Hamburg. Seit den 50er Jahren zerschneidet die frühere Ost-West-Straße die Stadt. Grundstücksverkäufe sollen unterirdischen Verlauf finanzieren.

Die Handelskammer Hamburg hat jetzt den spektakulären Vorschlag zum unterirdischen Verlauf der Willy-Brandt-Straße vorgelegt. Der rund 2,5 Kilometer lange Straßenzug war nach dem Krieg als Ost-West-Straße quer durch die kriegszertörte Innenstadt Hamburgs angelegt worden.

Heute trennt sie nicht nur die frühere Altstadt, sondern die täglich von rund 60.000 Fahrzeugen befahrene und mehrspurige Straße gilt auch als störende Schneise zwischen der Innnenstadt und der neuen HafenCity. Mit ihrem Vorschlag für ein neues "Leitprojekt " soll diese Trennung nun überwunden werden, fordert die Kammer und stellte heute auch gleichzeitig vor, wie man einen solchen gigantischen Tunnel finanzieren könnte.

416 Millionen könnte Grundstücksverkauf bringen

Nach ersten Berechnungen würden durch eine unterirdische Verlegung der Straße 23.000 Quadratmeter neue Baugrundstücke in bester Citylage entstehen. Die Rechnung der Kammer: Rund 416 Millionen Euro könnte Hamburg mit dem Verkauf dieser Flächen einnehmen. Ein solcher Tunnel würde indes etwa 492 Millionen Euro kosten. Die Beispielsrechnung bezieht die Kammer auf ein ähnliches Projekt in München. "Die Untertunnelung wäre unter Einbeziehung anliegender städtischer Grundstücke also fast vollständig refinanzierbar", sagte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz, der nun den Senat aufforderte, für ein solches Projekt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben.

Konkret schlägt die Vertretung der Hamburger Wirtschaft vor, die Straße zwischen Deichtorplatz und Rödingsmarkt in einen Tunnel zu verlegen. Vier der heute sechs Fahrspuren sollten unterirdisch verlaufen, zwei Fahrspuren sollten als oberirdische Erschließungsstraßen auf der Tunneldecke angelegt werden. Einkaufs-, Freizeit- und Kulturangebote in HafenCity und Innenstadt könnten so miteinander verknüpft werden, sagte Schmidt-Trenz.

Sorge vor zu Konkurrenz in der HafenCity

Hinter dem Vorschlag der Kammer stecken handfeste Sorgen der Geschäftsleute in der Innenstadt. Denn mit dem neuen Überseequartier in der HafenCity entstehen in den nächsten Jahren etliche Quadratmeter neue Einkaufsfläche - also eine starke Konkurrenz.

Aber auch aus Kreisen von Stadtplanern und Anwohnern waren in jüngster Zeit immer wieder Stimmen laut geworden, die Trennung durch die Straße zu überwinden. Erst vor einem Monat hatte eine Initiative um die Katharinen-Kirchengemeinde eine symbolische Straßensperrung organisiert. "Damit die Stadt wieder zusammenwächst", so lautete das Motto der viel beachteten Aktion.

Als beispielhaft gelten für einen solchen Tunnel die Rheinufertunnel in Köln und Düsseldorf. Oder auch der "Big Dig" (großer Graben) in Boston. Dort wurde von 1991 an die seinerzeit meist befahrene Stadtautobahn in einen Tunnel verlegt, um die Stadt wieder zu Wasserseite zu öffnen.

Im jüngst verabschiedeten Innenstadtkonzept der Stadt wird die trennende Wirkung der Straße ebenfalls erwähnt. Eine Untertunnel sei aber nicht finanzierbar, befanden die Planer der Stadtentwicklungsbehörde.

Parallel zu einer Untertunnel schlägt die Kammer unterdessen noch weitere Maßnahmen vor, um die Hamburger Innenstadt attraktiver zu machen: So zum Beispiel freies WLAN, Außengastronomie beim Hauptbahnhof am Glockengießerwall oder auch mehr Wege für Fußgänger.

Erste positive Reaktionen von der CDU

Aus der Hamburger Politik kommen unterdessen erste positive Reaktionen auf den Kammervorschlag. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Dennis Thering, sprach von einem "Meilenstein für Mobilität und Stadtentwicklung". Durch einen Tunnel könnte die "unerträgliche Stau-Situation" in der Innenstadt verbessert werden. Zudem bekäme Hamburg damit wieder ein geschlossenes Zentrum. Im Übrigen habe die CDU bereits 1990 einen solchen Tunnel vorgeschlagen, so Thering.