Hamburg. Beim ersten Familientag gab es auf allen Ebenen viel zu entdecken. Intendant verspricht “Workshops am laufenden Band“.
Wenn ein Dreijähriger bei voller Big-Band-Lautstärke seelenruhig einschlafen kann – spricht das dann gegen die Qualität der Musik? Ganz im Gegenteil: Es beweist höchstens, wie wohl sich auch die Kinder, die den Großen Saal der Elbphilharmonie beim Familientag am Sonntag das erste Mal für sich entdecken durften, hier fühlen. Keinerlei Berührungsängste, keine Scheu, nirgends, weder zum Gebäude („Paul, was ist deine Lieblingswand? Meine ist die huckelige Holzwand im Kleinen Saal!“) noch zur Musik.
Das Aufsichtspersonal bleibt gelassen
Lustige Blechbläserkobolde zum Beispiel – fünf Bläser von Brass in the Five und der Pantomime Csaba Méhes – laden zum klingenden Zwergen-Ausflug in den Kleinen Saal, ein Programm, das in null Komma nichts so beliebt ist, dass Väter, Mütter, Großeltern und Kinder dafür anstehen. Rein darf man nur noch, wenn jemand rauskommt. Raus will aber keiner, weil’s drinnen so toll ist.
Macht aber nichts, denn im Foyer des Kleinen Saals gibt es auch ohne Zwerge mit Tuba und Horn reichlich zu entdecken: Der Künstler Ferdinand Försch, dessen fantasievolle Klangskulpturen dort zum Streichen und Schlagwerkeln fröhlich benutzt werden (denn so ist es gedacht), wird zwischenzeitlich ein bisschen nervös, dass die hemmungslosen Trommelknirpse womöglich etwas zu ausgelassen auf den Installationen experimentieren. In diesem Foyer klärt sich übrigens auch die Frage nach der Lieblingswand von Paul (3) aus Ottensen und Mina (4) aus Eimsbüttel – eindeutig die schräge weiße Rückwand hinter den Holzbänken: „Rutschen, Mina, guck mal!“ Mütter pflücken kichernden Nachwuchs von den zweckentfremdeten „Rutschen“, das Aufsichtspersonal bleibt gelassen.
Intendant verspricht "Workshops am laufenden Band"
Überhaupt ist Gelassenheit auf allen Ebenen zu beobachten. Die Hamburger Familien, deren Eintritt für diesen Familientag komplett die Haspa Musik Stiftung spendierte (grüne und blaue Kinder-Rucksäcke gab es obendrauf), nehmen die Elbphilharmonie mit einer Selbstverständlichkeit in Beschlag, als gehörte sie mindestens seit Monaten zum ganz natürlichen Sonntagsausflugsziel.
Die zur Vorgeschichte des Baus gehörende Kostenexplosion findet ihren Weg sogar in ein eigens gedichtetes Kinderlied: „Rechnen können Große nie, siehe Elbphilharmonie ...“ Eltern-Gelächter im Saal, wo wenig später einmütig eine coole Variante von „An de Eck steit’n Jung mit’n Tüdelband“ und „Bruder Jakob“ im Kanon zur Begleitung der NDR Big Band geschmettert wird. Die Workshops in den Kaistudios sind schnell ausgebucht, Intendant Christoph Lieben-Seutter kündigt für alle Enttäuschten „ab sofort Hunderte von Workshops am laufenden Band“ an.
Bliebe ein Wunsch frei, dann der, dass das Publikum nicht gar so homogen winterhudig-elbvorortig-eimsbüttelig bleiben möge wie an diesem Familientag – der zudem hoffentlich nicht der letzte seiner Art gewesen ist.
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