Hamburg. Weil ein Molotow-Gast infiziert war, müssen 90 Personen zum Test. Reiserückkehrer lassen Corona-Zahlen steigen. Ein Land fällt auf.
Partygänger und Reiserückkehrer bereiten den Behörden in Hamburg derzeit die meisten Sorgen – denn sie treiben die Corona-Infektionszahlen langsam, aber stetig wieder in die Höhe. Am Dienstag wurden 63 Neuinfektionen verzeichnet, 28 mehr als vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg dadurch von 15,4 auf 16,9. Eine Woche zuvor lag sie noch bei 11,1.
Ein Fall betrifft das Molotow auf St. Pauli: Am Sonntag wurde eine Person positiv getestet, die dort am vergangenen Donnerstag ein Konzert besucht hatte. Alle 90 Besucher wurden vom Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt. Nach Auskunft der Sozialbehörde werden sie am heutigen Mittwoch im Club am Nobistor einer Reihentestung unterzogen.
Hamburger Gesundheitsamt geht lieber sicher
Sollte dieser PCR-Test negativ ausfallen, was vermutlich zwei Tage später feststehen wird, könnte die Quarantäne aufgehoben werden – ein Automatismus ist das aber nicht.Dass alle Gäste, die ordnungsgemäß ihre Kontaktdaten hinterlassen hatten, isoliert werden, sei keineswegs Standard, betonte Behördensprecher Martin Helfrich.
Normalerweise werde das nur für diejenigen Besucher angeordnet, die näheren Kontakt mit der betroffenen Person hatten. Das sei in diesem Fall jedoch nicht mehr zu rekonstruieren gewesen, da es zum Beispiel auf dem Weg zu den Toiletten zu Begegnungen gekommen sein könne. Daher gehe das Gesundheitsamt lieber auf Nummer sicher.
Hamburger Club Molotow weist Vorwürfe zurück
Den unterschwelligen Vorwurf, nicht alle Hygienevorschriften umgesetzt zu haben, wies das Molotow zurück. Die Gäste hätten vor dem Einlass einen „3G-Nachweis“ vorlegen müssen – eintreten durfte demnach nur, wer genesen, getestet oder geimpft war, heißt es in einer Stellungnahme des Clubs.
An der Bar und den Toiletten sowie zwischen den Tischen sei der Abstand gewahrt worden. Auch auf eine Maximalbelegung der Tische hätten die Mitarbeitenden geachtet. Bei einer Missachtung seien sie „sofort“ eingeschritten. „Zudem wurde unser Konzept bei diversen Kontrollen vor Ort durch Polizei und Ordnungsamt positiv bewertet“, betonen die Betreiber.
130 Gäste aus Hamburger Lokalen in Quarantäne
Dass es trotz der Schutzmaßnahmen „zu einem möglichen Ansteckungsszenario im Molotow“ gekommen sei, „bedauern wir sehr“, heißt es. Und weiter: „Leider ist ein einhundert Prozent sicheres Kulturerlebnis nicht möglich.“ Allerdings sei zuvor bei mehr als 100 Open-Air-Veranstaltungen nichts passiert. Die Veranstalter bitten alle, die noch nicht kontaktiert wurden, sich selbst beim Gesundheitsamt zu melden.
Erst vor wenigen Tagen hatte ein ähnlicher Fall für Aufsehen gesorgt: Nachdem ein Kneipengänger auf St. Georg im Nachhinein positiv getestet wurde, mussten 130 Gäste zweier Lokale an der Langen Reihe in Quarantäne. Ihre Testergebnisse lagen am Dienstag noch nicht vor. Das Besondere an diesem Fall: Der Mann war zwar ein Reiserückkehrer aus Spanien, aber vollständig geimpft und zudem vor Rückreise negativ getestet worden – dennoch hatte er sich mutmaßlich im Urlaub angesteckt.
Impfung schützt nicht zwingend vor Ansteckung
Von solchen „Impfdurchbrüchen“ hat es nach Angaben der Sozialbehörde bis Ende Juni in Hamburg immerhin 145 Fälle gegeben. In Relation zu den gut 660.000 Hamburgern, die bis dahin vollständig geimpft waren (inzwischen sind es rund 820.000), ist das allerdings nur ein minimaler Anteil von 0,0002 Prozent.
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Anders gesagt: Auf rund 4500 Geimpfte kommt eine Person, die sich dennoch infiziert – oder von der das bekannt wird. Experten hatten immer betont, dass die Impfung in erster Linie vor einem schweren Krankheitsverlauf schütze, nicht jedoch zwingend vor einer Ansteckung mit dem Virus.
Viele Ansteckungen in Spanien
Der Fall aus St. Georg steht dennoch stellvertretend für einen Trend: „Die Anzahl der Personen, die sich die Infektion im Ausland zugezogen haben, ist erwartungsgemäß erneut deutlich angestiegen“, teilte die Sozialbehörde mit. Von den 300 Fällen in der vergangenen Woche gingen 69 (23 Prozent) auf eine Ansteckung im Ausland zurück. In der Vorwoche waren es 37 von 217 (17 Prozent), davor 14 von 172 (acht Prozent), davor 18 von 195 (9,2 Prozent).
Von den 69 aktuellen Fällen gehen allein 34 auf einen Infektionsort in Spanien zurück, der Rest auf die Türkei, Russland, Kirgisistan, Niederlande, Portugal und Frankreich. Immerhin: In den Hamburger Krankenhäusern ist der Beginn dieser vierten Welle noch nicht angekommen: Dort werden 28 Covid-19-Patienten behandelt, darunter 16 intensivmedizinisch. Allerdings wurden diese Daten seit Freitag nicht aktualisiert.
Hamburg macht Studierenden Impfangebot
Unterdessen macht die Stadt allen rund 110.000 Studierenden in Hamburg ein offenes Impfangebot: Sie können von heute an bis zum 27. Juli spontan ins Impfzentrum kommen. Eine Terminbuchung sei nicht nötig – die Vorlage eines Studierenden-Ausweises reiche aus (plus Personalausweis/Reisepass und Impfpass, falls vorhanden), sagte Sozialbehörden-Sprecher Helfrich.
Das Angebot gelte allerdings nur für Erstimpfungen. Drei oder vier Wochen später finde dann ebenfalls in den Messehallen die Zweit-Impfung statt. Ein ähnliches Angebot gibt es an den kommenden drei Sonnabenden für alle volljährigen Bürger.