Hamburg. In der Silvesternacht wurden in Hamburg viele Frauen an der Reeperbahn von Männern bedrängt. Zeuginnen erkannten ihn nicht wieder.

Im ersten Prozess um sexuelle Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht an der Reeperbahn hat ein Hamburger Amtsgericht den Angeklagten freigesprochen. Zwei Opfer erkannten den Afghanen im Prozess am Donnerstag niet wieder. Damit konnten die Tatvorwürfe nicht nachgewiesen werden, sagte die vorsitzende Richterin und hob den Haftbefehl gegen den zweifachen Familienvater auf.

„Auch die Übergriffe an Silvester ändern nichts daran, dass die nachgewiesene Schuld des Einzelnen und die Überzeugung des Gerichts davon ausschlaggebend sind“, sagte sie in der Urteilsbegründung. Mit dem Freispruch folgte das Gericht auch den Forderungen von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidiger. Insgesamt waren laut Polizei 243 Strafanzeigen von 403 Frauen eingegangen.

Dem im Oktober 2015 nach Deutschland geflüchteten Mann wurde sexuelle Nötigung und Beleidigung vorgeworfen. Gleich zu Beginn des Prozesses wies er die Anschuldigungen zurück. „Nicht einmal zu einem Prozent stimmt das“, erklärte der Angeklagte, der vier Monate lang in Untersuchungshaft saß.

Zeuginnen erkannten Mann nicht wieder

Ein Opfer erkannte den Mann vor Gericht zunächst wieder, später geriet ihre Sicherheit darüber aber ins Wanken. Die 19-Jährige hatte den Afghanen zuvor auf Fotos bei der Polizei identifiziert. Sie hatte ihn aber auch als etwa 180 bis 190 Zentimeter groß beschrieben. Der Angeklagte misst dem Gericht zufolge aber nur 169 Zentimeter.

Auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft schloss die Studentin den Angeklagten dann als Täter wieder aus. Die junge Kielerin war in der Nacht zum 1. Januar an der Großen Freiheit an der Taille gepackt und von unbekannten Männern im Intimbereich und am Gesäß berührt worden. Sie trat als Nebenklägerin bei dem Verfahren auf.

Auch ein weiteres Opfer, das in der Silvesternacht an der Großen Freiheit von unbekannten Männer bedrängt und im Intimbereich berührt worden war, erkannte den Afghanen als mutmaßlichen Täter nicht wieder. Die 24-Jährige konnte sich nur vage an Details wie Kleidung oder Frisur erinnern, nicht aber an Gesichter.

3000 Euro für 119 Tage U-Haft

„Eine grobe Einschätzung vom Typ reicht hier nicht aus“, erkannte auch die Staatsanwältin an. Sie forderte neben Freispruch und Haftentlassung auch eine Haftentschädigung für den Angeklagte. Das sind laut Gericht 25 Euro am Tag. Für die 119 Tage in Haft bekommt der Afghanen demnach rund 3000 Euro. „Ich freue mich, dass die Wahrheit rausgekommen ist“, sagte der 30-Jährige.

Auch sein Verteidiger Philipp Götze zeigte sich zufrieden und nannte die Entscheidung einen Freispruch erster Klasse. „Mein Mandant freut sich jetzt sehr darüber, seine Familie wiedersehen zu können.“

Vor rund einem Monat hatte auch in Köln nach den Silvesterübergriffen am Hauptbahnhof der erste Prozess begonnen. Dort musste sich ein Algerier unter anderem wegen versuchter sexueller Nötigung verantworten. Die Staatsanwaltschaft musste den Vorwurf aber wieder fallen lassen, da das Opfer den 26-Jährigen im Prozess nicht wiedererkannt hatte.