Hamburg. Am Lohsepark soll eine Unterkunft für bis zu 720 Menschen gebaut werden. Problem: Auf der Fläche soll in Zukunft eine Schule entstehen.
Die Unterbringung von derzeit rund 40.000 Flüchtlingen stellt Hamburg schon vor große Herausforderungen – sie aber gleichmäßig auf alle Stadtteile zu verteilen, ist eine noch schwierigere Aufgabe. Während manche Stadtteile wie Billstedt überdurchschnittlich viele Flüchtlinge aufnehmen müssen, obwohl sie ohnehin mit vielen sozialen Problemen zu kämpfen haben, gibt es in vielen „besseren“ Gegenden noch weiße Flecken.
Der rot-grüne Senat will das ausdrücklich ändern, doch das ist leichter gesagt als getan. An der Sophienterrasse in Harvestehude, dem größten Symbolprojekt in Sachen gerechter Verteilung, musste er lange kämpfen, eine Niederlage vor Gericht einstecken und viel Geld in die Hand nehmen, um dort demnächst gerade einmal 190 Plätze anbieten zu können.
Doch jetzt läuft ein zweites Projekt an, das ähnliche Symbolkraft entfalten könnte: Mitten in der neuen HafenCity soll für etwa drei Jahre eine sogenannte Folgeunterkunft für bis zu 720 Flüchtlinge entstehen, vermutlich in Container- oder Modulbauweise. Konkret geht es um eine Fläche zwischen dem südlichen Ende des Lohseparks und den Bahngleisen, die künftig als Schulstandort vorgesehen ist.
Der Leiter des Bezirksamts Mitte, Andy Grote (SPD), und Christiane Kuhrt von Zentralen Koordinierungsstab für die Flüchtlinge bestätigten dem Abendblatt entsprechende Überlegungen. Die endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Wenn das der Fall sei, werde es auch eine öffentliche Informationsveranstaltung geben.
Auf dem Areal soll künftig eine Schule gebaut werden
Grote betonte, dass ihm das Projekt sehr wichtig sei: „Wenn wir glaubwürdig bleiben wollen, müssen wir unseren Anspruch, die Flüchtlinge gleichmäßig in der Stadt unterzubringen, auch in Stadtteilen wie der HafenCity sichtbar machen.“ Viele Bewohner des Quartiers hätten schon gefragt, wann denn dort eine Unterkunft entstehe und ihre Hilfsbereitschaft angekündigt, so der Bezirksamtsleiter. „Es ist ja schwer zu erklären, warum wir in Billstedt so viele Unterkünfte errichten, während in der HafenCity große Flächen brach liegen.“
Das Problem dabei: Trotz vieler Brachflächen gibt es für die allermeisten Areale an der Elbe bereits langfristige Pläne oder sie sind schon an Bauträger vergeben. So soll auf der Fläche, auf der die Flüchtlingsunterkunft entstehen soll, in naher Zukunft eine weiterführende Schule gebaut werden, vermutlich das „Gymnasium HafenCity“. Daher steht die Fläche auch nur etwa drei Jahre, von 2016 bis 2018, zur Verfügung. Danach dürften vor allem im angrenzenden Quartier Baakenhafen Tausende neue Wohnungen entstehen, die eine weitere Schule dringend nötig machen. Mit deren Bau müsste daher etwa 2019 begonnen werden.
Ein weiteres Problem ist der Hochwasserschutz. Um dort Container oder Modulhäuser aufstellen zu können, müsste die Fläche zunächst aufgeschüttet werden. Das dauert jedoch einige Monate und verursacht hohe Kosten, zumal die künftige Schule die Aufschüttung nicht benötigt. Der Sand müsste also nach dem Abbau des Flüchtlingsdorfs wieder abtransportiert werden. Entscheidend für die Realisierung der Unterkunft ist daher die Frage, wie hoch diese Zusatzkosten ausfallen würden. Dimensionen wie an der Sophienterrasse sind aber nicht zu erwarten, allein, weil die Fläche in der HafenCity bereits der Stadt gehört. In Harvestehude hatte der Senat rund 15 Millionen Euro für das Grundstück und noch einmal fünf Millionen für den Umbau des ehemaligen Kreiswehrersatzamts zur Verfügung gestellt.
Senat will innerhalb eines Jahres 5600 zusätzliche Wohnungen schaffen
Die Bezirksversammlung Mitte hatte Verwaltungschef Grote Mitte Dezember offiziell aufgefordert, sich für eine Flüchtlingsunterkunft in der HafenCity einzusetzen. „Die Bürger des City-Bereichs können und wollen ihren Beitrag für eine gelungene Integration leisten“, heißt es in dem Antrag, den die SPD-Fraktion um Falko Droßmann vorgelegt hatte. Auch Michael Osterburg, Fraktionschef der Grünen, die im Bezirk mit der SPD koaliert, unterstützt das Vorhaben.
Das zweite Ziel des SPD-Antrags, in der HafenCity Flüchtlingsunterkünfte „mit der Perspektive Wohnen“ zu schaffen, ist hingegen knifflig. Denn mit diesem Programm will der Senat innerhalb eines Jahres 5600 zusätzliche Wohnungen schaffen, die zunächst Flüchtlingsunterkunft, später dann normale Wohnung sind. Das „zusätzlich“ ist dabei das Problem: Die festen Flüchtlingsunterkünfte in der HafenCity dürften keine ohnehin geplante Wohnung ersetzen, sondern dafür müsste auf andere Projekte, etwa Bürobauten, verzichtet werden. Und das dürfte schwer durchzusetzen sein.