungen heute im Stadtteil Ohlsdorf liegt, wurden schon lange keine Gefangenen mehr beaufsichtigt.

In einem Trakt sind die Anstaltsleitung und die Verwaltung des Gefängnisses untergebracht. Der größere Teil des 1982 als Jugendhaftanstalt eröffneten Gebäudes steht leer und ist fast im Originalzustand erhalten. Eine perfekte Filmkulisse – und tatsächlich hat zuletzt der Hamburger Regisseur Fatih Akin hier Szenen seiner Filmkomödie „Soul Kitchen“ gedreht. Das dunkelste Kapitel seiner Geschichte erlebte das Haus, als während der NS-Zeit hier die weiblichen Gefangenen des Konzentrationslagers Fuhlsbüttel („KoLaFu“) untergebracht waren.

Sanierung der maroden Gebäude wäre zu teuer

Heute hat die Justiz keine Verwendung mehr für das Gebäude. Die Sanierung und eine Modernisierung für die Zwecke des modernen Strafvollzugs wäre zu aufwendig und zu teuer. Der rot-grüne Senat hat jetzt beschlossen, das Haus III und den benachbarten markanten und ebenfalls maroden Kreuzbau – als Haus I 1879 eröffnet und damit das älteste Gefängnisgebäude – aufzugeben. Damit nicht genug: Auch von 13 Dienstwohnungsgebäuden, die außerhalb des Anstaltsgeländes liegen und ebenfalls stark sanierungsbedürftig sind, will sich die Stadt trennen. Insgesamt geht es um eine Fläche von rund 50.000 Quadratmetern – fast die Hälfte des jetzigen Areals der JVA Fuhlsbüttel.

„Wir wollen der Saga die Flächen für zwei Jahre anhand geben. Das Ziel ist, ein Konzept für Wohnungsbau zu entwickeln und dabei die Aspekte des Denkmalschutzes zu berücksichtigen“, sagte Justizsenator Till Steffen (Grüne) bei einem Rundgang über das Gelände. Ein entsprechender Antrag liegt der Kommission für Bodenordnung vor, die darüber entscheiden muss.

Alle historischen Gebäude stehen unter Denkmalschutz

Die besondere Herausforderung für das Wohnungsbauprojekt besteht darin, dass alle historischen Gebäude unter Denkmalschutz stehen. Selbst die alte Anstaltsmauer aus Backstein, die künftig nicht mehr zur Außensicherung der JVA benötigt wird, ist unter Schutz gestellt.

In einem „Letter of Intent“ (verbindliche Absichtserklärung, die Red.) haben die Justiz-, die Kulturbehörde und die Saga-Wohnungsbaugesellschaft festgeschrieben: „Alle Parteien sind sich der großen historischen Bedeutung des denkmalgeschützten Ortes bewusst. Zur Zeit des Nationalsozialismus waren die Gefängnisbauten als sogenanntes Polizeigefängnis und anschließend als Konzentrationslager Fuhlsbüttel Schauplatz vor allem politischer Verfolgung und schwerer Straftaten.“ Die Planungen sollen daher „mit besonderer Sensibilität und in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme“ vorgenommen werden.

„Zudem müssen Belange der Bodendenkmalpflege bei der Entwicklung des Areals berücksichtigt werden“, heißt es außerdem etwas rätselhaft. Schon beim Bau des Gefängnisses Ende des 19. Jahrhunderts waren hier Teile eines rund 2000 Jahre alten Gräberfeldes entdeckt worden, das sich vermutlich von der nahe gelegenen Alster bis Alsterdorf erstreckte. Damals wurden Gewandnadeln, Tonkrüge und Knochenreste entdeckt. Es ist völlig offen, was der Boden von der prähistorischen Siedlung und dem Friedhof preisgeben wird, wenn die Bagger jetzt anrollen.

Bis zu 200 Wohnungen will die Saga bauen

Bis zu 200 Wohneinheiten will die Saga auf der Fläche realisieren, wobei eine spannende Frage ist, wie die historischen Gefängnisbauten integriert werden können. „Ich bin sehr sicher, dass die Saga den Ansprüchen, die die Entwicklung dieses Geländes mit sich bringt, gerecht wird“, sagte Steffen.

Im Gegenzug zur Aufgabe fast der Hälfte des weitläufigen Anstaltsgeländes soll der Strafvollzug auf dem verbleibenden Areal modernisiert werden. Der Senat hat beschlossen, den D-Flügel des berühmten Sternbaus („Santa Fu“, Haus II) zu sanieren und zu modernisieren. Dieser Teil des ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes – nur die fünfte Etage wurde in den 60er-Jahren aufgesetzt – ist noch in sehr schlechtem Zustand.

Mit dem D-Flügel wird die Sanierung abgeschlossen

Derzeit können nur noch 57 der 86 Haftplätze genutzt werden – Tendenz sinkend. Nach Abschluss der Bauarbeiten werden 98 Haftplätze in dem Trakt zur Verfügung stehen. Die Flügel A bis C und der Verwaltungstrakt sind bereits saniert und modernisiert. Derzeit sind in „Santa Fu“ rund 320 männliche Gefangene untergebracht.

Auch die völlig marode alte Druckerei direkt neben dem Sternbau soll saniert werden. In das Haus, in dem Gefangene früher Vordrucke für Haftbefehle hergestellt haben, sollen Anstaltsleitung und Verwaltung einziehen, die dadurch näher an das Vollzugsgeschehen rücken. Die Baukosten betragen insgesamt 13,3 Millionen Euro, die die Bürgerschaft noch bewilligen muss. „Die Modernisierung ist ein Bekenntnis zum Standort und zum Denkmalschutz“, sagte Steffen.