Der Ernährungs-Doc Matthias Riedl erklärt, wie man eine Entzündung durch Ernährung behandeln kann.

  • Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl: Durch Ernährung Corona-Folgen in den Griff bekommen
  • Reparaturprozesse des Körpers gezielt und richtig unterstützen
  • Diese antientzündlichen Lebensmittel spielen für den Ernährungs-Doc die Hauptrolle

Hamburg. Corona ist aus den Schlagzeilen verschwunden, aber viele Menschen leiden noch an den Spätfolgen – am sogenannten Long Covid. Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl hat zu diesem Thema ein neues Buch geschrieben: „Die neue Power-Küche“. „Und zwar, weil die Covid-Betroffenen sehr stark leiden und die Medizin zuckt derzeit leider noch mit den Schultern“, sagt der Ernährungsmediziner in der neuen Podcast-Folge „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung“.

„Was wir haben, sind symptomatische Therapien. Das heißt, wenn jemand traurig oder depressiv ist, gibt es Antidepressiva. Wenn er Schmerzen hat, gibt es Schmerzmittel. Es gibt Krankengymnastik, wenn man Glück hat, vielleicht ein bisschen Psychotherapie. Sporttherapie wird eher selten angewandt. Wenn einer Luftnot hat, dann geht er zum Lungenfacharzt“, sagt Riedl. Das reiche nicht.

Ernährungs-Doc Riedl: Nach einer Infektion muss der Körper optimal mit Vitaminen versorgt werden

Es helfe dem Patienten, der sich schwach und nicht gut fühlt, nicht weiter, wenn der Kardiologe sagt: „Am Herzen liegt es nicht“; und der Lungenfacharzt sagt: „An der Lunge liegt es auch nicht. Warte mal ab, dass wird schon wieder.“

Aber der Körper müsse mit dem Entzündungszustand nach der Corona-Infektion fertig werden. „Es laufen Reparaturprozesse ab und hierbei kommt es darauf an, dass der Körper optimal mit Nährstoffen ausgestattet ist – und das geht natürlich über Ernährung. Wenn es um Kampf geht, um Reparatur, um Renovierung, dann muss der Körper sein Reservoir an Vitaminen und Spurenelementen optimal gefüllt haben“, so Riedl.

Ernährungs-Doc: Viele Menschen haben Mangel an Omega-3-Fettsäuren

In der Pandemie seien auf den Intensivstationen vor allem mangelernährte Menschen gestorben. „Wenn wir Long-Covid-Patienten haben, sehe ich vielfach einen Vitamin-Mangelzustand und einen Mangel an Omega-3-Fettsäuren“, sagt der Ernährungsmediziner, Internist und Diabetologe. Es gehe darum, den Körper damit optimal zu versorgen, „damit er jetzt seine Reparaturaufgaben nach Covid auch erfüllen kann – und wir haben mehrfach bewiesen, dass das funktioniert.“

Besonders vorerkrankte Menschen seien anfällig für Long Covid. „Wir müssen uns das so vorstellen, dass Long Covid dadurch entsteht, dass möglicherweise Viren persistieren – also im Körper verbleiben – und das System nerven. Und wenn das System in Arbeit ist – das kennt jeder Allergiker, wenn Heuschnupfensaison ist und die Schleimhäute anschwellen – dann fühlen sich die Allergiker nicht fit, weil das Immunsystem mit dieser blöden Allergie beschäftigt ist.“

Immunsystem muss schwer gegen Coronaviren kämpfen

Nach einer Corona-Infektion sei das Immunsystem des Betroffenen mit den restlichen Coronaviren beschäftigt. „Da gibt es also möglicherweise noch Scharmützel. Das ist genauso, wie wenn man die Räuberbande aus dem Wald noch nicht ganz beseitigt hat. Da wird also noch geschossen – und dafür braucht der Körper auch das richtige Material.“ Auch andere Viren, die im Körper schlummern, könnten die Situation nutzen und sich im geschwächten Körper reaktivieren.

