Aus für geplante Kindertagesstätte an der Geibelstraße. Betreiberin gibt auf, weil Eigentümer Einbau einer 20 Zentimeter breiteren Tür verhindern.
Hamburg. Mit dem Versuch, den Bau einer Kita in ihrer Nachbarschaft zu verhindern, haben einige Winterhuder Erfolg. Obwohl sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eingeschaltet hatte und das Bezirksamt Nord nach einer Lösung suchte, damit die geplante Kita an der Geibelstraße doch noch gebaut werden könnte, haben sich die Nachbarn nun durchgesetzt. Weil die Kita-Gegner als Miteigentümer des Gebäudes den notwendigen Baumaßnahmen die Zustimmung verweigern, gibt die Kita-Gründerin Lorelly Bustos Córdoba auf und wird in dem Gewerbehinterhof keine neue Kindertagesstätte eröffnen können.
"Ich bedauere es außerordentlich, dass ich die geplante Kita an der Geibelstraße 46 nicht aufmachen darf", sagt Lorelly Bustos Córdoba. Kämpfe sie weiter, könnte das Projekt ihre Existenz bedrohen. 70 000 Euro habe sie schon in den Umbau investiert. Vergebens.
Die Nachbarschaft, darunter die ehemalige Leiterin des Hamburger Amts für Gleichstellung, Marie-Luise Tolle, hat rechtliche Bedenken gegen den Bau der Kita in ihrem Gebäudeensemble. 18 von 19 Eigentümern sind gegen die Kita. Lorelly Bustos Córdoba ist enttäuscht: "Es macht mich traurig, dass es unsolidarische Menschen gibt, die nur ihr eigenes Wohl im Auge haben, ohne dabei an nachfolgende Generationen zu denken.
+++ "Die Nachbarn wollen hier keine Kita" +++
+++ Kommentar: Kinder gehören zu Hamburg +++
Der Hintergrund: Die 44-Jährige hätte für ihre neue Kita die Eingangstür von derzeit 80 Zentimeter auf 100 Zentimeter verbreitern müssen, weil es behördliche Vorschrift ist. Die Nachbarn, eine Eigentümergemeinschaft, verweigern jedoch die Zustimmung. Für sie stellt die Türverbreiterung einen Eingriff in die Fassade dar.
Die Eigentümer gaben auch an, dass der Gebäudekomplex unter Denkmalschutz stehe. Das Bezirksamt Nord widersprach dieser Darstellung aber. Der andere Grund, warum die Nachbarn dort keine Kita haben wollen: "Wir sind ein Ensemble mit Architekten und Agenturen. Hier wird gearbeitet, und die Kinder machen ordentlich Krach", gab eine Unternehmerin gegenüber dem Abendblatt zu. Ihren Namen wollte sie aber nicht nennen.
"Die erforderliche Zustimmung der Eigentümergemeinschaft wird mir nach wie vor verweigert, und es gibt ohne diese, auch nach eingehender Prüfung aller anderen Optionen, leider keine Möglichkeit, die Kita zu eröffnen", sagt Frau Córdoba. Die Eigentümer würden keiner Variante zustimmen. Das Bezirksamt hatte geprüft, ob es eine bautechnische Lösung gibt. Doch ohne Ergebnis. Córdoba: "Es ginge nur noch mit einer Sondergenehmigung. Diese erfordert allerdings den Einbau weiterer Fluchtmöglichkeiten. Es müssten zwei weitere Türen aus den Gruppenräumen nach draußen führen. Da diese wiederum eine genehmigungspflichtige bauliche Veränderung darstellen, wird es ohne Zustimmung der Eigentümergemeinschaft nicht umsetzbar sein."
Marie-Luise Tolle, die in der Vergangenheit mehrmals für eine kinder- und familienfreundliche Stadt geworben hatte, wollte sich gestern auf Abendblatt-Anfrage nicht zum Aus der Kita äußern. "Kein Kommentar", sagte sie nur und legte den Telefonhörer auf. Im August 2000 hatte Tolle, die jetzt als Senatsdirektorin in der Kulturbehörde arbeitet, in einem Artikel der Tageszeitung "Die Welt" noch angemahnt: "Nur mit Kindern kann es geistiges, wirtschaftliches und emotionales Wachstum geben. Wenn es weniger Kinder gibt, besteht die Gefahr der Stagnation oder gar der Rückentwicklung."
In den Konflikt um die Kita hatte sich vor einigen Wochen sogar Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eingeschaltet. Senatssprecher Jörg Schmoll: "Der Bürgermeister bedauert diese Entwicklung und ärgert sich über die Haltung der Eigentümer."
Auch die Bezirkspolitiker hatten auf eine Lösung im Sinne der Kita gehofft. "Dass Frau Córdoba aufgibt, ist schade. Die Bauprüfabteilung im Bezirk hatte Gas gegeben, um nach einer Lösung zu suchen", sagt Thomas Domes, SPD-Fraktionsvorsitzender der Bezirksversammlung Nord.
"Für mich klingen die Gründe der Eigentümer fadenscheinig und vorgeschoben", sagt Christoph de Vries, familienpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. "Wir brauchen eine Grundhaltung in dieser Stadt, die kinderfreundlichen Rahmenbedingungen Vorrang gibt vor Einzelinteressen. Nur dort, wo es Kinder gibt, gibt es auch Zukunft. Insofern tragen auch die Eigentümer in Winterhude Mitverantwortung für die Zukunft Hamburgs."
Den Familienexperten ärgert diese wiederholte Verhinderungshaltung, wenn es um neue Kitas geht. De Vries: "Das gibt Anlass, darüber nachzudenken, ob wir nicht stärkere Durchgriffsrechte der Verwaltung in solchen Fällen brauchen. Kitas gehören in die Mitte unserer Stadt und nicht auf die grüne Wiese."
Lorelly Bustos Córdoba sucht derweil weiter nach geeigneten Räumen. 40 der geplanten Krippen- und Elementarplätze waren schließlich lange vergeben, Personal war bereits gefunden - so groß ist der Bedarf an Kinderbetreuung in Winterhude. Am 1. März sollte ihre deutsch-spanische Kita mit 55 Krippen- und Elementarplätzen an der Geibelstraße in Winterhude ursprünglich eröffnet werden. Es sieht gut aus für die Kita-Betreiberin: Eventuell gibt es Räume an der Maria-Louisen-Straße in Winterhude. Am Montag treffen sich Vertreter des Bezirksamtes Nord, Frau Córdoba und die beiden Eigentümer dieses Gebäudes zu einem Ortstermin, um im Vorwege alle Einzelheiten zu besprechen.
Lorelly Bustos Córdoba ist zuversichtlich, dass es dieses Mal klappt. An der Bundesstraße in Rotherbaum hatte die Kita-Trägerin aus Costa Rica bereits vor fünf Jahren ihre erste deutsch-spanische Kita "Cocorí" eröffnet.
Ihre Nachbarn dort hatten zunächst auch Bedenken, die längst ausgeräumt worden seien. "Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn dort. Jetzt freuen sich die Anwohner darüber, dass wir den Garten, der zur Kita gehört, in Ordnung gebracht haben und weiterhin pflegen", sagt Lorelly Bustos Córdoba.