Hamburg. Erstmals veröffentlicht die Stadt die komplette Untersuchung zur Machbarkeit der neuen Bahnlinie U5 – mit überraschenden Neuerungen.

Automatische Glastüren vor den Gleisen und fahrerlose Züge – was in Metropolen wie Singapur und Dubai schon Realität ist, könnte in Deutschland zu einer kleinen Revolution im Nahverkehr führen. Denn Hamburg wäre mit dem Bau der neuen Linie U5 die erste Stadt in Deutschland mit Sicherheitsschleusen am Bahnsteig.

Erstmals hat die Stadt in ihrem Transparenzportal nun zahlreiche Einzelheiten zum Bau der neuen U-Bahnlinie veröffentlicht. In der knapp 100 Seiten langen Untersuchung zur Machbarkeit stellt die Hochbahn mehrere Varianten zu Streckenverlauf und Bauweise vor. Deutlich werden dabei auch Hürden, die für das Milliardenprojekt genommen werden müssen und die daraus resultierende Kostensteigerung.

Züge können um halben Meter breiter werden

Führerlose Züge - wie hier in Nürnberg - soll es auch in Hamburg geben
Führerlose Züge - wie hier in Nürnberg - soll es auch in Hamburg geben © picture-alliance/ dpa | Daniel Karmann

Die U-Bahnen sollen vollautomatisch fahrerlos unterwegs sein. „Glastüren fungieren als Sicherheitsschleuse zwischen dem Fahrgastbereich und dem automatisch ein- und ausfahrenden Zug“, heißt es in dem Dokument. Erst wenn ein eingefahrener Zug zum Stillstand gekommen ist, würden die Bahnsteigtüren zum Aus- und Einsteigen zeitgleich mit den Zugtüren geöffnet und nach der Abfertigung wieder geschlossen werden.

Insgesamt können die neuen U-Bahnen rund einen halben Meter breiter werden als bislang in Hamburg eingesetzten Fahrzeugmodelle. Sie würden damit eine höhere Achslast und mehr Platz für Fahrgäste bieten. Wesentlicher Nachteil sei nach Ansicht der Planer, dass die Fahrzeuge dann „aufgrund ihrer Abmessungen nicht mehr auf den Bestandsstrecken fahren könnten.“ Die neuen Züge könnten damit auch nicht für Instandhaltungsarbeiten in die Hauptwerkstatt nach Barmbek überführt werden. Die gesamte Infrastruktur auf den bestehenden U-Bahnlinien sei nicht darauf ausgerichtet.

Doppelstock-Tunnel als Zugparkplatz

Verlaufen soll der erste Abschnitt der U5, der Teilabschnitt Ost, nach aktuellen Planungen zwischen Bramfeld und der City Nord, einzelne Haltstellen sind voraussichtlich Steilshoop, Hartzloh, Rübenkamp und Sengelmannstraße. Vorläufige Endstation der sieben Kilometer langen Strecke wäre der New-York-Ring in der City Nord, wo Zehntausende Menschen arbeiten, die ihren Arbeitsplatz dann schneller als bislang erreichen sollen. In Zukunft soll Hamburgs neue U-Bahnlinie ganz in den Hamburger Westen führen. Ab City Nord soll die Trasse weiter durch die Innenstadt, über Siemersplatz und schließlich bis nach Osdorf führen.

Naturgemäß müssen für den Ausbau des Bahnnetzes auch die Kapazitäten der Hochbahn mitwachsen. Für nicht im Betrieb befindlicher U-Bahnen sind künftig mehr Gleise zum Abstellen notwendig. Auch hier schlagen die Planer ein in Hamburg neues Modell vor. Ein Doppelstock-Tunnel mit bis zu sechs Gleisen pro Geschoss zwischen den Haltestellen Sengelmannstraße und New-York-Ring könnte als unterirdischer Zugparkplatz dienen. Die tatsächliche Dimension müsse in der vertiefenden Planungsphase noch festgelegt werden.

Doch neue Ideen bergen auch neue Risiken. Bautechnische Schwierigkeiten könnten bei dem ganzen Bauprojekt durch „nicht umfänglich erprobte bzw. unter den gegebenen Randbedingungen bisher noch nicht ausgeführte Bauverfahren oder durch die gestaffelte Ausführung von komplexen Spezialtiefbau- und Tunnelbauverfahren auftreten“, heißt es in der Untersuchung.

Stadt muss sich mit Grundbesitzern einigen

Bevor aber Ende 2021 überhaupt mit dem Bau der U5 begonnen werden kann, muss die Stadt sich zunächst mit privaten Grundeigentümern einigen. Denn die geplante Trasse berührt teilweise auch nicht öffentliche Flächen. „Hierdurch ergeben sich unvermeidlich Inanspruchnahmen von Privatgrund entweder bauzeitlich für Baustelleneinrichtungsflächen, Verkehrsprovisorien oder aber dauerhaft durch Baukörper bzw. die Unterfahrung der Grundstücke“, heißt es unter Punkt 5.1.6.

Möglich seien etwa, dass Haltestellen oder Gehwege auf Privateigentum gebaut werden müssten. Je nach Bauvariante müsste die Hochbahn zwischen 33.800 und 79.300 Quadratmeter Privateigentum in Anspruch nehmen. „Für die Belastung der Privatgrundstücke mit Grunddienstbarkeiten werden Entschädigungen zu zahlen sein“, formulieren die Planer. Hierdurch ergibt sich auch eine Steigerung der bisher berechneten Kosten. „Die Kosten für den Grunderwerb sind im Rahmen dieser Machbarkeitsuntersuchung nicht berücksichtigt worden und müssen bei der Budgetfindung bauherrenseitig noch einkalkuliert werden.“

Abriss von Brücken und Lärmschutzwänden

Gesprächsbedarf hat die Stadt auch mit dem Denkmalschutzamt. Für den Bau des ersten Abschnitts müssen laut Untersuchung drei geschützte Fußgängerbrücken am Überseering oberhalb des Trassenverlaufs abgerissen werden. Darüber hinaus ist Kritik auch von Anwohnern zu erwarten, denn an der Nordseite der Haltestelle Sengelmannstraße sollen zwei Lärmschutzwände weichen, ebenso wie ein Verkaufspavillon in der Fußgängerzone an der Haltestelle Steilshoop. Bei ersten Infoabenden im Sommer verfolgten Bewohner der betroffenen Stadtteile den Ausführungen der Planer gespannt. Sie befürchten an mehreren Streckenpunkten eine Steigerung der Lärmbelästigung durch die Bauarbeiten und den späteren Bahnbetrieb.

Für den Ausbau des U-Bahn-Netzes in den nächsten Jahrzehnten - dies betrifft etwa auch die Verlängerung der Linie U4 - hat die Hochbahn deshalb eine eigenständige Stabsstelle mit acht Mitarbeitern zur Beteiligung der Anwohner gebildet. Bis Hamburg aber die Bagger und Kräne für das nächste Großbauprojekt auffahren kann, sind noch einige bürokratische Hürden zu nehmen: Die Ergebnisse erster Probebohrungen sollen nun erstmal in die Vorentwurfsplanung einfließen, bevor das Bauprojekt im Planfeststellungsverfahren genehmigt werden kann.

Zum Herunterladen: Die Machtbarkeitsuntersuchung zum U5-Teilabschnitt-Ost in voller Länge