Hamburg. Nach dem Brand in Hamburg wird heftig über das betroffene Gebiet diskutiert. Lagert hier Schrott? Was mit den Altwaren passiert.
Nach dem Großbrand an der Billstraße, bei dem Hallen voller alter Kühlschränke, Fahrräder und Reifen in Flammen aufgegangen waren, fragen sich viele Hamburger: Wieso stapeln sich in dem Gebiet so auffällig viele gebrauchte Waren und wer kauft sowas?
Die Antwort: Die Waren werden exportiert – vornehmlich nach Afrika. Das Geschäft läuft bereits seit Jahrzehnten. „Was hier als Schrott angesehen wird, ist in anderen Ländern ein begehrtes Wirtschaftsgut“, so ein Beamter.
Hamburg-Rothenburgsort: An der Billstraße stapeln sich alte Kühlschränke
Viele Dinge, die hier auf der Müllhalde landen würden, finden in anderen Teilen der Welt zahlungsbereite Abnehmer. Generell ist der Handel nicht verboten, solange die Sachen noch als Wirtschaftsgut gelten. Erst wenn sie als Abfall eingestuft werden, greift auch das Abfallrecht, das unter anderem den Transport oder die Entsorgung regelt.
Zuständig für die Einstufung als Abfall ist die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft. Diese ist an Regeln gebunden: Ein Wirtschaftsgut wird erst zum Abfall, wenn es in keinem Fall, auch nicht durch Reparatur, wieder benutzt werden kann. Bei den Waren an der Billstraße handelt es sich in der Regel deshalb nicht um Abfall.
Billstraße: Wie gefährlich ist Klimagas FCKW in Kühlschränken?
Selbst die massenhaft in der Billstraße zu findenden Kühlschränke, mit denen oft eine Gefahr für die Umwelt verbunden wird, fallen nicht unter besondere Beschränkungen. Die Fluorchlorkohlenwasserstoffe, kurz FCKW, die früher als Kühlmittel genutzt wurden und die als extrem umweltschädlich gelten, sind bereits seit 1989 verboten.
Sie kommen heute, 34 Jahre danach, selbst in gebrauchten Kühlschränken praktisch nicht mehr vor. In anderen Fällen sind es gar nicht die Geräte, die die Abnehmer wollen, sondern die darin verbauten wertvollen Metalle, die daraus entnommen werden.
Kein Schrott: Selbst kaputte Smartphones sind noch wertvoll
Wie viel Wertvolles in solchen Geräten stecken kann, zeigen Smartphones. Sie werden selbst im Schrottzustand noch in Deutschland verwertet, weil in ihnen unter anderem Gold und einige der sogenannten Seltenen Erden stecken.
Transportiert wurden die Waren aus der Billstraße früher oft in alten Autos, deren Bestimmungsort ebenfalls Afrika ist. Damals waren die Fahrzeuge vollgestopft mit alten Elektrogeräten. Die Türen und Fenster wurde mit Bauschaum versiegelt, damit niemand die Sachen stehlen konnte.
Per Schiff vom Hamburger Hafen zum Bestimmungsort ins Ausland
Dann ging es per Schiff über den Hamburger Hafen zum Bestimmungsort. Die Kosten für die Verschiffung liegen pro Auto heute, je nach Reiseziel, zwischen 610 und 1085 Euro. Auch heute werden Fahrzeuge weiter im großen Stil nach West-Afrika, in den Libanon oder nach Arabien verschifft. Anbieter, die diesen Transfer abwickeln, gibt es mehrere – auch mit Sitz in der Billstraße.
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Die Reedereien haben der Methode, die Autos mit Waren zu füllen, bereits vor Jahren einen Riegel vorgeschoben: Sie haben sich einfach geweigert, diese Fahrzeuge zu transportieren – vermutlich auch, weil das Gewicht der Ladung stark zunahm.
Großbrand Hamburg: Gestapelte Altwaren werden per Container verschifft
Die größten dieser Roll-on-Roll-off-Schiffe (kurz: RoRo-Schiffe), die für den Transport von Fahrzeugen konzipiert sind, können bis zu 8500 Autos transportieren. Würden in jedem Fahrzeug nur 100 Kilo zusätzliche Ladung transportiert, wären das bereits 850 Tonnen Mehrlast.
Heute werden die in der Billstraße angebotenen Sachen wie die meisten Waren problemlos per Container verschifft. Abnehmer der in dem Industriegebiet angebotenen Kühlschränke, Reifen, Fahrräder und anderen Dingen dürften nur Händler sein, da dort lediglich Großhandel, aber kein Einzelhandel erlaubt ist.