Hamburg. Erweiterung der Bucerius Law School sorgt für Wirbel. Zahlreiche Hamburger Verbände wehren sich gegen Pläne. Das steckt dahinter.
Bei gutem Wetter ist in diesem Hamburger Park kaum noch ein freies Plätzchen zu finden. Touristen und Hamburger strömen in die wunderschöne Anlage im Herzen der Stadt. Planten un Blomen ist ein Besuchermagnet und wurde erst kürzlich zu Deutschlands beliebtestem Park gewählt. Um genau diesen besonders geschätzten Anziehungspunkt macht sich Jörg Kuhbier „große Sorgen“ und er ist damit nicht allein.
Der ehemalige Hamburger Umweltsenator ist seit 2011 Vorsitzender vom Freundeskreis Planten un Blomen. Zudem fungiert er als Sprecher einer Gruppe von Vereinen und Verbänden, die sich zusammengetan haben und sich gegen die Erweiterungspläne der Bucerius Law School wehren.
Planten un Blomen: Vereine sehen Einzigartigkeit von Hamburgs Park bedroht
Die private Hochschule für Rechtswissenschaften plant, neben dem Park zwei neue Gebäude zu errichten. Sowohl an der Jungiusstraße als auch an der Marseiller Promenade soll jeweils ein Bauwerk entstehen. Von sechs Geschossen ist allein an der Jungiusstraße die Rede. Dieses Gebäude wird zuerst errichtet, anschließend folgen der Umzug der Hochschul-Kita und der Abriss des alten Gebäudes auf dem anderen Baufeld an der Marseiller Promenade nahe den Schaugewächshäusern.
Damit rückt die Bucerius Law School deutlich näher an die Parkanlage Planten un Blomen heran. In welcher Form das realisiert werden soll, kritisiert der Zusammenschluss. „Wir sind nicht gegen die Erweiterung der Bucerius Law School“, betont Kuhbier. „Aber wir sind gegen die Massivität der Bebauung.“ Denn aus Sicht der Kritiker werde ohne Not die Einzigartigkeit von Planten un Blomen aufs Spiel gesetzt. „Wir haben keinerlei kommerzielles Interesse, sondern machen uns nur große Sorgen um den Park“, erklärt der gelernte Jurist.
Neben dem Freundeskreis gehören dem Zusammenschluss an:
- Botanischer Verein zu Hamburg
- Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen
- Denkmalverein Hamburg
- Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur
- Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur
- Hamburgische Architektenkammer
- Patriotische Gesellschaft
- Gemeinschaftsinitiative aus dem Bund Deutscher Baumschulen und dem Fachverband für Garten, Landschafts- und Sportplatzbau Hamburg
Kritiker bemängeln, dass geforderte Informationen nicht preisgegeben werden
Sie alle versuchen schon seit Jahren, gemeinsam auf den Planungsprozess einzuwirken. Laut Kuhbier aber ohne Erfolg. Es gebe zwar einen runden Tisch, an dem auch Vertreter der Bucerius Law School sowie als Geldgeber der Zeit-Stiftung sitzen. Es seien freundliche Runden, allerdings gebe man in der Sache kein Stück nach, kritisiert Kuhbier. Deshalb gehe man nun den Schritt in die Öffentlichkeit. Zudem ist für diesen Sommer eine Auslegung des geänderten Bebauungsplans vom Bezirksamt Mitte geplant. Die Zeit drängt also.
Dabei geht es der Gruppe um Sichtachsen, den einzigartigen Baumbestand sowie eine gebotene Rücksichtnahme auf das besonders schützenswerte Umfeld. Gleichzeitig steigt ihre Sorge, dass geforderte Informationen nicht preisgegeben und gegebene Zusagen nicht eingehalten würden. So habe man den kritisierenden Verbänden Visualisierungen versprochen, die einen Eindruck vermitteln, wie der Neubau hinter den denkmalgeschützten Schaugewächshäusern hervorragend wird. „Bis heute haben wir das nicht bekommen“, prangert Kuhbier an. Genau das schürt offenbar die Furcht davor, wie es am Ende aussehen könnte.