Möglich sei auch, dass der Körper Antikörper gegen sich selbst aktiviert, die im Blut nachweisbar sind, sagt Riedl. „Das ist das Letzte, was wir brauchen – dass der Körper sich auch noch selber attackiert, ausgelöst durch die Corona-Infektion. Eine Autoimmunreaktion gegen uns selber kostet auch noch mal Kraft. Das können wir mit Ernährung verbessern. Das kennen wir bei Rheuma, das kennen wir bei Autoimmunerkrankungen. Und diese Maßnahmen, die setzen wir natürlich auch bei Long Covid ein. Wir arbeiten zum Beispiel mit antientzündlicher Ernährung.“

Ernährungs-Doc Riedl rät zu ballaststoffreichen Lebensmitteln

Dafür müsse man einen antientzündlichen Speiseplan aufzustellen, sagt der Ärztliche Direktor des Medicums Hamburg. Ein ganz wichtiges Element sei dabei eine ausreichende Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren, aber auch mit Ballaststoffen – mindestens 30 Gramm am Tag. „Das schaffen die meisten nicht, das schafft eigentlich fast keiner in Deutschland. Deshalb ist das eine ziemliche Aufgabe. Und es ist wichtig, dass wirklich pflanzlichbetont gegessen wird“, sagt Riedl.

Und er predigt: „Gemüse, Gemüse, Gemüse! Obst, Vollkornprodukte und gesundes Fett – gesunde Omega-3-Fettsäuren, wie wir sie auch in Nussöl haben, in Olivenöl, Rapsöl, Hanföl, aber auch in Fisch oder Algenöl.“ Das Essen müsse zudem darmfreundlich sein, weil im Darm 80 Prozent des Immunsystems sitzen.

Long Covid – Übergewicht und Untergewicht sind besonders gefährlich

Riedl rät Menschen, die Übergewicht haben, dieses zu reduzieren – und solchen, die Untergewicht haben, Muskulatur aufzubauen. Long-Covid-Betroffene sollten sich zudem auch fachliche Hilfe in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin suchen.

Sein neues Buch gebe gute Hinweise für eine abgestimmte Ernährung gegen Müdigkeitssyndrome, sagt der Mediziner, „aber wenn man damit nicht erfolgreich ist, bitte nicht lange warten und in eine Fachbetreuung gehen. Long Covid ist eine ernsthafte Einschränkung. Und da muss man sich professionell helfen lassen.“

Das neue Buch von Dr. Matthias Riedl heißt „Die neue Power-Küche“ (Edel Verlagsgruppe, 24,99 Euro, ab 8. Juli).
Das neue Buch von Dr. Matthias Riedl heißt „Die neue Power-Küche“ (Edel Verlagsgruppe, 24,99 Euro, ab 8. Juli). © Edel Verlagsgruppe | Edel Verlagsgruppe

Um mehr Ballaststoffe in den Speiseplan zu integrieren, seien ballaststoffreiche Nahrungsmittel wie beispielsweise Weizenkeime, Haferkleie, Hafer, Topinambur, Schwarzwurzel, Chicorée, Radicchio und Mandeln zu empfehlen. Gemüse enthalte ein bis zwei, manchmal drei Prozent Ballaststoffe, besonders ballaststoffreiche Lebensmittel wie Hafer oder Mandeln jedoch deutlich mehr. Und Riedl sagt: „Wichtig ist, dass man eine Ballaststoff-Monokultur vermeidet.“

Ernährungs-Doc beklagt: Mediterrane Ernährung reicht nicht

Das neue Buch erscheint Anfang Juli. „Ich hoffe auf eine weite Verbreitung, weil das Long-Covid-Syndrom derzeit in Deutschland nicht mit Ernährung behandelt wird. Das macht keiner.“ Er habe schon mit vielen Forschern gesprochen, die im Bereich Long Covid forschen, aber gezielte Ernährung nicht im Blick hätten. „Die sagen, die mediterrane Ernährung reiche ja. Bloß darunter versteht jeder etwas anderes. Da ist dann auch Pommes mit Gyros beim Griechen dabei.“

