Hamburg . Seit Jahrzehnten sind die Wallananlagen getrennt. Das könnte sich bald ändern. Die Projektkosten sind allerdings hoch.
Wenn alles gut geht, dann wächst am Millerntor wieder zusammen, was einmal zusammengehörte: der Alte Elbpark und Planten un Blomen. Mit einem spektakulären Brückenschlag über den Millerntordamm wollen Landschaftsarchitekten die ursprünglich zusammenhängenden Wallanlagen verbinden. Die geplante Fußgängerbrücke soll vom Bismarck-Denkmal in einer weiten Linkskurve zur Millerntorwache führen, dem klassizistischen kleinen Zollhäuschen am Eingang von Planten un Blomen. Außer der Brücke sieht das Konzept des Landschaftsarchitekturbüros Muhs in Kiel auch eine Sanierung und neue Akzente im Alten Elbpark vor.
Wie berichtet, sollen das rund 4,2 Hektar große Areal des Alten Elbparks und das Bismarck-Denkmal in den kommenden Jahren für rund 13 Millionen Euro umfassend saniert werden. Die Hälfte der Kosten übernimmt der Bund. Ziel ist, dass Park und Denkmal „wieder ein Ensemble ergeben“, sagte der damalige Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD). Wie, das erörterte eine Bürgerbeteiligung mit Anwohnern aus Neustadt und St. Pauli bei Begehungen und Workshops. Im Juni 2015 votierte eine klare Mehrheit für das Konzept aus Kiel, auch die Fachbehörden des Bezirks Mitte zeigten sich davon angetan.
Den historischen Bezug wiederherstellen
„Der breit ausgebaute Millerntordamm zerschneidet die Wallanlagen und stellt eine erhebliche Barriere dar“, erläuterte Holger Muhs das Konzept seines Büros. Er hat sich historische Karten der Wallanlagen angesehen: Die „besondere topografische Situation“ des Alten Elbparks erinnere heute noch an die Befestigungsanlagen mit Wällen und Bastionen. Die Bastion Casparus befand sich an der Stelle des heutigen Bismarck-Denkmals, die Bastion Henrikus am Ort des Hamburgsmuseums, bevor sie nach den napoleonischen Kriegen zwischen 1820 und 1837 in Grünanlagen umgewandelt wurden. Mit der Brücke will Muhs den historischen Bezug zwischen beiden aufnehmen.
„Wir haben fünf verschiedene Brückenvarianten geprüft und favorisieren eine Lösung, die sehr filigran wirkt“, sagt Gerd Baum, Leiter des Fachamts „Management des öffentlichen Raums“. Die etwa 240 Meter lange Brücke ruht dabei auf nur zwei Stützen rechts und links der Fahrbahnen. „Dieses Modell hat den Vorteil, dass man im Mittelbereich des Millerntordamms keine Stütze braucht. Dafür ist die Oberkonstruktion ein bisschen aufwendiger mit Querverstrebungen, um die Stabilität zu gewährleisten.“
Das Besondere: Die Brücke wird von nur einem Seil getragen, das in vier Metern Höhe an den Trägern befestigt ist. Die schrägen Querverstrebungen aus Stahl auf nur einer Brückenseite dienen der Statik. „Dadurch wird die Brücke einseitig so unter Spannung gehalten, dass sie sich im Bogen frei schwebend trägt“, sagt Friedo Hauff vom MR. Diese Konstruktion des Stuttgarter Ingenieursbüros Schlaich Bergermann Partner (SBP) wurde unter anderem schon bei der Expo 2000 in Hannover und in Paris umgesetzt.
Fußgänger können unterhalb des Bismarck-Denkmals losgehen und auf gleichbleibender Wegehöhe – rund viereinhalb Meter über dem Straßenniveau – den Millerntordamm überqueren. Auf der anderen Seite führt die Brücke mit einem etwa sechsprozentigen Gefälle zur Millerntorwache. „Das Charmante dieser Variante ist, dass man gleich an der Millerntorkreuzung anlangt“, sagt Baum. „Die Brücke schwingt quasi nach Planten un Blomen hinein.“
Allerdings liegt in dieser Streckenführung auch die Krux: Die Brücke würde nach Muhs’ Plänen über den fontänenbestückten Wasserbecken von Planten un Blomen schweben. Und die sind – wie die gesamte Anlage – als Gartendenkmal geschützt. „Darüber gibt es zurzeit eine intensive Diskussion mit dem Denkmalschutzamt“, so Baum. Die Denkmalschützer wollen, dass die Brücke außerhalb Planten un Blomens am Zollhaus, aber vor den Wasserbecken endet. Eine alternative Brückenführung zum Hamburgmuseum habe man geprüft, aber mit Blick auf die Hauptfußgängerströme verworfen.
Bis zu fünf Millionen Euro Baukosten
Natürlich guckt der Bezirk auch auf die Kosten: Rund 5000 Euro pro Quadratmeter würde die Realisierung der Brücke kosten, bei 240 Metern Länge und etwa drei Metern Breite sei von 3,6 bis fünf Millionen Euro auszugehen.
Ein solcher Brückenschlag war schon einmal in der Diskussion: „Bei der Internationalen Gartenbauausstellung 1973. „Damals wollte man auch durch eine Brücke über die Millerntorkreuzung eine Verbindung zum Alten Elbpark schaffen. Die wurde aus Kostengründen gestrichen“, sagt Heino Grunert, Gartendenkmalpfleger der Stadtentwicklungsbehörde. „Der Plan wurde für die IGA 1983 wieder aufgegriffen, die dann aber nicht gekommen ist.“
Zum Muhs-Konzept gehört, die Brücke abends mit LEDs durchgehend zu illuminieren. Außerdem sollen die Wege durch den Park besser beleuchtet und an historische Wegführungen angeglichen werden. Baustofflager- und Pkw-Stellplatzflächen auf der Bismarck-Rückseite sollen verschwinden, der Bolzplatz dort aber ausgebaut werden. Vor dem Bismarck ist ein kleines Park-Café (vielleicht in einem Café-Wagen) geplant. In dem Platanenrondell an der Kersten-Miles-Brücke soll man sitzen und Boule spielen können. Das weitere Verfahren muss der Bezirk noch in diesem Jahr beschließen.