Hamburg. Die Betreiber erhalten kurz vor Weihnachten ein Schreiben des Eigentümers. Der Frust im Kultclub ist groß. Das sind die neuen Pläne.
Bittere Kunde für den bekannten Hamburger Musikclub Molotow: Laut einem Beitrag der Betreiber in den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram ist dem Club am Nobistor 14 am Donnerstag überraschend gekündigt worden.
Tatsächlich ist an der Adresse laut der Eigentümerseite „Marn Objektmanagement“ ein Boutiquehotel geplant. Die Molotow-Betreiber konstatieren in einer ersten bitteren Stellungnahme: „Das Molotow wird also zum dritten Mal abgerissen. Irgendwann reicht es.“ Dabei beziehen sie sich auf die Umsiedlung aus den Esso-Häusern im Frühjahr 2014 und aus dem Exil an der Holstenstraße, bevor es ans Nobistor ging.
Reeperbahn: Seit 2014 befindet sich das Molotow im Exil am Nobistor 14
Molotow-Betreiber Andi Schmidt ist schockiert. „Wir haben gestern von unserem Vermieter René Marn die Kündigung zum 30. Juni 2024 bekommen.“ Im Herbst will das Marn Objektmanagement am Nobistor ein Boutiquehotel für die Lindner Hotels bauen. Das gegenwärtige Gebäude, das insgesamt drei Spielflächen für insgesamt 530 Zuschauer enthält und einen der legendärsten und wichtigsten Klub der Hamburger Musikszene beherbergt, wird abgerissen.
Seit 2014 befindet sich das Molotow im Exil am Nobistor 14. Eigentlich hätte der Musikclub schon lange wieder an seinen ursprünglichen Ort am Spielbudenplatz zurückgekehrt sein sollen, doch im sogenannten Paloma-Viertel ist bisher nichts passiert. Der Baubeginn dort steht weiter in den Sternen.
Andi Schmidt weiß nicht, wie es mit dem Molotow weitergehen wird
Am vergangenen Mittwoch habe es ein Gespräch zwischen Marn und Schmidt gegeben, in dem der Projektentwickler dem Molotow mitgeteilt habe, dass der Hotel-Baubeginn bereits für 2024 geplant sei. „Damit haben wir nicht gerechnet“, so Schmidt. Man sei davon ausgegangen, wenigstens ein Jahr im Voraus über die Baupläne informiert zu werden. Andi Schmidt weiß nicht, wie es mit dem Molotow weitergehen wird, doch aufgeben ist keine Option: „Wir werden gleich zu Beginn des neuen Jahres Gespräche mit dem Bezirksamt und der Kulturbehörde führen. Die zentrale Frage ist, ob es eine alternative Fläche gibt, in die wir ziehen können. Ein Umzug in ein anderes Viertel macht allerdings aus meiner Sicht keinen Sinn. Das Molotow gehört auf die Reeperbahn.“
Seit 1990 existierte der Klub am Spielbudenplatz 5. 2013 musste das Molotow schließen, weil die sogenannten Esso-Häuser als baufällig eingestuft und später abgerissen wurden. Auch das Haus am Nobistor 14 steht auf einer Liste vom Abriss bedrohter Häuser. „Dass unser derzeitiges Domizil auch bedroht ist, war uns bekannt. Wir hätten uns gewünscht, dass die Stadt das Gebäude kauft und entsprechend saniert. Dem von der Politik oft beschworenen Musikstandort Hamburg wird ein weiterer Klub fehlen. Hier ist eine Möglichkeit verpasst worden“, sagt Schmidt.
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Der Molotow-Betreiber wundert sich auch darüber, dass die Stadt gegenüber der Bayerischen Hausbau, die das 6000 Quadratmeter große Areal am Spielbudenplatz gekauft hat, nicht mehr Druck gemacht hat. Seit fast zehn Jahren liegt die Fläche mitten auf dem Kiez brach. Dort sollten 200 Wohnungen, Hotels und Gastronomiebetriebe entstehen. Auch das Molotow sollte an diesen Standort zurückkehren.
„Noch 192 Tage“ heißt es auf der Facebook-Seite des Molotow. Andi Schmidt gilt als ein beharrlicher Zeitgenosse, der mit seinem Klub gleichermaßen Höhen und Tiefen überlebt hat. Er wird weiterkämpfen – auch wenn im Moment noch keine schnelle Lösung in Sicht ist.
Reeperbahn: „Molotow wird zum dritten Mal abgerissen: Irgendwann reicht es!“
Molotow auf der Reeperbahn wird gekündigt – Kultursenator Brosda: „Ein harter Schlag“
Zu den Bands, die – oft vor ihrem kommerziellen Durchbruch – im Molotow gespielt haben, zählen etwa The White Stripes, Mumford & Sons, Die Toten Hosen, The Hives, Bright Eyes, Wir sind Helden, Mando Diao und The Killers. Der Club gilt als Talentschmiede unter Hamburgs Musik-Etablissements.
Auch Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) kommentierte die überraschende Kündigung am Freitag auf X (ehemals Twitter). Diese sei „ein harter Schlag“, so Brosda. „Wir sind mit dem Molotow in Kontakt und werden uns schnell mit möglichst allen Akteuren treffen, um eine Perspektive für den Club zu finden.“
Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linken, adressierte das Thema in der Hamburgischen Bürgerschaft und zeigte sich aufgebracht. „Wir brauchen kein weiteres Hotel auf St. Pauli. Wir brauchen Leben, wir brauchen Musik, wir brauchen Klubs. Die Linksfraktion steht an der Seite der Molotow-Macher und all der Clubbetreiberinnen und Betreiber, die Hamburg immer öfter als undankbares Pflaster erleben.“