Seit zwei Monaten wird die Fuhlsbüttler Straße grundsaniert. Geschäftsleute klagen über zu wenig Parkplätze und ausbleibende Kundschaft. Bis Ende November sollen die Arbeiten dauern.
Hamburg. Lärm und Dreck, weniger Kunden und deutliche Umsatzeinbußen. Die Gewerbetreibenden an der Fuhlsbüttler Straße leiden unter den Folgen, die die Grundsanierung der rund fünf Kilometer langen Einkaufsstraße mit sich bringt. Seit Mitte August ist die „Fuhle“ zwischen Hellbrookstraße und Rübenkamp halbseitig gesperrt und nur Richtung Norden zu befahren.
Bis Ende November sollen die Arbeiten dauern, die wegen des schlechten Straßenzustands entsprechend umfangreich sind und massive Beeinträchtigungen mit sich bringen. An manchen Stellen müssen sich Passanten ihren Weg durch Absperrgitter bahnen und über Pfützen springen, es gibt kaum Parkplätze, und auf den Außenplätzen der Cafés will niemand mehr Platz nehmen. Viele Geschäfte sind schlecht besucht, die Inhaber beklagen hohe Verluste.
„Wir können es nicht ändern, sondern nur hoffen, dass sich unser Durchhalten auszahlt, wenn die Sanierung abgeschlossen ist“, sagt Torsten Möller, der in Höhe Hermann-Kauffmann-Straße einen Schlüsseldienst betreibt. Wenn er auf die bereits fertiggestellte andere Straßenseite blickt, hat er seine Zweifel. „Man hat uns eine Flaniermeile mit hoher Aufenthaltsqualität versprochen, aber ich sehe keinen Luxus, nur Wabensteine und Beton.“
Auch Jürgen Annuschat, der gegenüber seit 40 Jahren einen Lotto-Toto-Laden führt, ist skeptisch. „Warum sollten in Zukunft mehr Leute kommen? Das Parken ist kostenpflichtig, das schreckt eher ab.“ Die Parkautomaten wurden umgehend nach der Erneuerung von Gehweg und Stellflächen aufgestellt. „Die Sanierung war bitter nötig, aber es wäre schneller gegangen, wenn sie einfach nur die Straße geteert und die Radwege auf den Bürgersteigen gelassen hätten“, sagt er und deutet auf die frisch angelegten Radfahrschutzstreifen auf der Fahrbahn.
Teilweise verlaufen sie hinter neu angelegten Schrägparkplätzen, aus denen die Autofahrer rückwärts ausparken müssen. Das sei für Radfahrer riskant, findet Annuschat. Seit Beginn der Bauarbeiten mache er 30 Prozent weniger Umsatz. „Ich glaube nicht, dass ich das jemals wieder ausgleichen kann“, sagt er. „Denn so wie früher wird es nie mehr.“
In der Vergangenheit hat der Kundenzulauf in der „Fuhle“, die zu den ältesten Einkaufsstraßen Hamburgs zählt, ständig abgenommen. Schuld war das immer unattraktivere Einzelhandelsangebot. „Die Läden sind in schlechtem Zustand, zu teuer und zu klein für die Filialisten, die mehr Laufkundschaft anlocken würden“, beschreibt Ulrich Hoffmann von der Interessengemeinschaft IG Fuhle das Dilemma. Gemeinsam mit dem Bezirk Hamburg-Nord geht die Initiative dagegen an. Der südliche Zipfel am Barmbeker Bahnhof wird bereits als Sanierungsgebiet entwickelt.
Weiter nördlich ist mit dem neuen Wohnviertel Quartier 21 die Kaufkraft gestiegen. Und zwischendrin entdeckt man immer wieder Läden, die auch in Eppendorf oder Ottensen liegen könnten: Die Cafés „Frische Marmelade“ und „Pantarin“, den Friseur „Salon 48“ oder den Cup-Cake-Bäcker „Was das Herz begehrt“.
Sonja Lettich, die im Haus Nummer 181 gerade das Wein- und Feinkostgeschäft „Kleines Glück“ eröffnet hat, ist trotz der Riesenbaustelle vor der Tür optimistisch. „Mir war von vornherein klar, dass mir die Straßensanierung die Startphase erschwert“, sagt sie. „Aber ich glaube fest an den Standort.“ Der Stadtteil verändere sich, sagt die Barmbekerin, neue Wohnungen würden gebaut, die immer mehr junge Menschen und Familien anlockten. „Wir müssen einfach noch etwas durchhalten.“
Kay Stoffers fällt das schwer. Er hat im Februar in Höhe des Quartiers 21 das Geschäft „Rosis Blumen“ eröffnet. „Ich weiß nicht, ob mein Laden die Zeit der Bauarbeiten überlebt“, sagt er. Dabei hat er viele Ideen: Er nutzt seinen Laden als Galerie für befreundete Künstler, auf einer kleinen Bühne könnten sogar Musiker auftreten. Wenn er über die Baustelle vor seinem Laden hinweg auf die andere Straßenseite blickt, wird er sauer. „Dort waren sie so schnell fertig, und hier hat sich seit zwei Wochen kein Arbeiter blicken lassen.“
Die werden wahrscheinlich gerade anderswo auf der Baustelle gebraucht, denn die ist immerhin rund fünf Kilometer lang. Doch die Entscheidung, die Straße auf ihrer Gesamtlänge zu sanieren, wurde bewusst gefällt. „Durch die gleichzeitige Bearbeitung aller Baumaßnahmen beziehungsweise Bauabschnitte in einem Zuge kann die Bauzeit komprimiert und minimiert werden“, heißt es seitens der Verkehrsbehörde. Auch die ständige Erreichbarkeit aller Geschäfte und Wohnungen sei so über die gesamte Bauzeit gewährleistet.
Die Baustelle an der „Fuhle“ hat laut Behörde nur zu einem kleinen Teil mit dem Busbeschleunigungsprogramm zu tun. Dabei gelten auf der Internetseite via-bus.de alle Bauarbeiten auf der 1,5 Kilometer langen Strecke zwischen Genslerstraße bis Hebebrandstraße als Optimierungsmaßnahmen für die Metrobuslinie 7. Dazu gehört eine neue Busspur zwischen Dennerstraße und Mildestieg, die Modernisierung von Bushaltestellen und die Ausstattung der Ampeln mit Vorrangschaltungen für Busse. Die Kosten der Gesamtsanierung liegen bei 19 Millionen Euro, 4,7 Millionen davon entfallen auf die Maßnahmen zur Busbeschleunigung.