Hamburg. In einem denkmalgeschützten Gebäude können mehr als 1000 Schüler auf dem zweiten Bildungsweg ihren Schulabschluss nachholen.
Es gibt nur wenige Schulen in Hamburg, die mit ihrer Nähe zu einer Luxusherberge werben können. Ab sofort gehört der am Freitag offiziell eröffnete Campus Zweiter Bildungsweg am Holzdamm dazu. In zentraler und verkehrsgünstiger Lage, direkt neben dem renommierten Hotel Atlantic, können erwachsene Schülerinnen und Schüler hier alle Schulabschlüsse nachholen, heißt es bei der Hamburger Schulbehörde. Eine Altersgrenze nach oben gebe es nicht.
Kurz vor der Eröffnungsveranstaltung sagte Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) in einem der mit digitalen Tafeln ausgestatteten Klassenzimmern: „Aus dem traditionellen Modell des Abendgymnasiums, das immer weniger nachgefragt wird, haben wir ein neues Schulzentrum entwickelt, in dem flexibel den ganzen Tag über gelernt werden kann.“ Interessant sei das Angebot auch für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte.
Schöner lernen direkt neben dem Hotel Atlantic
1084 erwachsene Schülerinnen und Schüler büffeln nun in den Räumen einer ehemaligen Mädchenschule. Dort können sie alle Schulabschlüsse nachholen. 91 Lehrkräfte stehen ihnen zur Seite. Nach Angaben von Jan Schneck, Vertretung der Geschäftsführung von Schulbau Hamburg, hat die Stadt sechs Millionen Euro investiert, um das denkmalgeschützte Gebäude auf einem Filetgrundstück mitten in der Stadt zu einem Campus für Erwachsenenbildung umzubauen. Senator Rabe spricht von dem „teuersten Standort“.
Der Häuserkomplex, 1873 gebaut und 1911 erweitert, wurde behutsam saniert und den neuesten Brandschutzbestimmungen angepasst. Mit der Folge, dass es keine Bilder an den strahlend weißen Wänden gibt. Für den Campus stehen 7000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Die 40 Unterrichts- und Fachräume entsprechen mit ihrer digitalen Ausstattung den gängigen Standards. Der Klassenraum für Kunst bietet mit großen Tischen genug Platz für eigene Kreativität.
Der neue Campus orientiert sich an den geänderten Anforderungen
Modernisiert wurde auch das Bistro, das die Schüler mit Speisen und Getränken versorgt. Am Wochenende steht ihnen ein Selbstlernzentrum zur Verfügung. Schulleiter Christian Sprang, der Mathematik und Physik unterrichtet, wenn es sein Amt ermöglicht, lobt den Campus für den zweiten Bildungsweg als „Quantensprung“. Er eröffne allen Beteiligten neue Perspektiven und trage so zu besseren Bildungschancen in Hamburg bei. „Ich freue mich sehr darauf, als Schulleitung diese positive Entwicklung an einem solch zentralen Ort weiter vorantreiben zu können.“
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Der Campus Zweiter Bildungsweg führt Lehrkräfte aus drei Institutionen der Erwachsenenbildung in Hamburg zusammen: die Abendschule Vor dem Holstentor, das Abendgymnasium mit Abendschule St. Georg und das Hansa-Kolleg.
Die bisherigen drei Schulen zielten vor allem darauf ab, dass Erwachsene in einem kompakten Schulgang nachträglich das Abitur erwerben können. Doch die Anforderungen haben sich geändert. Seit 2011 können Hamburgs Schülerinnen und Schüler an jeder weiterführenden Schule und zusätzlich im Rahmen einer Berufsausbildung an den Berufsschulen das Abitur und alle Schulabschlüsse erreichen. Umgekehrt wandern viele Erwachsene ohne Schulabschluss aus dem Ausland nach Hamburg ein.
Sie brauchen für ihre erfolgreiche berufliche Entwicklung alle Schulabschlüsse, vor allem auch einen guten Ersten oder Mittleren Schulabschluss (Haupt- oder Realschulabschluss), heißt es bei der Schulbehörde.
Soziale Lage vieler junger Menschen ist schwieriger geworden
Auch die soziale Lage vieler junger Menschen sei schwieriger geworden: Sprachprobleme, familiäre Probleme, finanzielle und soziale Probleme nehmen zu. Aufgrund dieser Entwicklung sank die Zahl der Schülerinnen und Schüler an den Schulen der Erwachsenenbildung stetig. Besuchten 2011 noch 1571 Schüler die drei Schulen, waren es zuletzt nur 1215. Zudem ist die Zahl der Schulabbrecher sehr hoch.
So erreichten weniger als 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur, rund die Hälfte scheiterte. Den ersten bzw. den mittleren Bildungsabschluss schafften nur knapp 60 Prozent der Schüler in den entsprechenden Bildungsgängen.
Interessenten steht nunmehr ein ganztägiges Unterrichtsangebot in der Zeit von 8.15 bis 21.40 Uhr bereit. Kurse können auch vormittags belegt oder in zeitlich frei wählbare Module gegliedert und damit flexibel an die individuelle Lebens- und Berufssituation angepasst werden. Amtsleiterin Susanne Danke verweist auf die Möglichkeit des neuen „Abitur Online“. 40 Prozent des Unterrichts werden auf diese Weise mit einem hohen Maß an Flexibilität gestaltet.
Wer an dem zweiten Bildungsweg interessiert ist, erhält eine intensive Beratung auf dem Campus. Weitere Informationen unter der Telefonnummer 040 428 848 101.