Hamburg . Kathrin Brüning hat ihr erstes Geschäft Soul Kathriné eröffnet. Ein Mix aus stylischer Mode, Schmuck und bunten Taschen.

Es war ihr Traumjob. Sechs Jahre lang verantwortete Kathrin Brüning bei Galeria Kaufhof den Marketingbereich der Kaufhauskette. Vier Jahre davon war sie sogar Gesamt-Chefin für diesen Bereich und führte mehr als hundert Mitarbeiter. Ihr Marketingbudget lag im dreistelligen Millionenbereich. „Ich flog nahezu um die ganze Welt, war bei Fotoshootings dabei und suchte nach neuen Trends“, sagt sie. Damals war sie für den Kaufhauskonzern so wichtig, dass sich sogar zwei Sekretärinnen um ihre zahlreichen Termine kümmerten. „Manchmal saß ich bis zwei Uhr in der Nacht an meinem Computer, um meine E-Mails zu bearbeiten“, sagt sie. „Am Anfang fand ich das sexy“, doch irgendwann merkte sie, dass es auch andere Entwürfe für das Leben gibt.

Die Lust, für Massenprodukte zu arbeiten, die alle Kaufhäuser anbieten reizte sie über die Jahre immer weniger. „Irgendwann merkt man, dass man auf der Strecke bleibt“, sagt sie. Vor gut zwei Jahren kündigte die Modeexpertin ihren Job. Keine Fotoshootings mehr, keine Verhandlungen mit De­signern wie etwa Wolfgang Joop, den sie sehr schätzt.

Brüning wollte ihren eigenen Weg einschlagen. Im Februar hat sie ihr erstes Geschäft Soul Kathriné am Eppendorfer Baum eröffnet. Ein Mix aus stylischer Mode, Schmuck und in Indien und anderen Ländern gefertigten bunten Taschen. Matten und andere Artikel für Yoga-Fans schmücken zudem ihren rund 90 Quadratmeter großen Laden. „Wir beziehen unsere Angebote zu 90 Prozent von kleinen Manufakturen. 30 Prozent der Produkte gibt es nur bei uns“, sagt sie. So auch Ketten, die eine Frau aus Berlin nach Bestellung anfertigt. „Das sind Unikate, die es wirklich nur einmal gibt“, so Brüning.

Ihre Entscheidung für das Unternehmertum hat sie bislang nicht bereut. Im Vergleich zum Vormonat stieg der Umsatz im Juli laut Brüning um bis zu 30 Prozent. Besonders turbulent ging es in dem Laden am 4. Juli zu, dem bisher wohl heißesten Tag in diesem Jahr in Hamburg. „Es waren kaum Menschen auf der Straße“, sagt sie. „Und wenn doch welche kamen, gingen sie zu mir in den Laden, um sich abzukühlen. An dem Tag haben wir 22 Tuniken und mindestens genauso viele Kleider plus T-Shirts verkauft. Auf einmal waren die Regale leer. Ich musste schnell neue Ware ordern.“

Unterstützt wurde sie dabei ausgerechnet von einer griechischen Manufaktur, mit der sie seit der Unternehmensgründung zusammenarbeitet. „Obwohl die griechischen Banken keine Überweisungen aus dem Ausland bearbeiten, schickte mir das Unternehmen die Ware.“ Wenn die Geldinstitute in dem Land wieder funktionieren, will sie die Rechnung sofort begleichen.

Die Kündigung ihres Jobs ist nicht aus einer Laune heraus entstanden. „Ein Coach hatte mich mal gefragt, wann ich zuletzt einen guten Tag hatte. Ich musste lange nachdenken. Mir wurde bewusst, dass ich etwas ändern muss“, sagt sie. Wie auch in anderen Kaufhäusern stand sie unter einem riesigen Druck, den Umsatz durch ihre Marketingkampagnen weiter zu steigern. „Wenn ein Artikel nicht lief, hieß es, dass nicht die Ware die Schuld trage, sondern das Modell hässlich gewesen sei“, so Brüning.

Nach dem Abschied von Galeria Kaufhof absolvierte die Marketing­expertin in Cambridge ein Studium für Internationales Management. „Dort kam ich mit einem Briten in Kontakt, der in Deutschland Einzelhändler übernehmen wollte. Für den englischen Investor habe ich als Marketingspezialistin gearbeitet und war als Beraterin bei Karstadt eingesetzt, um deren Marketingbudgets sowie deren Organisationsstruktur zu optimieren.“ Das angebotene Gehalt war attraktiv. Sie sagte zu, ging zurück nach Deutschland und arbeitete in dem damals kriselnden Konzern. Ihren Plan, ein eigenes Geschäft zu eröffnen, hatte sie aber nicht aus den Augen verloren. Nach der Karstadt-Zeit ging sie nach Hamburg, weil sie dort eine gute Lage für ihre Geschäftsidee fand. Ihr Mann, ein Brite, kam mit. Beruflich prüft er für einen britischen Investmentfonds die Übernahme von Handelsunternehmen in aller Welt.

Mittelfristig sollen weitere Boutiquen eröffnet werden

Brüning hat während ihrer Arbeit für Kaufhof keine Zeit für Sport gehabt. „Nach meiner Kündigung bin ich auf Yoga aufmerksam geworden“, sagt die Geschäftsfrau. Auch deshalb findet sich in ihrem Laden ein großer, bunt bemalter Buddha und allerhand Zubehör für Yoga. Das bestellt sie in Los Angeles, der Stadt in der zahlreiche Hollywood-Berühmtheiten auf Yoga schwören.

„Früher war Yoga als esoterisch gebrandmarkt und mit Begriffen wie Askese belegt. Heute ist es eine Sportart, die man in sein Leben einplanen kann. Ein Guru sagte mir mal, Yoga sei wie das Büro verlassen und zufrieden nach Hause kommen.“ Brüning ist mit ihrem Sport mutiger geworden, stärker und geradliniger. „Yoga darf Spaß machen“, sagt die 40-Jährige, die ihre Balance gefunden hat und mittelfristig sogar ein bis zwei weitere Boutiquen eröffnen möchte.