Hamburg. Wolf Biermann erzählt Schülern von seiner Zeit in der DDR. Auch eine Reise nach Russland ist geplant. Was hinter dem Projekt steckt.
„Ich bin in der zehnten Klasse sitzen geblieben, das muss aber unter uns bleiben“, erzählt Wolf Biermann, als er am gestrigen Mittwochvormittag in der Aula der katholischen Schule St. Paulus in Billstedt sitzt. In seiner Hand liegt eine Gitarre, sein rechter Fuß ruht auf dem Gitarrenkoffer neben seinem Stuhl. Vor ihm haben die Neuntklässler der Schule Platz genommen und lauschen gebannt seinen Worten.
Der 84-jährige Biermann ist Liedermacher und Lyriker. Sein Vater war Kommunist und Jude, wurde im KZ Auschwitz ermordet. Biermann ist hier, um davon zu erzählen und von seiner Jugend in Hamburg; von seiner Zeit in der DDR und warum seine Konzerte und Texte dort zwölf Jahre lang verboten wurden.
Biermann schreibt seit 1954 jeden Tag Tagebuch
„Meine Lieder wurden immer besser, immer kritischer“, erklärt Biermann. Aus diesem Grund sei seine Kunst untersagt und er nach einem Konzert in Köln ausgebürgert worden. Seine Erlebnisse schreibt Biermann seit 1954 jeden Tag in ein Tagebuch. Rund 220 Bücher haben er und seine Frau diesen Sommer der Staatsbibliothek direkt neben der Humboldt-Universität in Berlin übergeben, erzählt er.
Dort hat er früher studiert. „Wir wollen nicht, dass die Bücher iin de grabbel komen“, sagt er und fragt in die Aula hinein, ob heute überhaupt noch jemand Plattdeutsch spricht. Nur eine Schülerin meldet sich. Das Aufeinandertreffen zeigt, in welchen unterschiedlichen Welten jung und alt aufgewachsen sind. Aber auch, wie viel man gegenseitig voneinander lernen kann.
Schule in Hamburg: Auch Reise ist geplant
Hinter dem Projekt mit dem Namen #Orientierung stehen Pfarrer Felix Evers und Lehrerin Bettina Meinert. „Wir möchten mit den Schülerinnen und Schülern den Blick nach Osten richten und den Horizont erweitern“, sagt Meinert. Einige der Neuntklässler werden im Mai 2022, sofern es die pandemische Lage zulässt, mit Evers und ihr nach Sankt Petersburg reisen. Im Herbst nächsten Jahres treten die russischen Schüler dann die Reise nach Hamburg an. „Als Vorbereitung des Austausches haben wir Zeugen der Orientierung zu uns eingeladen, die den Schülern auch über den Osten berichten“, so Pfarrer Evers.
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Neben Wolf Biermann waren in den vergangenen zwei Jahren die mittlerweile verstorbene Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano und der russische Generalkonsul Andrei Sharashkin zu Gast in der Vor-, Grund- und Stadtteilschule in Billstedt. „Einige Schüler versuchen bereits, mir ein paar Wörter Russisch beizubringen“, so Meinert. Bisher verläuft der Kontakt zur russischen Schule in deutscher Sprache. Darauf hat die Partnerschule ihren Schwerpunkt gelegt.