Hamburg. Immer wieder kommen sich Drohnen und Flugzeuge gefährlich nahe. Flughafen und Politik fordern strengere Regeln.
Was passiert, wenn wirklich etwas schiefgeht und eine Drohne in die Turbine gerät oder gegen das Cockpitfenster prallt, möchte man sich lieber nicht vorstellen. Umso erschreckender ist es, dass sich Drohnen und Flugzeuge in Hamburg viel zu häufig gefährlich nahe kommen.
Der jüngste Vorfall ist erst wenige Tage her. Am 14. Oktober erblickte ein Pilot im Landeanflug auf Hamburg eine Drohne aus dem Cockpitfenster. Er befand sich im Luftraum über Elmshorn, etwa in einer Höhe von 1500 Metern. Hier hätte unter keinen Umständen eine Drohne unterwegs sein dürfen. Eine von vielen Regeln, gegen die der Drohnenpilot in diesem Fall verstoßen hat, besagt: Er muss immer in Sichtkontakt zu seiner Drohne stehen. „In einer Höhe von 1500 Metern ist dies kaum vorstellbar“, heißt es von der Deutschen Flugsicherung.
Der Pilot meldete den Vorfall sofort beim Tower und musste sogar den Kurs ändern, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Am Ende ging zwar alles gut – aber einige Fachleute glauben, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis es einmal knallt. Besonders in Hamburg. Die Hansestadt gilt als Hochburg der Drohnenfliegerei, auch wenn valide Zahlen nicht zu bekommen sind. Bisher gibt es keine Registrierungspflicht für Drohnen. Experten gehen aber davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt als die Zahl der tatsächlich angemeldeten Flüge.
Hamburg mit den Augen einer Drohne:
Christian L. Caballero Kroschel von dem Hamburger Consulting-Unternehmen „Caballero & Hesselbarth Consulting GmbH“, das sich auf die wirtschaftliche Integration unbemannter Luftfahrzeuge spezialisiert hat, spricht sogar von Tausenden Aufstiegen pro Jahr in unmittelbarer Nähe des Flughafens. „Das können wir über die Auswertung von öffentlich zugänglichen Telemetriedaten nachvollziehen, allerdings sagen diese nichts über die Höhe aus, die auch bei einem Meter in einem Vorgarten in Fuhlsbüttel liegen kann“, so Caballero. Er geht davon aus, dass in den meisten Fällen Laien am Werk sind, die aus Unwissenheit gegen die Regeln verstoßen. „Wer heute im Discounter oder Elektronik-Einzelhandel eine Drohne kauft, der muss keine Kenntnisse über den sicheren Betrieb nachweisen und wird über diese auch nicht informiert. Hier besteht großer Nachbesserungsbedarf.“
Drohnenpilot muss Regeln selbst herausfinden
Welche Regeln es gibt, muss der Drohnenpilot selbst herausfinden, etwa über eine Informationsseite der Verkehrsbehörde. Dort wird er feststellen: Mit all den Wenns und Abers, Unterpunkten und Ausnahmen ist das alles nicht gerade übersichtlich. Zusammenfassend kann man aber sagen: Rund um Flughäfen und Landeplätze (im Umkreis von 1,5 Kilometern) gibt es ein komplettes Drohnenverbot, egal ob privat oder gewerblich. „Wer ohne eine Sondergenehmigung handelt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und riskiert ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro“, so Carsten Brandt, Dienststellenleiter der Hamburger Luftaufsicht.
Außerhalb des Flughafenbereichs hängt vieles von der genauen Örtlichkeit ab, vor allen Dingen, ob der Aufstiegsort Teil der Kontrollzone des Flughafens ist, die sich nahezu über den gesamten Stadtbereich erstreckt. Innerhalb der Kontrollzone gilt: Private Drohnen dürfen ohne Erlaubnis aufsteigen und brauchen sich auch bis zu 30 Metern Aufstiegshöhe nicht beim Tower zu melden, dafür gibt es eine pauschale Freigabe. Ein wenig freier ist es außerhalb der Kontrollzone: Hier beginnt der kontrollierte Luftraum erst in 300 Metern, weiter draußen sogar erst in 760. Bis dahin braucht man zwar keine Freigabe der Flugsicherung, allerdings hat der bemannte Luftverkehr immer Vorrang und der Copter darf, wie immer, nur nach Sicht gesteuert werden.
Für jeden Aufstieg eine Genehmigung
Wer seine Drohne gewerblich nutzt, braucht für jeden Aufstieg eine Genehmigung, egal ob in der Kontrollzone oder außerhalb. Bis zu einer Höhe von 50 Metern kann bei der Luftaufsicht eine Allgemeinerlaubnis (400 Euro) beantragt werden – wer höher fliegen will, braucht eine Einzelerlaubnis. Vor der ersten Erlaubnis muss der Pilot allerdings einmal bei der Luftaufsicht „vorfliegen“. Was viele aber nicht wissen: Ob das Fluggerät privat oder gewerblich genutzt wird – ein Multicopter ist, wenn er draußen aufsteigt, ein Luftfahrtzeug und wird auch so behandelt. In jedem Fall muss man über eine gesetzlich vorgeschriebene Luftfahrt-Haftpflichtversicherung verfügen, die private Haftpflicht zahlt im Schadensfall höchstwahrscheinlich nicht.
Vielen ist das nicht genug. Etwa Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion: „Hobbypiloten, die mit ihren Drohnen in die Nähe von startenden oder landenden Passagierjets kommen, spielen buchstäblich mit Menschenleben“, so Thering. „Das ist leichtsinnig und unverantwortlich. Es darf nicht länger hingenommen werden, dass Fluggeräte aus dem Spielzeugladen zu einer Gefahr für die Flugsicherheit werden.“
Thema wird auch in Berlin behandelt
Das Thema wird derzeit auch in Berlin behandelt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat angekündigt, die Gesetze zu verschärfen und unter anderem einen Drohnenführerschein verpflichtend einzuführen. Der Hamburger Flughafen würde das begrüßen. „Drohnenflug braucht verstärkte Regelungen – gerade in Flughafennähe, beispielsweise durch eine Kennzeich- nungspflicht zur besseren Identifizierung, wie sie von Luftverkehrsverbänden gefordert wird“, so Sprecherin Janet Niemeyer.
Ähnlich sieht es die Hamburger Verkehrsbehörde. Hamburg unterstütze grundsätzlich die Vorschläge von Minister Dobrindt, so Andreas Rieckhof, Staatsrat der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. „Wir befürworten den Führerschein für Geräte, die schwerer als fünf Kilogramm sind oder höher als 100 Meter fliegen, ebenso eine Kennzeichnungspflicht der Drohnen, die schwerer als 250 Gramm sind. Bei allen Vorgaben sollen sinnvolle gewerbliche oder wissenschaftliche Einsatzmöglichkeiten aber nicht ausgeschlossen oder unangemessen erschwert werden. Die Details der vom Ministerium vorgeschlagenen Regelungen werden daher von uns noch genauer geprüft.“
Informationen zu Freigaben, Gebühren und Regularien gibt es bei der Hamburger Verkehrsbehörde unter hamburg.de/bwvi/drohnen, Kontakt: Carsten Brandt, Telefon 040/ 5075 2600, drohnen-aufstiege@bwvi.hamburg.de und auf den Seiten der Deutschen Flugsicherung www.dfs.de