Es gebe kaum Lehrstühle, die sich damit fassen. „Das Ganze kommt aus der Praxis wie bei uns. Wir entwickeln solche Konzepte, aber in den Forschungsgruppen beschäftigt man sich damit zu wenig“, kritisiert der Ernährungs-Doc. Die Studienlage sei noch dünn, große Studien zur Wirkung der Ernährung bei Long Covid gebe es nicht, weil es auch die Krankheit noch nicht lange gebe, bekennt Riedl.

„Wer soll die bezahlen? Die Lebensmittelhersteller? Nein, machen die nicht, der Staat macht es auch nicht. Übliche Medizinstudien werden eben von Pharmafirmen bezahlt, die auch ein wirtschaftliches Interesse daran haben.“

Riedl empfiehlt antientzündliche Ernährung – nicht nur bei Long Covid

Es gebe nur kleine Studien mit antientzündlicher Ernährung. Diese habe keine Nebenwirkungen, „im Gegenteil, sie hat die positive Nebenwirkung, dass man sich besser damit fühlt.“ Das sei übrigens ein Effekt, den man bei der Behandlung von Long Covid nutze: „Ich hoffe, wir werden da noch mehr Studien kriegen, aber wollen wir so lange warten?“

Wer sich gut ernähre und dem Körper das gebe, was er wirklich braucht, der fühle sich fitter. „Manche sagen, ich fühle mich 20, 30 Jahre jünger. Diesen Effekt, den nutzen wir.

Rote-Bete-Salat mit Granatapfelkernen

Nährwerte pro Portion: ca. 320 kcal, 6 g EW, 17 g F, 30 g KH

Rote-Bete-Salat mit Granatapfelkernen aus dem Buch von Dr. Matthias Riedl „Die neue Power-Küche“.
Rote-Bete-Salat mit Granatapfelkernen aus dem Buch von Dr. Matthias Riedl „Die neue Power-Küche“. © Coco Lang für Edel Verlagsgruppe | Lang

Für 2 Personen, Zubereitung 20 Minuten
Zutaten:
400 g Rote Bete (vorgegart und ggf. vakuumiert), 2 Frühlingszwiebeln, 1 Knoblauchzehe, 20 g Walnusskerne, 20 g Rucola, 1 Bio-Zitrone, 1 TL Rapsöl, 1 EL Walnussöl, 1 TL Tahin (Sesampaste), 1 EL Ahornsirup, Salz, Pfeffer, 30 g Granatapfelkerne

Zubereitung:
1. Die Rote Bete (ggf. auf der Gemüsereibe) in etwa 1 cm dicke Scheiben schneiden (Achtung, sie färbt stark ab!) und in eine Salatschüssel geben. Die Frühlingszwiebeln putzen, waschen und schräg in etwa 2 cm große Stücke schneiden. Den Knoblauch schälen und fein würfeln. Die Walnüsse grob hacken. Den Rucola verlesen, waschen und trocken tupfen. Die Zitrone heiß waschen, abtrocknen und 1 TL Schale fein abreiben. Die Zitrone halbieren und 2 EL Saft auspressen.

2. Das Rapsöl in einer Pfanne erhitzen und Frühlingszwiebeln und Knoblauch darin etwa 3 Minuten andünsten, anschließend zur Roten Bete geben.

3. Für das Dressing Walnussöl, Tahin, Ahornsirup, Zitronenschale und -saft in einer kleinen Schüssel verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen. Das Dressing über den Rote-Bete-Mix träufeln, gut mischen und etwa fünf Minuten ziehen lassen.

4. Anschließend den Rote-Bete-Salat auf Tellern anrichten und mit Rucola, Nüssen und Granatapfelkernen garnieren.