Hamburg . Rheuma- und Reha-Patienten schätzen das Theravitalis-Bad in Alsterdorf. Nun wird es geschlossen. Patienten erheben schwere Vorwürfe.
Roswitha Kohrt-Hentschke leidet seit Jahren an chronischen Rückenschmerzen. Übungen bei der Krankengymnastik haben der 62-Jährigen langfristig nicht geholfen. Erleichterung für ihre Beschwerden findet die Alsterdorferin im 28 Grad warmen Wasser des Theravitalis-Schwimmbades auf dem Gelände der Evangelischen Stiftung Alsterdorf.
Drei bis vier Mal pro Woche besucht Kohrt-Hentschke dort die Wassergymnastik sowie Gesundheitskurse, die speziell auf die Bedürfnisse von Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder mit Reha-Bedarf ausgerichtet sind. Für Menschen mit Gehbehinderungen gibt es eine Rampe, über die die Patienten direkt ins Wasser gelangen können. Auch ist der Boden heb- und absenkbar. Ein Angebot, das Mitglieder wie Kohrt-Hentschke schätzen.
Doch nun hat die Evangelische Stiftung Alsterdorf die Schließung des mehr als 30 Jahre alten Bades zum 30. September bekannt gegeben. Für Patienten wie Kohrt-Hentschke ein Schock. „Diese Entscheidung kommt völlig überraschend“, sagt die 62-Jährige. „Alternative Angebote in der Nähe gibt es nicht.“ Auch der Schauspieler und Synchronsprecher Reent Reins aus Hoheluft-West ist von der Schließung betroffen: „Aufgrund meines künstlichen Knies bin ich auf die Wassergymnastik angewiesen“, sagt der 71-Jährige. „Ohne das Bad sind viele Therapien für mich und viele andere Schmerzpatienten nicht mehr möglich.“
„Die Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen“, bedauert Marion Förster, Sprecherin der Medizinischen Gesellschaften der Stiftung, die Schließung. „Uns ist bewusst, dass die Patienten nicht einfach in ein Freizeitbad gehen können.“ Förster zufolge sei das Bad finanziell nicht mehr tragbar: „Das Bad macht bereits seit einigen Jahren Verluste, die durch andere Tochterunternehmen der Stiftung ausgeglichen wurden, um das Angebot zu erhalten.“ Die sorgfältige Prüfung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten - etwa die Erhöhung von Mitglieds- und Kursbeiträgen - habe jedoch ergeben, dass die Instandhaltungskosten der alten Technik zu hoch seien und das Bad energetisch komplett saniert werden müsste. „Diese absehbaren Verluste können wir leider nicht ausgleichen“, so Förster. Auch eine Finanzierung durch beispielsweise Spenden sei angesichts unkalkulierbarer Reparaturkosten nicht umzusetzen.
„Wirtschaftlich sinnvoller wäre ein Neubau“, sagt Förster. Für diese Investition seien jedoch Investoren notwendig. „Wir sind offen für Gespräche mit Institutionen wie zum Beispiel Sportvereinen oder auch dem Bürgerverein Alsterdorf.“
Schwere Vorwürfe gegen Stiftung
Für Patienten wie Roswitha Kohrt-Hentschke und Reent Reins ist diese Begründung nicht ausreichend. Sie erheben sogar schwere Vorwürfe. „Die Stiftung braucht das Schwimmbad-Gelände, um den Bereich der Physiotherapie auszubauen“, will Kohrt-Hentschke von Insidern erfahren haben. „Vermutlich, weil man damit mehr Geld verdienen kann“, sagt sie. „Da werden Sparprogramme auf Kosten von uns Schmerzpatienten durchgeführt“, fügt Reins hinzu.
„Das ist definitiv nicht der Grund für die Schließung“, sagt Güde Lassen, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung. „Der Grund für die Schließung beruht ausschließlich darauf, dass das Bewegungsbad wegen des veralteten Zustands nicht mehr saniert werden kann und grundsätzlich nicht wirtschaftlich betrieben werden konnte.“ Auch betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben. „Alle Mitarbeiter des Schwimmbades werden weiter beschäftigt“, sagt Lassen.
In einem Informationsschreiben an die Patienten heißt es zwar, dass durch den Wegfall des Bades das Theravitalis als Gesundheitszentrum vermehrt in den Fokus gerückt werde. Künftig würden Physiotherapeuten den Mitgliedern beim Gesundheitsraining zur Seite stehen. „Wir wollen durch die zusätzliche Anwesenheit von Physiotherapeuten auf der Trainingsfläche das Training sowie durch die zentral anlaufbare Rezeption unsere Dienstleistung für unsere Mitglieder und Patienten spürbar verbessern“, so Lassen. Man werde auch in Zukunft das Gesundheitstraining mit zahlreichen Kursen anbieten.
Kohrt-Hentschke und Reins wollen sich dennoch weiter für den Erhalt des Bades einsetzen. Weitere Mitglieder haben inzwischen eine Unterschriftenaktion gestartet - mehr als 100 Personen haben bereits gegen die Schließung unterschrieben.