Hamburg. Ware im Wert von fast 400.000 Euro aus dem Maison Valadan an der Neuen ABC-Straße entwendet. Was die Tat so rätselhaft macht.
Das Maison Valadan in der Hamburger City ist ein historisches und mit persischer Eleganz ausgestaltetes Stadthaus an der vornehmen Neuen ABC-Straße. Hier zeigt und verkauft die mehrfach ausgezeichnete Teppichdesignerin Lila Valadan handgeknüpfte oder -gewebte Teppiche aus dem Iran, die mehr Kunstwerke als Einrichtungsstücke sind.
Doch kurz vor Weihnachten – ein Jahr nach einem spektakulären Raubüberfall auf einen Juwelier gleich nebenan – wurde in das Geschäft in der Nähe des Gänsemarkts eingebrochen: Die Täter stahlen Ware im Wert von rund 400.000 Euro.
City Hamburg: Luxusteppiche gestohlen – Fall gibt Polizei und Designerin Rätsel auf
Die Polizei, deren nächstgelegene Wache gleich um die Ecke an der Caffamacherreihe liegt, und Lila Valadan stehen vor einem Rätsel – denn für Teppiche dieser Preisklasse und Exklusivität gibt es so gut wie keinen Markt.
Es müsse sich um eine Auftragsarbeit gehandelt haben, vermutet Valadan. „Doch was macht der Auftraggeber mit den Teppichen?“, fragt sie sich. „Wenn er ein Teppichgeschäft eröffnet, bleibt er nicht unentdeckt: Wir haben Fotos der gestohlenen Ware an unsere Kunden geschickt, die jetzt auf der ganzen Welt die Augen offen halten.“
City Hamburg: Kunstvolle Teppiche werden im Iran von Hand gefertigt
Ihre Teppiche lässt sie von Weberinnen und Knüpferinnen in den Bergen im Südwesten des Iran in traditioneller Weise fertigen. Die Frauen können nicht lesen und schreiben und haben noch nie ein Wohnmagazin in den Händen gehalten. Und doch erreichen ihre Teppiche in Farbe und Design höchste Perfektion.
Bis zu drei Jahre kann die Fertigung dauern. Ein Teppich besteht aus bis zu fünf Millionen Knoten. Die meisten Teppiche fertigen die Frauen im Auftrag Lila Valadans an. Die kunstvollsten und handwerklich aufwendigsten Stücke aber knüpfen die Berberinnen für ihre Familien. Diese trennen sich nur in Ausnahmefällen von ihnen – etwa, wenn Geld für eine Hochzeit benötigt wird.
Einzigartige Teppiche gestohlen – darunter neun historische Sammlerstücke
Innerhalb von 40 Jahren trugen Lila Valadan und ihr mittlerweile verstorbener Mann Mohammad auf ihren Reisen zu den entlegensten Bergdörfern in ihrem Heimatland eine beeindruckende Sammlung dieser bis zu 100 Jahre alten Teppiche zusammen. Gezeigt werden sie nur zu besonderen Anlässen: auf exklusiven Ausstellungen oder auf Empfängen im Maison Valadan.
Bei dem Einbruch in der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember wurden 34 hochwertige Teppiche gestohlen, darunter neun historische Sammlerstücke. Die restlichen Teppiche waren für den Verkauf bestimmt: aus bester Hochlandwolle und chinesischer Seide angefertigt, mit natürlichen Stoffen schonend gefärbt. Allesamt seien sie einzigartig gewesen, betont Lila Valadan. Denn neben ihrem Geschick brächten die Weberinnen und Knüpferinnen auch ihre Persönlichkeit und ihre Seele in die luxuriösen Teppiche ein.
Teppiche von Lila Valadan: Designerin schätzt Schaden auf fast 400.000 Euro
Was die Polizei, Teppichdesignerin Valadan und ihren Geschäftsführer Dietmar Heinßen ebenfalls überraschte: Die Einbrecher haben zwar alles durchsucht, aber außer dem Türschloss nichts beschädigt. „Fast scheint es, als hätten sie Respekt vor diesem Ort gehabt“, sagt Valadan, die in Schränken und auf Regalen auch iranisches Kunsthandwerk ausstellt.
Weil die Demontage wohl zu lange gedauert hätte, ließen sie die Teppiche an den Wänden hängen. Im Keller, im zweiten Stock und vor dem Hinterausgang wurden je zwei Teppiche fallen gelassen – so, als ob die Diebe gestört worden seien. Doch schon so ist der Schaden immens. Lila Valadan schätzt ihn auf 350.000 bis 400.000 Euro. Dazu kommen die Kosten für die Beschaffung neuer Ware, die sie vor Ort in Auftrag geben muss.
- Polizei Hamburg: Per Haftbefehl gesucht – Parfüm wird Diebin zum Verhängnis
- Betrug Hamburg: Falscher Wasserwerke-Handwerker haut älteres Ehepaar übers Ohr
- Blankenese: Einbrecher schleicht sich in Hamburger Villa – Bewohner sind im Haus
City Hamburg: Wache an der Caffamacherreihe gleich um die Ecke des Tatorts
An einen vergleichbaren Teppichdiebstahl in Hamburg könnten sie sich nicht erinnern, sagen Valadan und Geschäftsführer Heinßen. Auch die Polizei hat zu dem rätselhaften Fall keine neuen Erkenntnisse. Gleich nach der Tat waren Beamte der um die Ecke liegenden Wache an der Caffamacherreihe vor Ort, dann die Spurensicherung.
Diese habe mittlerweile alle Spuren ausgewertet, teilte ein Polizeisprecher mit. „Die Ermittlungen laufen aber noch.“ Sobald diese abgeschlossen sind, werde der Fall an die Staatsanwaltschaft weitergegeben.
Lila Valadan und Dietmar Heinßen hoffen darauf, dass der Fall noch aufgeklärt werden kann. Ein Polizist habe ihm gegenüber eine Fifty-fifty-Chance angegeben, so Heinßen. Erfreulich wären erfolgreiche Ermittlungen für die beiden nicht nur, um eventuell die Teppiche wieder zu erhalten. Vor allem würden Valadan und Heinßen gerne erfahren, wer den Auftrag zu diesem Diebstahl gegeben hat.