Hamburger Denkmalverein sieht Neubau neben Planten un Blomen kritisch
„Die Schaugewächshäuser liegen uns besonders am Herzen und das sollten sie auch der Stadt, die 30 Millionen Euro in die Sanierung investiert“, kritisiert der ehemalige Hamburger Senator, der mit seinem Umweltamt einst auch für Planten un Blomen zuständig war und dem die Parkanlage sehr wichtig ist.
Rückendeckung gibt es beispielsweise vom Denkmalverein Hamburg. Deren Geschäftsführerin Kristina Sassenscheidt erklärt: „Die Schaugewächshäuser bilden gemeinsam mit den Mittelmeerterrassen ein einmaliges denkmalgeschütztes Ensemble: Die differenzierte Kubatur der Gebäude ist so kunstvoll in die Topografie des Parks integriert, dass sie an eine felsige Küstenlandschaft erinnert. Dieses wunderbare Bild würde ein Neubau, der die Firstlinien der Gewächshäuser überragt, zerstören.“
Unverständlich ist den Kritikern in diesem Zusammenhang der ermittelte Flächenbedarf. So soll die Bucerius Law School 2017 noch einen Erweiterungsbedarf von 5800 Quadratmetern angegeben haben. Daraus wurden zwischenzeitlich 9440 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Nun ist wieder die Rede von 7400. „Es gibt keine Erklärung für den Raumbedarf oder ein Konzept“, so Kuhbier. Gleichzeitig würde es doch einen Trend hin zum Homeoffice geben, da könne man sich doch erst recht fragen, ob dieser Bedarf und damit die massive Bebauung überhaupt nötig seien.
Bucerius Law School in Hamburg: Sprecher weist Vorwürfe entschieden zurück
Die Bucerius Law School weist die Vorwürfe der Kritiker entschieden zurück. Auf Abendblatt-Anfrage teilt der Hochschulsprecher Jonathan Schramm mit: „Die Bruttogeschossflächen wurden unter Einbeziehung von Kritikpunkten und in Abwägung der Nutzbarkeit im Ergebnis deutlich reduziert und auf zwei Baufelder verteilt.“ Auf dem Baufeld Jungiusstraße seien rund 4400 Quadratmeter Bruttogeschossfläche oberirdisch geplant, auf dem anderen Baufeld rund 2900.
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Alle vom Bezirk Mitte angeforderten Visualisierungen liegen der Behörde vor, so Schramm, und werden im Rahmen der Offenlegung des Bebauungsplans der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Gleiche gelte für das „umfangreiche, detaillierte Baumgutachten“.
Planten un Blomen wird laut Hochschulsprecher von Erweiterung sogar profitieren
Auf die konkrete Frage, wie viele Bäume gefällt beziehungsweise nachgepflanzt werden, antwortet der Sprecher: „Die Hochschule hat selbst das größte Interesse, dass der Campus und das Umfeld baumreich grün sind und bleiben. Der Baumbestand an der Wallkante bleibt vollständig erhalten und bildet weiterhin einen grünen Vorhang. Einige wenige Bäume werden adäquat nachgepflanzt. Es entstehen darüber hinaus 800 Quadratmeter Gründächer und eine nachhaltige Energieversorgung.“
Der Sprecher der Hochschule betont: „Wir nehmen die Sorgen Einzelner und die konstruktiven Vorschläge sehr ernst und stehen mit allen Beteiligten im offenen Austausch.“ Der Bau werde ausschließlich auf privatem Grund realisiert werden, dennoch agiere man auch bei Sichtachsen und historischen Verläufen in enger Abstimmung mit allen Beteiligten. Laut Schramm werde der Park nicht leiden, sondern von den Plänen sogar profitieren: „Vielmehr wird sich der Campus durch die Neugestaltung viel einladender zum öffentlichen Raum öffnen und somit den Park erweitern.“