Hamburg. Mit dem Umbau des Gänsemarktes wurde der Sockel jetzt wieder in die Mitte des Platzes gerückt. Dort soll neuer Treffpunkt entstehen.
Noch fehlt die Hauptfigur – doch der Sockel des alten Lessing-Denkmals auf dem Gänsemarkt steht bereits wieder auf seinem historischen Standort mitten auf dem Platz. Kommenden Donnerstag soll dann per Kran auch die gut 2,20 Meter hohe Bronzefigur des Dichters darauf installiert werden, der von 1767 bis 1770 in Hamburg lebte und Dramaturg am damals neuen Nationaltheater war. Eben hier direkt am Gänsemarkt, ungefähr dort, wo heute die Gänsemarkt-Passage steht.
Am Freitag wurde jedoch von Vertretern des Denkmalschutzamtes und der beteiligten Baufirmen zunächst eine Kapsel mit Zeitdokumenten in dem Sockel versenkt. Baupläne sind dabei, ein Schriftstück der Behörde und gleich zwei Exemplare des Hamburger Abendblatts. Eines mit dem Datum vom Freitag und eines mit dem Datum 10. Oktober 1985.
Denkmal wurde 1881 erstmals aufgestellt
Es ist eben nicht die erste sogenannte Zeitkapsel, die hier zum Einsatz kommt: 100 Jahre nach dem Tod Lessing wurde das Denkmal 1881 mitten auf dem Gänsemarkt feierlich eingeweiht. Es zeigt den Dichter sitzend, leicht lächelnd und mit Blick auf "sein" Theater. Damals gab es schon eine Kapsel, seinerzeit noch mit einer ganzen Reihe von Hamburger Zeitungen.
Im Krieg wurde Lessing durch eine Fliegerbombe regelrecht vom Sockel gestürzt. Um die wertvolle Bronze-Statue zu schützen, vergrub man sie auf dem Heiligengeistfeld.
Zeitkapsel enthüllt, was Hamburg 1985 bewegte
1955 dann wurde das alte Denkmal auf dem Gänsemarkt wieder aufgebaut – aber 30 Jahre später auch schon wieder abmontiert. Seinerzeit wurde der als Parkplatz genutzte Gänsemarkt umgestaltet. Um Raum für Veranstaltungen zu schaffen, versetzten die Planer das Denkmal einfach in eine Ecke. "Da war man noch nicht so sensibel mit solchen Sachen", sagt Christoph Schwarzkopf vom Hamburger Denkmalschutzamt.
Die Chance der Denkmalschützer kam aber nun bei der neuen Umgestaltung des Gänsemarktes: Im Zuge eines so genannten BIDs (Business Improvement District) investieren die Grundeigentümer dort 2,1 Millionen Euro. Unter anderem in neues Pflaster. Und auch das Lessing-Denkmal wird jetzt wieder seinen alten Platz bekommen: In der Mitte und mit einer großen Granit-Sitzbank drumherum als zentraler Treffpunkt. Heute hat so ein zeitgeschichtliches Denkmal offenbar mehr Bedeutung als noch vor 30 Jahren. Die Themen, über in Hamburg gesprochen werden, aber haben sich nicht sehr geändert: "HSV-Spieler wollen über ihre Probleme reden", stand beispielsweise über einem Titelartikel der Abendblattausgabe vom 10. Oktober 1985.