Hamburg. Benefizkonzert beschert dem TuS Finkenwerder 10.000 Euro. Warum die Elbinsel in der Not schon immer fest zusammenhält.
Der symbolische Spendenscheck war nicht von Pappe – und das im doppelten Sinn. Erstens war darauf die Summe von 10.001 Euro zu lesen, und zweitens war der Scheck eine Lebkuchenplatte mit Rändern, die ebenfalls gebacken waren und dazu wie Tampen geflochten.
Das gibt es nur in Finkenwerder, wo die Tatsache, dass der Vorsitzende des Kulturkreises Bäckermeister ist und die maritime Tradition des Orts zusammenkommen. Und dass die Chöre der Insel für ihren abgebrannten Sportverein singen und dabei so viel Geld zusammenkommt, dürfte es anderswo in Norddeutschland auch selten geben. Letzte Woche nahm der TuS Finkenwerder die Spende von der Liedertafel Harmonie und dem Chor „Mittenmang“ entgegen.
Die Schule traf der Brand hart – den TuS Finkenwerder noch härter
Am 19. Februar war die große Turnhalle der Stadtteilschule Finkenwerder niedergebrannt. Das traf die Schule schon hart. Es traf den TuS Finkenwerder noch härter. Während die Schule relativ schnell wieder die meisten Räume nutzen konnte, standen drei Sparten des Sportvereins vor dem Nichts.
Die Turnhalle war weg, und die Handballer, Leichtathleten und die international erfolgreichen Ju-Jutsuka der Elbinsel waren obdachlos. Mehr noch: Alle Trainingsgeräte waren ebenfalls weg. Und wer denkt, dass Kampfsportler mit ihren nackten Füßen ja nichts brauchen, irrt. Trainiert wird auf Judomatten. Die kosten zirka 120 Euro pro Quadratmeter. Allein ein Sporthallenfeld hat 480 Quadratmeter Fläche. Versichert sind öffentliche Gebäude in Hamburg nicht.
Hier griff nun eine Besonderheit des Stadtteils: die mehrfache Insellage – Finkenwerder ist ja nicht nur durch Wasserläufe, sondern auch durch Verkehrswege, Hafenanlagen und Industriegebiete isoliert -- bringt ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl der Finkenwerder hervor. Wer in Not ist, dem wird geholfen.
Die Location war schnell gefunden: Die Produktionshallen der Finkenwerder Maschinenbau
„Hier muss schnell etwas getan werden!“, entschloss man und beschloss, angeregt durch die Vorstände der „Liedertafel Harmonie“ ein Benefiz-Konzert für den TuS zu veranstalten. Die Einnahmen sollten für die Wiederbeschaffung von Sport- und Trainingsgeräten gespendet werden.
Gesagt, getan – oder auch: Beschlossen, umgesetzt! Ein Veranstaltungsort musste her, ein Programm, musikalische Gäste, und natürlich Zuschauer. Die Location war schnell gefunden: Die Produktionshallen der Finkenwerder Maschinenbau (FMB), wo sonst mit schwerem Gerät schweres Gerät hergestellt wird. Deren neuer Inhaber Nicolas Debusmann stellte ohne Zögern seine Halle zur Verfügung. Alle sperrigen Gerätschaften wurden für die temporäre „Harmonie-Arena“ zur Seite geschoben.
Das Salonorchester, das sonst gegen Gage begleitet, verzichtet auf die Bezahlung
Auch die musikalischen Gäste hatte man schnell beisammen: Das Salonorchester, das die Liedertafel gegen Gage begleitet, verzichtete auf die Bezahlung und der neue Finkenwerder Männerchor „Mittenmang“ , der genau wie die Harmonie von Peter Schuldt geleitet wird, machte ebenfalls mit.
„Weil die beiden Chöre sehr unterschiedlich sind, haben wir ein sehr breit aufgestelltes Programm machen können“, sagt Peter Schuldt, „und das hat viele Menschen angezogen. Das Wetter hat auch bestens mitgespielt, so dass alle trocken an- und nach Hause kamen.“
Ein Häkelclub bekam durch Verkauf von Socken 1000 Euro für den Sportverein zusammen
Wo die Halle schon mal voll war, bezog Schuldt das Publikum mit ein: „Wir haben die Zuhörer ganz oft zum Mitsingen aufgefordert, viele Stücke sind ja bekannt“, sagt er. „Das war ein Heidenspaß für alle!“
Auch, wer nicht sang oder spielte, spielte mit: „Da war ein Häkelclub, der mit Sockenverkauf 1000 Euro für den TuS zusammenbekommen hat“, sagt Schuldt. „Der Wurstwagen und der Bierstand haben auf Gewinn verzichtet. Ganz viele Menschen haben nicht nur gespendet, sondern auch aktiv zum Gelingen beigetragen. In dieser Form gibt es das nur hier.“
Die Turnhalle brannte schon zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit
„Unglaublich, was hier abgeht!“, sagte auch Thomas Kielhorn, langjähriger und nun scheidender Vorsitzender des Sportvereins. Er nahm den Lebkuchen-Scheck zusammen mit seinem Nachfolger Sergej Balbuzki entgegen. „Ich bin komplett sprachlos und restlos überwältigt von dem Ergebnis!“
Die Turnhalle der Stadtteilschule hatte schon zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit gebrannt. Ursache des ersten Feuers war eine defekte Gasleitung. Das ist mittlerweile sicher. Auch beim Brand im Februar deutet viel auf einen technischen Defekt im Zusammenhang mit Gas.
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Seit dem ersten Brand, der mit einer heftigen Explosion einhergegangen war, wird ein Neubau der gesamten Stadtteilschule geplant. Erst dann soll auch die Schulturnhalle wieder aufgebaut werden. Einen Zeitplan dafür gibt es allerdings noch nicht. Bis dahin werden die Sportler in Finkenwerder zusammenrücken müssen. Aber Solidarität können sie ja.