Linksextreme bekennen sich zu Anschlägen. Regionalverkehr läuft am Sonnabendmorgen wieder planmäßig.
- Linksextreme verüben Brandanschläge auf Kabelschächte der Deutschen Bahn
- Bekennerschreiben im Internet veröffentlicht
- Bahnchaos zwischen Hamburg und Berlin geht bis zum Sonnabend weiter
Hamburg. Nach einem mutmaßlichen Brandanschlag mussten Bahnreisende auch am Sonnabend noch mit Einschränkungen auf der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin rechnen. Eine Wiederaufnahme des regulären Verkehrs auf dieser Strecke sei voraussichtlich erst im Laufe des Morgens möglich, teilte die Deutsche Bahn mit. Am Mittag hieß es dann: „Die Fernverkehrszüge fahren wieder in beide Richtungen“. Der Regionalverkehr lief bereits seit dem Morgen wieder planmäßig.
Deutsche Bahn: Restarbeiten an beschädigten Anlagen
In den Vormittagsstunden mussten die Techniker an den beschädigten Anlagen noch Restarbeiten ausführen. Bis dahin wurden die Züge noch über Uelzen oder Hannover umgeleitet.
Ein Sabotageakt hatte am Freitag den Fernverkehr der Deutschen Bahn zwischen Hamburg und Berlin schwer beeinträchtigt. Es fielen mehr als 30 Züge komplett oder teilweise aus. Das große Chaos an den Hauptbahnhöfen in Hamburg und Berlin blieb allerdings aus.
Zugverkehr Hamburg-Berlin kommt komplett zum Erliegen
Für Bahnreisende, die von Hamburg nach Berlinwollten, war es am Freitag eine große Geduldsprobe. Nach drei Brandanschlägen auf Kabelschächte an Bahntrassenkam die stark frequentierte Zugstrecke komplett zum Erliegen. „Es liegt ein Kabelschaden in Allermöhe vor. Auf der Strecke Hamburg–Berlin fallen die Züge teilweise aus, teilweise können wir sie umleiten. Es kommt für Zugreisende aber zu starken Beeinträchtigungen“, erklärte eine Bahnsprecherin dem Abendblatt.
Etliche Züge zwischen Hamburg und Berlin fielen aus. 19 Züge seien zum Teil und 35 Züge deutlich verspätet gewesen. „Eine Wiederaufnahme des Verkehrs zwischen Hamburg und Berlin ist voraussichtlich erst im Laufe des Sonnabendmorgens wieder möglich. Auch danach dürfte es noch etwas dauern, bis sich der Fernverkehr wieder vollständig normalisiert hat.“, so eine Bahnsprecherin.
Anschläge auf Bahn: Linksextreme bekennen sich
Offiziell sprach die Deutsche Bahn zunächst von einer „Beeinträchtigung durch Vandalismus“. Mittlerweile ist jedoch klar, dass es sich bei der Manipulation der Stromtrassen um politisch motivierte Brandanschläge handelt. Am späten Freitagvormittag gab es im Internet auf „indymedia“ ein Bekennerschreiben einer linksextremen Gruppierung.
Bahn-Sicherheitschef Hans-Hilmar Rischke verurteilte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur die Anschläge auf die Bahnstrecken. „Menschen, die mit uns reisen möchten – mit einem der klimafreundlichsten Verkehrsmittel – sind massiv von Zugausfällen und Verspätungen betroffen und erreichen ihre Ziele nicht. Wir sind im engen Austausch mit den Sicherheitsbehörden und hoffen auf schnelle Fahndungserfolge“, sagte Rischke.
Deutsche Bahn: Brandanschläge sorgen für Chaos zwischen Hamburg und Berlin
In der Nacht zu Freitag musste die Feuerwehr Hamburg zwischen 2.30 Uhr und 4 Uhr gleich dreimal ausrücken. Zunächst hatte ein Lokführer am Deelwisch in Lokstedt um kurz nach halb drei einen Brand eines Kabelschachts der Güterumgehungsbahn gemeldet. Unbekannte hatten den Kabelschacht aufgebrochen und ihn anschließend in Brand gesetzt.
Weil der Lokführer Geräusche in einem Gebüsch vernommen hatte, durchsuchte die Polizei mithilfe eines Spürhundes die Gegend – jedoch ohne Erfolg. Vor Ort fand die Spurensicherung allerdings die Verschlusskappe einer Flasche.
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Im Verlauf der Nacht kam es zu zwei weiteren Bränden. Gegen drei Uhr war eine Strecke der Deutschen Bahn am Walter-Rudolphi-Weg betroffen, knapp 40 Minuten später wurde der dritte Brand an einer Strecke der Hafenbahn am Heykenaukamp gemeldet. Die Polizei sucht nun Menschen, die dort verdächtige Beobachtungen gemacht haben. Zeugen können sich über das Hinweistelefon unter der Rufnummer 4286-56789 oder in jeder Polizeidienststelle melden.
