Unter dem Namen Götterspeise gibt eine Hamburger Initiative aussortiertes Obst und Gemüse aus Supermärkten weiter. Was in Eimsbüttel begann, findet jetzt auch täglich in Eppendorf statt.

Hamburg. In den sechs Kisten, die auf einer Bank auf dem Eppendorfer Marie-Jonas-Platz aufgebaut sind, liegen unter anderem Brot, Bananen, Äpfel, Lauch und Blumenkohl. Die Lebensmittel mit kleinen Druckstellen oder leicht schrumpeliger Schale stammen aus dem Bio-Supermarkt Erdkorn, sie wären eigentlich im Müll gelandet. Doch stattdessen bedienen sich an diesem Montagabend die Eppendorfer an den noch essbaren Produkten.

Götterspeise nennt sich das Projekt, das die Initiative Eimsbütteler Salon in Kooperation mit einem anderen großen Supermarkt bereits seit einem Jahr jeden Abend an der Osterstraße veranstaltet. Ab sofort reichen freiwillige Helfer mit der Unterstützung von Erdkorn auch in Eppendorf täglich gegen 17 Uhr Obst, Gemüse, Brot und Co. weiter. „Jeder kann kommen und sich etwas mitnehmen“, sagt Mitinitiator Marco Scheffler. „Auf diese Weise kommt nichts Essbares weg und außerdem hilft es denjenigen, die nicht so viel Geld für ihr Essen übrig haben.“

Auch der 50 Jahre alte Roland Gehrke steht in der Schlange vor den Gemüse-Kisten. Der Eppendorfer legt unter anderem Blumenkohl, Brötchen und Kohlrabi in seinen Einkaufsbeutel. Der freiberuflich tätige Grafiker möchte auf diesem Wege ein Zeichen gegen Verschwendung setzen. „Im Jahr landen 80 Kilogramm Lebensmittel pro Haushalt im Müll, das finde ich unverantwortlich“, sagt Gehrke. Die Götterspeise bedeute für ihn aber auch eine finanzielle Erleichterung. „Ich habe einen Minijob, da bleibt nicht viel Geld zum Leben.“

Der Eimsbütteler Salon verspricht sich viel von der Ausweitung der Aktion auf einen weiteren Stadtteil. Die Initiatoren wollen ein Verständnis für einen bewussten Konsum schaffen. „Unser Ziel ist es, dass Supermärkte bundesweit ihre Produkte vor dem Müllcontainer bewahren“, sagt Scheffler, der sich auch mit anderen nachbarschaftlichen und politischen Projekten in Eimsbüttel engagiert und dieses Jahr für die Bundestagswahl in seinem Bezirk kandidierte. „So viele Menschen können von den Lebensmitteln noch ernährt werden, auch wenn sie nicht mehr schön aussehen oder ihr Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist.“ Ein nächster Schritt wäre für Scheffler eine Ausweitung der Aktion auf die Stadtteile Volksdorf und Iserbrook. Auch dort hat der Kooperationspartner Erdkorn Filialen.

In Eimsbüttel zählt der Wirt der Null-Vier-Null-Bar an der Methfesselstraße jeden Abend etwa 20 bis 25 Leute, die sich an den aussortierten Supermarktprodukten bedienen. „Es sind oft Leute, die von der Tafel nichts bekommen oder Rentner, die sich schämen, um Essen zu fragen“, sagt Scheffler. Und auch in Eppendorf sind die Kisten nach einer guten halben Stunde fast leer.

Am Dienstag wollen die Götterspeisen-Helfer wieder am Marie-Jonas-Platz stehen. Und auch Roland Gehrke will wiederkommen, sich dann aber auch als Helfer engagieren.