Hamburg. Leiterin eines Discounters soll mit Räuber gemeinsame Sache gemacht haben. Sie wurde angeblich bedroht, er handelte aus „Panik“.

Die Frau hatte ein Messer am Hals. Eine höchst bedrohliche, unter Umständen lebensgefährliche Situation. Ein Opfer in höchster Not. Doch die Filialleiterin eines Discounters, die an diesem Dezembertag überfallen wurde, soll in Wahrheit Teil eines abgekarteten Spiels gewesen sein. Nicht Opfer eines Raubüberfalls, sondern im Bunde mit den Tätern?

Angeblich war es ein fingiertes Verbrechen, das sich an jenem 19. Dezember 2020 in einer Supermarkt-Filiale an der Elbgaustraße ereignete. Wegen dieser Tat müssen sich seit Montag zwei Frauen und ein Mann im Prozess vor dem Landgericht verantworten. Die Anklage wirft dem 29-jährigen Frank N. (alle Namen geändert) und der ebenfalls 29 Jahre alten Filiallleiterin des Supermarkts, Franka T., schweren Raub vor. Eine weitere Frau ist wegen Beihilfe angeklagt.

Prozess Hamburg: Mann soll Supermarkt-Mitarbeiterin mit Messer bedroht haben

Laut Ermittlungen spielte sich die Tat so ab: Frank N. betritt kurz vor 21.30 Uhr die Discounter-Filiale und hält der stellvertretenden Filialleiterin, so wie sie es zuvor verabredet haben, ein Messer an den Hals. Damit hätten sie eine Geiselnahme simulieren wollen, so die Ermittlungen. Im Büro des Supermarktes treffen der angebliche Geiselnehmer und sein vermeintliches Opfer auf zwei weitere Angestellte, die Frank N. nun ebenfalls mit einem Messer bedroht.

Nun habe die Filialleiterin auf Weisung des Täters den Tresor des Supermarktes geöffnet und gut 10.000 Euro entnommen. Profitieren von dem fingierten Raub sollten den Ermittlungen zufolge nicht nur der Täter und die Frau, die plangemäß die Opferrolle eingenommen habe.

Angeblich sollte die Beute durch drei geteilt werden: jeweils ein Part für die mutmaßlichen Haupttäter und einer für die damalige Lebensgefährtin von Frank N. Diese 35-Jährige habe den Kontakt zwischen dem 29-Jährigen und der Filialleiterin hergestellt und die Tat maßgeblich mitgeplant, heißt es. Doch der Plan, an dem geraubten Geld alle Beteiligten partizipieren zu lassen, ging nicht auf. Frank N. soll alles allein verprasst haben.

Angeklagter: „Ich wollte niemanden verletzen“

Der 29-Jährige, der sich nach einer Öffentlichkeitsfahndung der Polizei gestellt hatte, legte zum Prozessauftakt ein Geständnis ab. Er räume den ihm vorgeworfenen Raub ein, ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger erklären. Allerdings habe es sich bei der Waffe nicht um ein gefährliches Werkzeug, sondern lediglich um ein Spielzeugmesser gehandelt. „Ich wollte niemanden verletzen. Widerstand war für mich nicht zu erwarten“, hieß es.

Die Tat begangen habe er, weil er als damals Drogenabhängiger Schulden bei seinem Dealer angehäuft und dieser ihn schließlich massiv unter Druck gesetzt habe, seine Schulden nebst Zinsen zu begleichen. „Er gab mir zwei Tage Zeit.“

Prozess Hamburg: Dealer habe gedroht, seinem Schuldner „die Finger abzuhacken“

Als es Frank N. nicht gelungen sei, das Geld zu beschaffen, „drohte er mir, mir nacheinander die Finger abzuhacken“. Daraufhin habe er „Panik“ bekommen und überlegt, wie er das verlangte Geld aufbringen könne. So sei die Idee entstanden, einen Raubüberfall zu fingieren. „Die Initiative ging von mir aus.“

Allerdings habe er sicherstellen wollen, dass „niemand zu Schaden kommt“. Insofern bedauere er es, neben den beiden eingeweihten beteiligten Frauen zwei weitere Supermarkt-Mitarbeiterinnen ebenfalls bedroht zu haben. Diese seien „von einem echten Überfall ausgegangen. Ich möchte sie um Verzeihung bitten.“ Der Prozess wird fortgesetzt.