Die Feuer konnten zwar schnell gelöscht werden, doch die Folgen waren gravierend, weil bei den Anschlägen Signal- und Kommunikationstechnik beschädigt wurde. Gerade der Brand in Allermöhe sorgte für massive Einschränkungen im Fernverkehr. Die Fahrzeit der Züge, die umgeleitet werden mussten, verlängerte sich um bis zu 60 Minuten. Um das Reisen zu erleichtern, hat die Deutsche Bahn über X (ehemals Twitter) bekannt gegeben, dass die Zugbindung aufgehoben wird.
Auf diesen Strecken kommt es zu Einschränkungen im Bahnverkehr
- ICE-/IC-/EC-Züge Hamburg–Berlin–Erfurt–Süddeutschland fallen zwischen Hamburg und Berlin aus
- ICE-/IC-Züge Hamburg–Rostock–Stralsund(–Ostseebad Binz) fallen zwischen Hamburg und Rostock/Stralsund/Ostseebad Binz aus.
Techniker der Deutschen Bahn arbeiteten den ganzen Tag über an der Strecke. Zunächst hieß es, dass die Arbeiten am Abend beendet sein sollen, doch am Nachmittag korrigierte die Bahn diese Prognose. Erst im Verlauf des Sonnabendmorgens sollen die Züge wieder rollen können.
Die Einschränkungen im Personenverkehr waren für die Täter offenbar lediglich ein Kollateralschaden. Am späten Vormittag war auf der linksextremen Internetseite „indymedia“ ein Bekennerschreiben zu lesen. Dort heißt es unter der Überschrift: „Switch-off! Dezentrale Sabotage kapitalistischer Infrastruktur in Hamburg“: „In der Nacht des 7. September haben wir in Hamburg Verkehrsadern der kapitalistischen Infrastruktur sabotiert. Wir wählten dafür mehrere neuralgische Punkte des Güterverkehrs und haben uns in diesem Fall dazu entschieden uns auf Streckenabschnitte zu beschränken, die nicht für den Personenverkehr genutzt werden. Einige Liter Benzin in den Kabelschächten an den Schienen sollten zu möglichst langfristigen Ausfällen oder Einschränkungen beim Transport von zum Beispiel im Zuge neokolonialer Ausbeutung und erdzerstörendem Extraktivismus beschafften Rohstoffen führen.“
Linksextreme Gruppe veröffentlicht im Internet ein Bekennerschreiben
Die Hansestadt ist derweil kein willkürlicher Ort für die Brandanschläge gewesen. „In Hamburg werden jährlich Millionen von Tonnen Waren und Rohstoffe umgeschlagen, die den Reichtum der Ausbeuter/-innen des globalen Nordens zuungunsten des sogenannten globalen Südens mehren. Wir wollten hiermit eine reale Delle in diese Maschinerie setzen“, schrieben die Linksextremisten im Internet.
Deshalb wurde die Hafenbahn, die für die Logistik im Hamburger Hafen essenziell ist, ins Visier der Täter genommen. „Der Osthafen (Hohe Schaar, Hamburg Süd) ist von der Störung nicht betroffen. Im Westhafen (Waltershof) erfolgt der Betrieb seit den Mittagsstunden mit technischen Einschränkungen“, erklärte Sinje Pangritz, Sprecherin der Hamburg Port Authority.
Wann der Betrieb wieder reibungslos laufen wird, war zunächst unklar. „Die Hafenbahn der Hamburg Port Authority (HPA) stellt für verschiedene Bereiche des Hamburger Hafens die einzige Anbindung an das Schienennetz dar. Hier lässt sich zum Beispiel die Anbindung des Sandauhafens und dem anliegenden Hansaport Terminal hervorheben. An dem, für Schüttgüter konzipierten, Terminal werden jährlich mehrere Millionen Tonnen Kohle und Eisenerz umgeschlagen für den Weitertransport an verschiedene Kohlekraftwerke oder Stahlwerke wie zum Beispiel die der Salzgitter AG. 70 Prozent dieses Weitertransports wird über das Schienennetz abgewickelt. Die Herstellung von Stahl ist bekanntlich immens klimaschädlich und die Beschaffung des Erzes mit neokolonialen Ausbeutungsverhältnissen verbunden“, klagten die Aktivisten auf „indymedia“ und fügten an:
Bereits im Oktober 2022 gab es Anschläge auf Bahnkabel
„Hamburg ist eine kapitalistische Metropole, in der viele Handelsketten zusammenlaufen. Wenn wir den Kapitalismus abschaffen wollen, wieso nicht hier, bei der Infrastruktur, die ihn trägt, ansetzen? Mit denkbar simplen Mitteln, die manchmal überraschend große Auswirkungen haben auf ein Netz, das kaum überall zu schützen ist? Wir sehen die Sabotage als realen Angriff auf das ausbeuterische System, als Experiment, aber auch als Vorschlag, die lokalen Kämpfe gegen Neokolonialismus und Klimazerstörung zu intensivieren.“
Neu sind derartige Anschläge derweil nicht. Am 8. Oktober des vergangenen Jahres waren in Berlin und in Herne in Nordrhein-Westfalen Kabel für den Zugfunk der Bahn beschädigt worden. Damals stand der Schienenverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands still. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Deutsche Bahn sprachen im Herbst 2022 von Sabotage. Ob es allerdings damals ein politisches Motiv gab, war zuletzt aber noch offen.