Hamburg. Wo täglich 60.000 Autos entlang fahren, feierten mitten in der Nacht 250 Aktive auf dem Asphalt. Altstadt soll wieder zusammenwachsen.

Auf der Willy-Brandt-Straße ging am Sonnabend nichts mehr: Rund 250 Menschen besetzten mit behördlicher Genehmigung zwischen 20.30 und 21 Uhr die sonst stark frequentierte Trasse. Es sollte im Rahmen der Nacht der Kirchen eine symbolische Aktion werden, zu der St. Katharinen-Pastor Frank Engelbrecht aufgerufen hatte. "Wie geil ist das denn ", rief eine Passantin, die spontan an dieser Aktion teilnahm und mit einem Bierglas in der Hand auf dem Straßenasphalt tanzte.

"Diese Straße zerschneidet die Altstadt"

Eine halbe Stunde lang nutzten die Akteure, um den verkehrsfreien Raum zu betreten und ausgelassen zu feiern. Erst boten die Street Dancer "The Fantastix" eine Performance, dann meldete sich Pastor Engelbrecht zu Wort. Diese Straße zerschneide die historische Altstadt, sagte er. "Jetzt ist aber die Zeit gekommen, die Stadt wieder zusammenzuführen. Unser Ziel ist es, dass die Lebendigkeit, der Frieden und die Güte, für welche die Kirchen stehen, sich ausweiten in den öffentlichen Raum."

"Ein beeindruckender Abend, der Mut macht zu mehr"

Nach einer halben Stunde löste sich die Aktion auf. Und der Autoverkehr begann wieder zu rollen. Am Sonntag zeigte sich Frank Engelbrecht sehr zufrieden mit dem Verlauf dieser Initiative. "Es war ein wundervoller und beeindruckender Abend, der Mut macht zu mehr", sagte er dem Abendblatt. "Und vielleicht hat es noch einen tieferen Sinn, dass dieser Abschnitt der Straße inzwischen nicht mehr Ost-West-Straße, sondern Willy-Brandt-Straße heißt", fügte er hinzu. Schließlich werde man an die Worte von Willy Brandt nach dem Mauerfall erinnert: "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört!" Diese Erinnerung, so Engelbrecht, nähre die Hoffnung, dass die Zeit reif dafür sei, diese Wunde in der Stadt zu heilen.

Die in den 1950er-Jahren geschlagene, 2,5 Kilometer lange Schneise durch die Innenstadt schleust täglich 60.000 Autos durch die Stadt und verhindert das heute wieder erwünschte Zusammenwachsen von südlicher und nördlicher Neustadt, von City und HafenCity.