Hamburg . Der kanadische Regierungschef Trudeau nimmt an dem Gastmahl im Rathaus teil. Olaf Scholz betont in Rede Freundschaft zu Kanada.
Prominenter Besuch in der Hansestadt: Am Freitagabend nimmt Kanadas Premierminister Justin Trudeau, 45, als ausländischer Ehrengast am Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus teil. Das Matthiae-Mahl wird seit 1356 veranstaltet und ist damit nach Angaben des Hamburger Senats das älteste noch gefeierte Gastmahl der Welt. In diesem Jahr berichten rund 90 Journalisten über die Veranstaltung.
Die Tafeln für das festliche Abendessen, bei dem die Gäste sehr eng nebeneinander sitzen, werden nahezu komplett mit dem historischen Senatssilber geschmückt. Mehr als 100 Kellner bewirten die Gäste mit einem Mehrgänge-Menü, das stets von einem Hamburger Spitzenkoch vorbereitet und in der Rathausküche nur noch aufgewärmt wird. Bis eine halbe Stunde vor Beginn des Mahls wird die Speisenfolge wie ein Staatsgeheimnis gehütet.
Doch nun ist es gelüftet: Die Gäste werden in diesem Jahr von Thomas Heß vom Hotel Park Hyatt bekocht. Wie üblich gibt es ein Vier-Gänge-Menü, das nach Senatsangaben von 125 Kellnern im Großen Festsaal serviert wird. Auf den Tisch kommen Speisen, die gut zu einer norddeutsch-atlantischen Begegnung passen:
1. Gang: Leichter geräucherter Butterfisch, Akazien-Karotten-Creme, Gurke, Nüsse, Gartenkresse
2. Gang: Weiße Tomatencremesuppe, Kaisergranat-Teigtasche
3. Gang: Schleswig-Holsteiner Rinderfilet, knusprige Senf-Kräuter-Kruste, geröstete Kerbelknolle, ofengebackene gelbe Bete, Pilz-Kräuter-Buchtel, Rotweinjus
4. Gang: Valrhona-Schokoladen-Riegel, Vanillecreme & -sorbet, süßer Sand, Macaron
Dazu wird Wein gereicht, ein 2016 Weißburgunder Reichsgraf von Kesselstatt von der Mosel sowie ein Cabernet Sauvignon, Hensel & Gretel, Jahrgang 2012, vom Pfälzer Weingut Thomas Hensel und Markus Schneider. Im Anschluss gibt es Mokka oder Tee und Petits Fours.
Scholz betont Freundschaft zu Kanada und stichelt gegen Trump
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz hat in seiner Rede beim Matthiae-Mahl die Freundschaft zu Kanada betont. „Kanada ist ein vertrauensvoller transatlantischer Partner, dessen Vorstellung von einer freiheitlichen und toleranten Gesellschaft wir uneingeschränkt teilen“, sagte Scholz. „Für viele Männer und Frauen auf der ganzen Welt sind Kanada und Deutschland heute Länder der Hoffnung.“
Der Bürgermeister bekannte sich zum Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada und nannte das Land ein Vorbild für die liberalen und sozialen Kräfte auf der ganzen Welt. Für den US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump hatte Scholz einen Seitenhieb parat, ohne ihn namentlich zu erwähnen: „Einmal im Jahr erinnert uns die Tradition des Gastmahls daran, dass vernünftige internationale Politik nicht darin besteht, die eigene Nation „first" zu setzen, sondern auch Freundschaftspflege ist.“
Sigmar Gabriel: "Ökonomisch verschieben sich die Gewichte"
Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel nahm indirekt Bezug auf die Entwicklung in den USA. Deutschland und Kanada hätten eines gemeinsam: „Wir knien eben nicht vor anderen Mächten der Welt. Aber wir reichen ihnen auch immer wieder Hand zu erneuter Partnerschaft und Freundschaft.“
Man sei Zeitzeuge einer Neuvermessung der Welt, sagte Gabriel weiter. Europa werde kleiner, Afrika, Asien und Amerika hingegen würden wachsen. „Ökonomisch verschieben sich die Gewichte.“ Zugleich seien autoritäre Antworten auf dem Vormarsch, fügte der Außenminister hinzu. Wenn es den liberalen Kräfte in der Welt nicht gelinge, die Globalisierung unter Gleichgesinnten zu gestalten, „dann werden andere das Ruder übernehmen“. Kanada und Deutschland stünden bei dieser Aufgabe Seite an Seite, sagte Gabriel mit Blick auf das Freihandelsabkommen CETA, das vor wenigen Tagen im Europäischen Parlament die Zustimmung erhalten hatte.
