Hamburg. Der Streit um Hamburgs ersten Wolkenkratzer geht weiter. Die Gegner des Baus erhöhen den Druck auf die Stadt. Was sie fordern.

Gerade erst hat der Senat den Bebauungsplan für den Elbtower beschlossen, da erhöhen die Gegner des Prestigeprojekts den Druck auf die Stadt. Die sieben Thesen, die fünf Stadtplaner und Architekten gegen den Bau des 245 Meter hohen Wolkenkratzers an den Elbbrücken veröffentlich hatten, bekommen immer mehr Zuspruch. Inzwischen haben mehr als 50 Multiplikatoren das Papier unterzeichnet. Darin heißt es: „Wir, die Unterzeichner dieser Erklärung, machen uns Sorgen um unser hanseatisches Hamburg ... Der Entwurf des Elbtowers ist eine radikale Abkehr von jahrhundertelang ausgeübtem hanseatischen Lebensgefühl und Baukultur der Europäischen Stadt.“

Pandemie und Klimawandel aber erforderten eine Abkehr von der Ideologie des „Schneller, Höher, Weiter“, heißt es in dem Aufruf. Die Initiatoren um den Architekturkritiker und Stadtforscher Dirk Meyhöfer fordern ein Referendum über den Bau an den Elbbrücken. Zugleich äußert das Thesenpapier Kritik am Verfahren. „Hamburg hat einen Anspruch auf Mitbestimmung von Projekten dieser Größenordnung.“ Die Minimalforderung sei Transparenz der Planungs- und Bauprozesse. Diese sei hier nicht ausreichend gewährleistet.

HafenCity: Immer größerer Widerstand gegen den Bau des Elbtower

Wie berichtet, plant der Investor Signa Real Estate an den Elbbrücken den Baustart im letzten Quartal 2022 oder im ersten Quartal 2023. Die Fertigstellung ist für Ende 2025 oder Anfang 2026 geplant. Das Projekt stößt bei Mietern und Finanzierungspartnern laut Signa auf „große Nachfrage“. Mit der internationalen Hotelkette Nobu sowie der Hamburg Commercial Bank gibt es bereits zwei Ankermieter. „Zum Zeitpunkt der Übergabe des Grundstücks wird die erforderliche Vermietungsquote erfüllt und das Projekt durchfinanziert sein“, verspricht der Investor.

Mit einer Eingabe will einer der Unterzeichner des Thesenpapiers, der frühere EU-Beamte Peter Schönberger, erreichen, dass der Senat den Grundstückskaufvertrag für den Elbtower der Europäischen Kommission zur Prüfung vorgelegt. „EU-Recht schreibt dies zwingend vor, wenn eine staatliche Beihilfe gewährt werden soll“, heißt es in seiner Eingabe, die vom Eingabenausschuss der Bürgerschaft unter dem Geschäftszeichen 991/21 behandelt wird.

Elbtower-Grundstück: Es gab kein unabhängiges Wertgutachten

Schönberger kritisiert, dass das Elbtower-Grundstück für 122 Millionen Euro verkauft werden soll, obwohl laut Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Jörg Hamann (CDU) mit 131,93 Millionen und 135 Millionen Euro zwei höhere Angebote auf dem Tisch lagen. Die Vorlage in Brüssel sei auch im Interesse der Hamburger Steuerzahler zwingend notwendig, sagt Schönberger: „Nach Angaben der EU-Kommission kann eine Anmeldung in Brüssel nur unterbleiben, wenn ein Grundstück zu einem von unabhängigen Sachverständigen festgelegten Marktwert verkauft wird oder in einem allgemeinen und bedingungsfreien Bietverfahren der meistbietende Bieter den Zuschlag erhält.“ Im Fall des Elbtower-Grundstücks gab es seiner Ansicht nach weder ein unabhängiges Wertgutachten noch ein bedingungsfreies Bietverfahren.

Sollte die Eingabe Erfolg haben, dürfte sich das Projekt verzögern: Laut EU-Recht darf der Mitgliedstaat die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat.

Schönberger rechnet nicht mit Votum in seinem Sinn

Schönberger hofft, dass der Eingabenausschuss in seinem Sinn entscheidet. „Ich hoffe darauf, dass man sich eines Besseren besinnt“, sagte er. Die Regeln sehen vor, dass zunächst der Senat beziehungsweise die Stadtentwicklungsbehörde zu der Eingabe Stellung bezieht, bevor der Ausschuss entscheidet. Weil dessen Zusammensetzung die parlamentarischen Mehrheiten abbildet, rechnet Schönberger aber nicht unbedingt mit einem Votum in seinem Sinne. Die Antwort könne aber helfen, gegebenenfalls direkt an die EU-Kommission heranzutreten.

Die Hafencity Hamburg GmbH wollte sich zu der Eingabe nicht äußern, um einer Antwort der Stadtentwicklungsbehörde nicht vorzugreifen.