Hamburg. Zur Fertigstellung des neuen Hamburger Stadtteils wird ein großes Hafenbecken verfüllt. Eingesetzt wird ein Spezialschiff.
Zuerst ist nur ein feines Rauschen zu hören, dann mischt sich in dem dicken Stahlrohr ein Poltern und Klopfen dazu. Geräusche, wie sie auch aus Waschmaschinen dringen, wenn man Geld oder Schlüssel in einer Hose vergessen hat. Nur eben deutlich lauter. „Jetzt pumpt er, hören Sie!“, sagt Henning Liebig freudig und deutet auf das lange Rohrsystem, das hier quer über das Gelände verlegt ist. Der Projektmanager der städtischen HafenCity GmbH hat sich mit Rettungsweste und Bauhelm an die Kaikante ganz am östlichen Ende des neuen Stadtteils gestellt. Schweres Baugerät wühlt sich dort durch den Boden, Wind fegt über die noch kahlen Flächen am Baakenhafen, wo jetzt der Bau des letzten Abschnitts der Hamburger HafenCity begonnen hat.
Wichtigste Baugeräte sind der Saugbagger und der Hopperbagger
Am Kai hat ein fast 100 Meter langes Schiffs festgemacht, das einen auffälligen, rüsselartigen Rohranschluss am Bug installiert hat und gerade von anderen Bauhelm-Männern an das lange Stahlrohr angeschlossen worden ist: Ein Saugbagger oder auch Hopperbagger, der in diesen Tagen das wohl wichtigste Baugerät hier ist: Gigantische Mengen von Sand spült das Spezialschiff in den östlichen Teil des früheren Seehafenbeckens. „Guter Sand, bester Baugrund“, wie Liebig sagt.
Tatsächlich geht die HafenCity GmbH hier im letzten Abschnitt für das sogenannte Elbbrückenquartier einen ungewöhnlichen Weg. Bisher wurden in dem früheren Hafenareal nur Grundstücke bebaut, wo Schuppen oder andere Gebäude standen. Hier am großen Baakenhafen sollen nun erstmals auch rund 25.000 Quadratmeter Wasserflächen zugeschüttet werden. „Landgewinnung“ heißt das Projekt bei den HafenCity-Planern. Denn normalerweise würde die HafenCity dort sehr spitz zulaufen, weil sie an dieser Stelle von zwei Seiten von Wasser umgeben ist. Mit der Aufschüttung ist es nun möglich, zwei und nicht nur eine Gebäudereihe dort zu bauen: Zur lauten Versmannstraße einen Gewerberiegel, wie die Planer sagen. Und zum Wasser hin geschützte, sechs- bis siebenstöckige Wohngebäude. Etwa 500 Wohnungen könnten nun hier zusätzlich gebaut werden. Und ein großer zentraler Platz am Wasser, der fast so groß wie der Rathausmarkt werden soll.
Die Idee, dieses Neuland direkt mit Sand aus der nahen Elbe per Saugbagger zu verfüllen, bezeichnet HafenCity-Planer Liebig als „Win-Win-Lösung“ – was sie wohl auch ist. Drei Wochen lang, 24 Stunden am Tag, saugt der Hopperbagger derzeit mit seinen seitlichen Rüsseln Sandablagerungen aus der Norderelbe. Zurzeit kreist er dazu direkt vor der HafenCity, in den nächsten Tagen voraussichtlich auch vor den Landungsbrücken oder über dem Alten Elbtunnel. An diesen Stellen lagert sich immer wieder Sand ab, den der Fluss in gigantischen Mengen mit sich trägt. Regelmäßig muss die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) solche Stellen baggern lassen, weil sie am Boden „aufwachsen“ und dann irgendwann die Schifffahrt behindern. Normalerweise muss der Sand anschließend bis kurz vor Helgoland gefahren werden, wo er dann verklappt wird „Jetzt bekommt die HPA von uns eine Baggerung und wir den Sand“, sagt Liebig.
Wie groß diese Mengen sind, zeigen ein paar Zeilen: Der Saugbagger schafft etwa pro Tag 20.000 Kubikmeter Sand heran, 2000 bei jeder Leerung. Dabei wird das Schiff an das dicke Rohr angeschlossen, das über rund 900 Meter von der Norderelbe bis zum Baakenhafen führt. Computergesteuert wird dazu der Sand in der offenen Schiffsluke mit Wasser vermischt, um ihn über so weite Strecken pumpen zu können. Das Poltern im Rohr sind dabei Steine, die von diesem Gemisch regelrecht mitgerissen werden.
Am anderen Ende ist ein Ponton angeschlossen, der in gleichmäßigen Bewegungen durch das Hafenbecken kreist und den Sand wie ein gigantischer Salzstreuer auf den Grund rieseln lässt.
Ladung für Ladung wächst nun das neue Gelände der HafenCity heran, um den 4. Mai herum soll die endgültige Höhe erreicht sein. Insgesamt spart dieses Verfahren rund 60.000-Lkw-Fahrten, sagt Liebig während er mit seinem Baustellen-Besuch über das Gelände schreitet. Günstiger und schneller sei es zudem: Nicht drei Wochen, sondern mehrere Monate würde es sonst dauern, sagt Liebig.
Aus dem Rohr ist nun nur noch einzelnes Poltern zu hören, das Rauschen scheint verschwunden. Liebig bleibt kurz stehen und lauscht wie ein Jäger in den Wind. „Ah, jetzt ist er fertig“, sagt er. 40 Minuten nur hat das Pumpen gedauert, um gut 2000 Kubikmeter oder 200 Lkw-Ladungen ist die HafenCity in dieser Zeit wieder gewachsen.