Hamburg. Die Zwillingsbrüder Gerrit und Frederik Braun wollen am Sonntag das Symbol der Spiele in die Welt tragen – mit Tausenden Hamburgern.
Gerrit hat sich schon einmal eine rote Jacke angezogen, Frederik kommt obenrum in knalligem Gelb daher. Die rot-gelben Gebrüder Braun stehen auf der grünen Festwiese im Stadtpark, im Hintergrund ragt das Planetarium in den blauen Himmel. Noch fehlen Menschen mit Kleidungsstücken in Schwarz, Blau und Grün, damit die olympischen Farben komplettiert wären. Denn das ist der Plan der umtriebigen Chefs des Miniatur Wunderlandes: Diesen Sonntag um 10.30 Uhr sollen die fünf olympischen Ringe aus 10.000 Menschen dargestellt werden. Um der Welt zu zeigen, dass die Hamburger Feuer und Flamme sind für die Idee, in ihrer Stadt die Olympischen und Paralympischen Spiele auszurichten.
Mit Miniatur hat das geplante Ringe-Spektakel wenig zu tun, aber es ist gut möglich, dass sich der Stadtpark am Sonntag in ein großes Wunderland verwandelt. „Wir haben keine Ahnung, wie viele Menschen am Sonntag kommen werden“, sagt Frederik Braun, 47. Auf Facebook haben bereits mehr als 5000 Hamburger ihr Kommen angekündigt. „Es liegt auch an der Begeisterungsfähigkeit der Menschen in einer Zeit, in der andere Themen dominieren“, sagt Frederik. „Wir träumen von 10.000 Leuten.“
Auf 40.000 Quadratmetern sollen die Ringe dargestellt werden
Die Teilnehmer erwartet etwas Einmaliges. Eine spontane Choreografie aus fünf menschlichen Ringen, jeder mit einem Durchmesser von 100 Metern, auf einer Gesamtfläche von 40.000 Quadratmetern.
„Idealerweise kommen die Menschen am Sonntag ab 10 Uhr bereits mit Kleidung in einer der fünf olympischen Farben“, sagt Gerrit Braun. Aber auch den anderen wird geholfen: An den vier Ecken der Festwiese werden einige der 300 ehrenamtlichen Helfer Regen-Ponchos in den entsprechenden Farben verteilen. Rund 250 Helfer bilden währenddessen die Begrenzung der großen Kreise, in die sich die Teilnehmer schließlich begeben sollen.
Damit sich das hanseatische Happening buchstäblich sehen lassen kann, basteln die Braun-Brüder zusammen mit einem Team von engagierten Mitarbeitern seit Wochen an der Vorbereitung. Auf fünf riesigen Videoleinwänden – vor jedem Ring auf der Festwiese steht eine – wird das Geschehen übertragen. Ein Hubschrauber, ausgestattet mit einer sogenannten Cineflex-Kamera, filmt den Kreis-Verkehr live. Weitere Luftbilder kommen von zwei Drohnen, eine Kamera ist zudem auf einem 72 Meter hohen Steiger im Einsatz. Für die gesamte Technik müssen riesige Holzplatten auf der Festwiese im Stadtpark verlegt werden, damit der Rasen nicht leidet.
Bereits im Frühjahr lockten die Miniatur-Brüder 20.000 Personen an die Alster
„Die Choreografie sieht vor, dass sich die fünf Ringe nach einer gewissen Zeit auf Kommando auflösen – und auf Zuruf geht danach jeder Teilnehmer wieder zurück in seine Ausgangsposition“, sagt Frederik. Anschließend wollen sie noch versuchen, dass sich die Ringe auch im Kreis drehen. „In jedem Ring sollen die Menschen dann in eine andere Richtung gehen“, sagt Frederik. Daraus wird schnellstmöglich ein Zeitraffer-Video entstehen, das bereits kurz nach der Aktion fertig sein soll und bei Facebook hochgeladen werden kann. „Und diese superemotionalen Bilder gehen dann um die Welt“, sagt Gerrit.
Schon einmal haben die Zwillingsbrüder, Köpfe der Initiative „Olympia für Hamburg“, mit einer Idee sehr viele Menschen mobilisiert. 20.000 Hamburger kamen im Februar in die Innenstadt und umrundeten mit Fackeln die Binnenalster. Im Regen. Diese Bilder des olympischen Alsterfeuers trugen auch dazu bei, dass sich Hamburg als deutsche Bewerberstadt gegen Berlin durchsetzen konnte.
„Die Idee zu den überdimensionalen Ringen aus Tausenden von Menschen ist uns beiden im Auto auf der Fahrt nach Frankfurt gekommen, wo damals im März die Entscheidung des Deutschen Olympischen Sportbundes verkündet worden ist“, sagt Gerrit, der mit seinem Zwillingsbruder vor allem eines gemeinsam hat: Wenn sie von einer Sache überzeugt sind, lassen sie nicht mehr locker. „Wenn wir auf alle Bedenkenträger gehört hätten, würde es das Miniatur Wunderland nicht geben“, sagt Frederik.
Alster: Grandioses Olympia-Spektakel
Olympia sei eine völkerverbindende Idee
Die größte Modelleisenbahn der Welt in der Speicherstadt ist einer der erfolgreichsten Freizeit-Touristenattraktionen in Deutschland. Gegründet im Jahr 2000, verzeichnet das Wunderland bis heute rund 13,5 Millionen Besucher. „Mit der Modelleisenbahn haben wir unseren Traum verwirklicht, den wir nun leben“, sagen sie. „Das ist sozusagen unser Wachtraum.“
Dazu ist jetzt der gemeinsame Traum von Olympia in ihrer Heimatstadt gekommen. Gerrit sagt, er könne auch die Olympia-Kritiker gut verstehen, „aber ich habe in vielen Punkten, wenn es um Chancen und Risiken geht, eben ein anderes Gefühl“. Und er glaubt an die völkerverbindende Idee von Olympia. „Ich weiß noch, wie toll es bei den WM-Fanfesten 2006 auf dem Heiligengeistfeld war. So viele Nationen, die fröhlich zusammengefeiert haben. Wie großartig wäre das erst bei Olympischen Spielen, mit Sportlern und Besuchern aus der ganzen Welt?“
Nun hoffen sie nur noch auf gutes Wetter am Sonntag. Dann seien sogar Satelliten-Aufnahmen möglich. Und auf möglichst wenig Wind. Damit die luftigen Bilder gelingen. Und dann um die Welt gehen.