Hamburg. Die autoarme Innenstadt gilt in Hamburg bislang nur auf dem Papier.
Es sind Termine, wie sie Politiker lieben: Die große Idee wird auf einmal mit einer praktischen Neuerung konkret. Für den grünen Verkehrssenator Anjes Tjarks war die Einweihung des weitgehend autofreien Jungfernstiegs zweifellos ein solcher Moment. Gut einen Monat später gibt es da nur ein Problem: Den Startschuss für die Mobilitätswende im Herzen der Stadt haben längst noch nicht alle Betroffenen gehört.
Die Autofahrer nutzen weiter fleißig den Jungfernstieg als Verbindungsstraße, allein 112-mal während einer halbstündigen Stichprobe des Abendblatts am Sonnabendnachmittag. Die frisch aufgestellten Pflanzenkübel auf dem Mittelstreifen sind für die Menschen am Steuer dabei höchstens irritierendes Beiwerk. Es ist ein kleines Lehrstück darüber, dass Neuerungen eben Zeit brauchen – aber auch darüber, wie wichtig Details in der Verkehrsplanung sind.
Verkehrsführung am Jungfernstieg verwirrt
Die Behörde hat hierbei nicht die beste Arbeit abgeliefert. Zwar weisen Schilder etwa bereits an der Esplanade auf die neue Verkehrsführung hin – sie muten aber wie der Hinweis auf eine temporäre Sperrung an. Abbiegestreifen und Ampel motivieren die weniger aufmerksamen Autofahrer dagegen noch dazu, wie bisher auf den Jungfernstieg abzubiegen. Plötzliche Wendemanöver zeigen, dass auch regeltreuen Autofahrern erst in letzter Sekunde das neue Verbot klar wird.
Von der Polizei heißt es, dass es wohl noch über Monate so weitergehen wird. Die Beamten werden weiter eng kontrollieren müssen, manche Autofahrer werden sich über die Verwirrung beschweren und damit nicht ganz Unrecht haben. Nicht besser macht das Wirrwarr, dass Markierungen und neues Straßenmobiliar nur eine (fast eine Million Euro teure) Übergangslösung sind.
Die gute Nachricht für den Verkehrssenator lautet: Das Konzept für die autoarme Innenstadt bleibt richtig, und es wird sich durchsetzen. Die Akzeptanz dafür hängt aber auch an einer klaren, durchdachten Umsetzung.