Hamburg. Verkehrschaos zur Weihnachtszeit: Einzelhandelsverband beklagt Umsatzeinbrüche in der City. Behörde weist Vorwürfe zurück.

Der Jungfernstieg gehört zu den bedeutendsten Straßen Hamburgs. Ein Prachtboulevard, sagen viele. Doch derzeit sieht es dort gar nicht so prächtig aus. Provisorisch wurde die Straße, die zur autofreien Zone umgestaltet wird, fürs Weihnachtsgeschäft hergerichtet. Den Einzelhändlern stößt das sauer auf. Sie beklagen Umsatzeinbrüche.

Der Verband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Nord, kurz VMG, kritisiert in einer aktuellen Mitteilung den bisherigen Umbau scharf. "Das hilft wenigen und schadet vielen", sagt der Vorsitzende Volker Tschirch zum Umbau des Jungfernstiegs in eine autofreie Zone.

Jungfernstieg: Umbau und Verkehrschaos treffen Händler hart

Er verweist auf die ohnehin schwierige Situation der Händler. Ausgerechnet zur Weihnachtszeit, wo der Onlinehandel immer stärker wird und Corona die Unternehmen in Existenznöte bringt. Ausgerechnet jetzt trifft der Umbau und das Verkehrschaos rund um den Jungfernstieg die Händler besonders hart.

Denn laut dem Unternehmensverband läuft der Umbau gar nicht rund. Es fehle das versprochene Verkehrsleitsystem und vor allem eine Alternative zum Jungfernstieg. Die Autofahrer würden auf Nebenstraßen ausweichen. Die seien verstopft. Entnervt geben Kunden auf, gerade Besucher aus dem Umland würden abgeschreckt.

Händler klagten über ausbleibende Kundschaft, die Frequenzzahlen im Neuen Wall hätten sich halbiert. Der Verbandssprecher sagt: "Es kann nicht jeder aufs Fahrrad steigen. Die City muss auch mit dem Pkw gut erreichbar bleiben, sonst schrecken wir Kunden, besonders aus dem Umland, ab.“

Verkehrsbehörde verweist auf die Corona-Pandemie

Das lässt die Hamburger Verkehrsbehörde so nicht stehen. "Die Einbußen sind in erster Linie – wie in anderen Großstädten auch – ausschließlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen und nicht auf die vier autofreien Wochen am Jungfernstieg. Das lässt sich an den Zahlen ablesen", stellt Behördensprecher Dennis Krämer klar. Allerdings zeigt er Verständnis dafür, dass unter den dortigen Händlern aufgrund der Corona-Maßnahmen eine hohe Anspannung herrscht.

Strahlt über die Grenzen Hamburgs: Blick auf den Jungfernstieg vom Wasser aus.
Strahlt über die Grenzen Hamburgs: Blick auf den Jungfernstieg vom Wasser aus. © Jonas Walzberg/dpa

Verband gegen provisorische Pflanzenkübel auf dem Jungfernstieg

Traurig ist allerdings nicht nur die wirtschaftliche Situation vieler Einzelhändler, sondern auch das Bild, das der Jungfernstieg derzeit abgibt. Zwar wurde versucht, mit großen Pflanzenkübeln etwas Charme in die Mitte der Straße zu zaubern. Allerdings bleibt es beim Versuch. Von Bretterverschlag, liebloser Dekoration und "gewollt und nicht gekonnt" ist bei Besuchern und Händlern die Rede. "Beim Jungfernstieg handelt es sich um einen überregional bekannten Prachtboulevard, dem diese provisorische Lösung nicht gut steht", drückt es Tschirch vornehmer aus.

Er ist sich sicher, dass die Stadt eine bessere Lösung in Zusammenarbeit mit den Händlern vor Ort hinbekommen hätte. "Wir haben uns mit dem Senat für die Aufwertung der Innenstadt, insbesondere für Plätze und Wegeverbindungen zur HafenCity, viel vorgenommen. Auf Provisorien sollten wir dabei künftig verzichten. Internationale Architektur- und Gestaltungswettbewerbe sind in zentralen Lagen wie Jungfernstieg, Burchardplatz oder Mönckebergstraße unerlässlich", fordert der Verbandssprecher.

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Die Verkehrsbehörde verweist dagegen auf eine gute Zusammenarbeit unter anderem mit dem Citymanagement. "Wir waren und sind mit dem Citymanagement und den Anliegern vor Ort im engen Austausch. Es gab diverse Abstimmungsrunden im Vorwege", sagt Sprecher Dennis Krämer.

Zudem verweist er auf eine derzeit noch laufende Befragung, bei der sich jeder bei der Umgestaltung des Jungfernstieges einbringen könnte. Bis einschließlich 15. Mai kommenden Jahres läuft die Befragung noch.

Jungfernstieg: 75 Prozent weniger Autoverkehr als 2018

Im Oktober wurde das Startsignal für die Umgestaltung des Jungfernstiegs gegeben. Seither dürfen hier nur noch Radfahrer, Fußgänger, ÖPNV und Lieferverkehr unterwegs sein. In der Praxis sieht das anders aus. Wie Polizeikontrollen gezeigt haben, missachten viele Autofahrer das Fahrverbot. Im Frühjahr kommenden Jahres soll der Umbau weitergehen.

Aktuelle Zählungen auf dem Jungfernstieg haben ergeben, dass der Verkehr um rund 75 Prozent gegenüber Vergleichswerten aus 2018 abgenommen habe. Die Verkehrsbehörde sagt dazu: "Dies ist im Sinne der angestrebten deutlichen Reduzierung des Autoverkehrs in diesem Bereich."