Hamburg. Die Vorbereitungen für den achtspurigen Ausbau der „Hochstraße Elbmarsch“ beginnen. Was Autofahrer wissen müssen.
Fünf Lamellenbrüche in einem Jahr, zu wenig Fahrspuren für täglich mehr als 100.000 Autos, stauanfälliges Nadelöhr für Pendler: Das sanierungsbedürftige A-7-Teilstück südlich des Elbtunnels ist für viele ein Ärgernis, wenn nicht gar ein Problemfall geworden. Bis 2025 soll die Strecke nun zur Dauerbaustelle werden. Die Vorbereitungen für den achtspurigen Ausbau beginnen schon dieses Jahr, Vorbote ist die nun angekündigte Vollsperrung des Elbtunnels im Februar.
Experten wie Christian Merl und Martin Steinkühler weigern sich allerdings, diesen Sanierungsfall problematisch zu nennen. Sie sprechen bei dem vier Kilometer langen, 1974 als Brückenkonstruktion angelegten Autobahnabschnitt erstens lieber von einer „herausfordernden Aufgabe“, zweitens fachmännisch von der „K 20“. Und je länger sie über die „K 20“ und ihre herausfordernde Sanierung reden, umso mehr geraten die Straßenbauexperten in der Hamburger Verkehrsbehörde ins Schwärmen. Ihr Zustand sei nicht so miserabel, wie anfangs befürchtet.
Christian Merl ist ein Österreicher, der seit 2017 in der Verkehrsbehörde die Baustellenkoordination der Autobahnen rund um Hamburg verantwortet. Martin Steinkühler arbeitet als Abteilungsleiter bei der Deges, die für den Bund große Autobahnprojekte abwickelt. Vielleicht kennt niemand den wahren Zustand der pannenträchtigen „Hochstraße Elbmarsch“ besser als diese beiden Männer, vielleicht kommen sie deshalb zu einer überraschend anderen Einschätzung als Laien.
Schwerlastverkehr nimmt deutlich zu
Von einer „Meisterleistung“ der damaligen Ingenieure ist da die Rede, von einem „nachhaltigen“ und „zukunftsweisenden“ Bauwerk, von guter „Substanz“ und einem Zustand, der im Grunde „tipptopp“ sei. In den vergangenen 50 Jahren habe die Autobahn jedenfalls „gut performt“ und sei so gebaut, dass man sie nun sogar um zwei Spuren verbreitern kann. Bei ihrer Inbetriebnahme habe eben nur niemand mit einem derart gewaltigen Verkehrswachstum rechnen können.
Gegenwärtig rattern in der Spitze bis zu 140.000 Fahrzeuge pro Tag über die markant klingenden Fugen der Brückenteile, davon ist jedes fünfte Fahrzeug ein Lkw. Der Bund geht bis 2030 von einer weiteren Zunahme des Schwerlastverkehrs um 39 Prozent aus. Die knapp 100 stählernen Lamellen auf der längsten Straßenbrücke Deutschlands waren dieser Belastung nicht mehr gewachsen, gaben zuletzt häufiger nach und führten beim Austausch zu staubelasteten Teilsperrungen.
Deshalb wird die K 20 sowie ihre Rampe aus dem Elbtunnel, die K 30, vom kommenden Jahr an nicht nur für insgesamt etwa 335 Millionen Euro achtspurig ausgebaut. Auch alle Lamellen, Opfer der „Ermüdungsproblematik“, werden dabei ausgetauscht. Das ganze Projekt, bei dem die zusätzlichen Fahrspuren quasi an die Innenseiten der Brücke „geklebt“ werden sollen, bedarf an dieser Stelle einer aufwendigen Vorbereitung. Denn um den Verkehr nicht zum Erliegen zu bringen, muss zunächst eine ausgeklügelte Behelfskonstruktion hinter dem Elbtunnel installiert werden.
Erst muss ein Ersatzdamm gebaut werden
Merl und Steinkühler selbst sprechen von einer „Megabaustelle“, die in fünf Abschnitten angegangen werde. Allein die Vorbereitung nehme bis Ende des Jahres in Anspruch, von April an gibt es Baustellenverkehr, von 2020 bis 2025 dauere der eigentliche Ausbau inklusive der neuen „Volllamellen“.
Damit Hafen und Elbtunnel während der Bauarbeiten in jede Richtung jeweils auf drei Spuren erreicht werden können, muss aber zunächst ein Ersatzdamm für die 400 Meter lange Rampe (K 30), die aus dem Tunnel führt, gebaut werden. Danach wird die bisher auf Stützen gelagerte alte Rampe abgerissen und durch einen massiven, aufgeschütteten Neubau ersetzt.
Gearbeitet wird in 20 bis 30 Meter Höhe
Die Verbreiterung der A 7 wiederum gelinge nur, indem eine Behelfsbrücke, eine sogenannte Mittelstreifenüberfahrt, die derzeit noch bestehende Lücke zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen schließt. Damit könne während der Arbeiten der gesamte Verkehr auf eine Seite verlagert werden – aus drei Spuren werden sechs.
Das Anbringen der neuen Spuren an den bisherigen Fahrbahnen sei zwar von den damaligen Ingenieuren mitgedacht worden. Es bleibe aber eine Herausforderung, denn es wird in 20 bis 30 Meter Höhe gearbeitet, Stützen müssen in den weichen Boden getrieben werden, und der Beton härtet bei laufendem Verkehr aus. „Das haben wir aber an einer Pilotstelle getestet“, sagt Merl. „Es wird funktionieren.“