Gabriel räumte ein, dass die Globalisierung nicht nur Gewinner und Erfolge gezeitigt habe. Natürlich gebe es auch Verlierer. „Das zu sagen, darf uns nicht dazu verleiten, sich abzuwenden von der Welt und erneut Mauern zu bauen und Schutzzölle zu verlangen.“ Vielmehr müsse das Ziel darin bestehen, faire und freie Abkommen schließen. Dass man sich habe über CETA einigen können, sei auch ein Erfolg von Kanadas Premierminister Justin Trudeau, sagte Gabriel, der als ehemaliger Bundeswirtschaftsminister intensive Nachverhandlungen mit der kanadischen Regierung geführt hatte. Es sei gelungen, in Zeiten, in denen andere Mauern hochziehen wollten, Mauern zu verringern und aufeinander zuzugehen.
Hamburg stehe für Weltoffenheit und für ein gelingendes Zusammenleben von Menschen aus aller Herren Länder. Zugleich sei Hamburg nicht nur eine Stadt in Deutschland, sondern eine besondere Stadt, die bewusst ihre Tradition lebe, daraus Selbstbewusstsein und Optimismus für die Gestaltung der eigenen Zukunft schöpfe.
Hamburg setzt außenpolitisches Zeichen
Neben Bürgermeister Olaf Scholz und Außenminister Sigmar Gabriel (beide SPD) wird auch der kanadische Premierminister im Anschluss vor 400 Vertretern von Politik, Wirtschaft und Kultur eine Rede im Festsaal halten. Wie der Hamburger Senat mitteilte, werde Ehrengast Trudeau nach der Hauptspeise reden.
Mit der Einladung an Trudeau setzt Hamburg auch außenpolitisch ein Zeichen - vor dem Besuch von US-Präsident Donald Trump beim G20-Gipfel am 7. und 8. Juli in der Hansestadt. Der kanadische Regierungschef hatte nach dem von Trump verhängten Einreisestopp demonstrativ Flüchtlinge in seinem Land willkommen geheißen.
Trudeau trägt sich in das Goldene Buch ein
Der kanadische Regierungschef war am Freitagnachmittag in Hamburg eingetroffen und hatte sich zunächst in das 5-Sterne-Luxus-Hotel Park Hyatt an der Bugenhagenstraße zurückgezogen. Um kurz vor 19 Uhr traf Trudeau dann im Rathaus ein und wurde dort von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz begrüßt. Beide tauschten ein paar nette Worte aus und stellten sich dann für das Bild vor die Fahnen. Danach zogen sie sich rasch zurück. Vor dem Essen trug sich Trudeau in das Goldene Buch der Stadt ein.
Die neue kanadische Außenministerin Chrystia Freeland und Freelands Nachfolger als Handelsminister, François-Philippe Champagne, sowie die Botschafterin Gervais-Vidricaire begleiten Trudeau bei seiner Reise. Am Sonnabendmorgen geht es zurück nach Kanada.
Justin Trudeau zu Gast in Hamburg
Die Deutschlandreise des „Kennedy Kanadas“, wie Trudeau wegen seines guten Aussehens auch genannt wird, hatte bereits am Donnerstag begonnen. Zuvor hatte er bereits am Montag den neuen US-Präsidenten Donald Trump im Weißen Haus besucht. Am Donnerstagnachmittag traf Justin Trudeau in Berlin zunächst mit Bundespräsident Joachim Gauck im Schloss Bellevue zusammen. Am Freitagmittag sprach der Premier bei seinem Antrittsbesuch mit Kanzlerin Angela Merkel über „Außenpolitik und Handelsprioritäten für Kanada und Deutschland“. Am Abend zuvor hatte es schon ein gemeinsames Abendessen gegeben.