Hamburg braucht mehr kinderfreundliche Nachbarn
"Herzlichen Glückwunsch, Sie haben es geschafft", möchte man den Kita-Gegnern in Winterhude zurufen, "Ihnen bleiben Vierjährige erspart, die vor Ihren Büros und Wohnungen spielen, lachen oder weinen. Auch das befürchtete Verkehrschaos, wenn Mütter und Väter ihre lieben Kleinen in die Kita bringen, bleibt aus!" Die Nachbarn, die sich vehement und leider auch erfolgreich gegen die geplante Kita an der Geibelstraße gewehrt haben, können weiter in ihrer Denkfabrik, wie sie das Gebäude mit Model- und Werbeagenturen selbst nennen, ungestört arbeiten.
Weil die Eingangstür der Kita mit ihren 80 Zentimetern 20 Zentimeter zu schmal ist, um die erforderliche Betriebserlaubnis zu erhalten, wird aus der Kindertagesstätte leider nichts. Hinter dieser Regelung stehen sinnvolle Brandschutzbestimmungen. Dem Bezirksamt und der Fachbehörde, ja sogar Hamburgs Erstem Bürgermeister, sind deshalb die Hände gebunden. Der Gesetzgeber weist mit der "Kinderlärm-Verordnung" den Weg. Kinderlärm ist danach zu tolerieren und kein Grund zur Klage. Aber gegenüber Eigentümern, die sich gegen eine breitere Eingangstür wehren, scheint die Politik machtlos. Die Eigentümer konnten sich erfolgreich auf ihr Recht berufen, dass sie Veränderungen an der Fassade zustimmen müssen. Dieses Einverständnis haben unter anderen ein ehemaliger Uni-Professor, ein Werber und die frühere Leiterin des Senatsamts für die Gleichstellung verweigert. Einige haben übrigens selbst Kinder und Enkel. Das macht ihr Verhalten noch unverständlicher. Ihre Gründe gegen die Kita sind offensichtlich vorgeschoben. Ihnen geht es wohl kaum um die Breite einer Tür. Aber der Mut einzugestehen, dass sie hier keine Kita haben wollen, fehlt ihnen dann doch.
Wir brauchen eine kinderfreundliche Einstellung, die nicht vor der eigenen Haustür haltmacht. Die Winterhuder Eigentümer und ihr Wille, die Kita zu verhindern, sind zwar ein Einzelfall, aber ein trauriger Beleg, dass der Weg zu einer toleranten Gesellschaft noch lang ist. Einer Gesellschaft, in der Jung und Alt miteinander leben und sich bereichern, statt sich voneinander abzugrenzen.