Hamburg. Der Vermieter soll einen barrierefreien Zugang zum Dachgarten schaffen. Warum es bislang aber nur eine provisorische Lösung gibt.

In den ersten Wochen nach der Eröffnung des Grünen Bunkers auf St. Pauli wurden immer wieder Besucher abgewiesen, die mit Rollstühlen oder Rollatoren per Fahrstuhl hinauf auf die neue Attraktion in Hamburg wollten. Zuletzt hieß es, nur noch Gäste Hotels Reverb by Hard Rock dürften die Fahrstühle benutzen. Dabei sollte der Dachgarten laut Städtebaulichem Vertrag „der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden“. Jetzt wurde zumindest eine provisorische Lösung gefunden.

Vom Hotel war bereits kommuniziert worden, dass ein barrierefreier Zugang aufs Dach wegen einer fehlenden Zulassung für den Fahrstuhl noch nicht möglich ist. Doch zuletzt durften mobilitätseingeschränkte Besucher nicht einmal mehr zur Ebene 0 (zwischen Bestandsbunker und Aufbau) fahren. Von dort aus haben Besucher bereits einen schönen Ausblick und können die Restaurants erreichen. „Mir wurde von der Security gesagt, dass nur noch Hotel- und Restaurantgäste die Aufzüge nutzen dürfen“, sagt Bastian Wiegmann.

Grüner Bunker: St.-Pauli-Fanclub bekommt viele Beschwerden

Dass der Rollstuhlfahrer aus Eppendorfer trotzdem weiß, wie es oben auf dem Dachgarten aussieht, ist seiner Chuzpe zu verdanken. Bei seinen ersten beiden Besuchen, als man noch zur Ebene 0 fahren durfte, hatte er Mitarbeiter angesprochen, die ihn mit nach oben nahmen. „Die Gründe, warum wir derzeit nicht auf den Bunker kommen, müssen klar kommuniziert werden“, findet Wiegmann.

Auch Catharina Trost, Vorsitzende des St.-Pauli-Fanclubs „Braun-Weiße-Vielfalt“ von und für Menschen mit Behinderungen, ist empört. „Uns erreichen täglich Anfragen und Beschwerden, dass der Bunker mit dem Rollstuhl nicht zugänglich ist. Das ist diskriminierend.“ Man habe bereits vor zwei Wochen Anfragen an den Hotelbetreiber gestellt, werde aber „hingehalten und vertröstet“.

Tourist über Grünen Bunker: „Befremdlich, dass so etwas im Jahr 2024 passiert“

Einer von denen, die sich beim Fanclub gemeldet haben, ist Oliver Durst aus Heilbronn. Der FC-St.-Pauli-Fan ist Dauerkartenbesitzer und stark gehbehindert. Nun habe er sich „sein“ Stadion mal vom Bunker aus ansehen wollen, so der Bankkaufmann. Doch der Wachmann habe ihn weggeschickt. Nur Hotelgäste kämen nach oben, eine Ausnahme sei nicht möglich. „Dass so etwas im Jahr 2024 in einem mit neuer Technik ausgerüsteten öffentlichen Gebäude passiert, finde ich sehr befremdlich“, so Durst.

Auf den Grünen Bunker in Hamburg führt der sogenannte Bergpfad – der mehr als 300 Stufen hat.
Auf den Grünen Bunker in Hamburg führt der sogenannte Bergpfad – der mehr als 300 Stufen hat. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Auch Frank Thane und Heike Wandke ärgern sich. Thane ist Mitglied im Verein Hilldegarden, der im Bunker unter anderem für den Gedenkort zuständig ist, um den es aktuell ebenfalls Streit gibt. Heike Wandke gehört zum Inklusionsbeirat Hamburg-Nord. Beide sind außerdem im Fanclub „Braun-weiße Vielfalt“, die Eppendorferin ist sogar im Vorstand.

Hamburgs Grüner Bunker: Zugang für Rollstuhlfahrer wurde nicht mitgeplant

Sie habe noch nicht versucht, auf den Bunker zu kommen. „Ich will aber auf jeden Fall hoch. Der Dachgarten ist ja schließlich für alle da.“ Sie wundere sich, dass bei den Bunker-Planungen offenbar niemand aus dem Inklusionsbereich hinzugezogen wurde. „Einen Inklusionsbeirat gibt es in Hamburg-Mitte nicht. Aber man hätte das von der Stadt geförderte Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg hinzuziehen können.“ Obwohl Barrierefreiheit in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert sei, werde sie in Deutschland nicht zufriedenstellend umgesetzt, moniert Wandke.

Frank Thane aus Hoheluft-West war schon auf dem Bunker – weil er Mitglied bei Hilldegarden ist. „Es gibt genügend Aufzüge. In dem einen wäre auch Platz für zwei Rollstühle“, weiß er. Dass Rollstuhlfahrer nicht hochgelassen werden, liege seiner Kenntnis nach am Brandschutz. „Da man im Brandfall Aufzüge aber ohnehin nicht nutzen darf, müssen halt spezielle Evakuierungsstühle vorgehalten werden.“ Ausgrenzen dürfe man Behinderte nicht.

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Die Verantwortlichen haben nun nachgebessert. „Wir arbeiten gerade mit dem Bauherrn an einer langfristigen Lösung für das Thema Barrierefreiheit“, heißt es von der RIMC Bunker Hamburg Hotelbetriebsgesellschaft. Bis auf Weiteres gelte: Mobilitätseingeschränkte Besucher werden mit dem Fahrstuhl auf Ebene 0 transportiert und von dort von der Security auf den Dachgarten begleitet. Besucher, deren Behinderung nicht sofort ersichtlich sei, bitte man um einen entsprechenden Nachweis.

Grüner Bunker: Investor und Hotel versprechen Nachbesserungen

Auch der Investor bedauert den komplizierten Zugang für Rollstuhlfahrer. Die Situation werde sich künftig verbessern, so Sprecher Frank Schulze. „Betonen muss man aber: Es gibt weder in der Baugenehmigung noch im städtebaulichen Vertrag und im Erbbaubaurechtsvertrag eine Verpflichtung für die Bauherrin, Barrierefreiheit herzustellen.“ Dennoch versuche man, freiwillig das umzusetzen, was im Rahmen der Beschränkungen durch bauliche Infrastruktur, behördliche Vorgaben und der Baugenehmigung überhaupt machbar sei. 

Tatsächlich ist von einem barrierefreien Zugang auf den Bunker nur in einer Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft die Rede, diese ist quasi das Vorwort für den städtebaulichen Vertrag. In diesem selbst ist das Wort „barrierefrei“ nicht zu finden.