Hamburg. Hamburg steckt drei Millionen Euro in denkmalgerechte Sanierung des berühmten Postkartenmotivs. Licht setzt Bauwerk abends in Szene.
Es riecht muffig und ist feucht. In ein, zwei Meter Tiefe sind die rundgemauerten Überreste des alten Geeststammsiels zu erkennen. Das verrostete Zahnradgetriebe funktioniert tatsächlich noch. Es bedarf zwar einiger Muskelkraft, um es mit einer Kurbel in Bewegung zu versetzen. Doch dann öffnen sich – wie von Geisterhand geführt – zwei stählerne Türen. „Dadurch konnte man den Zufluss zu dem Düker regulieren“, sagt Kai Ihrck von der Hamburger Stadtentwässerung. „Doch inzwischen ist die Anlage außer Betrieb.“
Wir sind im „Bauch“ der Lombardsbrücke. Während draußen die Sommersonne die Temperatur schon am frühen Vormittag in die Höhe getrieben hat, hält sich hier eine angenehme Kühle. Der Eingang zu dem Stammsiel liegt ein wenig versteckt. Man muss auf der Ballindamm-Seite zum Brückenkorpus hinabsteigen. Über der Eingangstür ist der Schriftzug „Dampfboot-Wartezimmer“ zu erkennen. Früher warteten hier die Passagiere, bis einer der regelmäßig verkehrenden Alsterdampfer anlegte.
Was in den Katakomben Charme entfaltet und Besucher gar ein wenig gruseln lässt, wirkt von außen betrachtet, weit weniger schön. Die 1868 erbaute steinerne Lombardsbrücke – sie überspannt die Verbindung zwischen Binnen- und Außenalster – ist von Nahem betrachtet längst ein Schatten ihrer selbst. Der helle Sandstein, der über die Elbe aus dem Elbsandsteingebirge herangeschafft wurde, ist nur dort zu erkennen, wo die in den vergangenen Jahrzehnten gedankenlos aufgetragene Industriefarbe abblättert. In den Ecken am Fuß der Brücke riecht es nach Urin. Hier und da Abfall liegt herum. Ein vergessener Ort.
Eines der am häufigsten fotografierten Bauwerke Hamburgs
Und das, obwohl die Lombardsbrücke ein beliebtes Postkartenmotiv ist und wohl zu den am häufigsten fotografierten Bauwerken Hamburgs gehört. Michael Kreisel vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer, hat einen überdimensionalen Plan ausgebreitet. Wir stehen inzwischen auf der Brücke. Um uns herum werkeln Bauarbeiter. Im Durchschnitt 50.000 Fahrzeuge passieren am Tag diese Stelle. Derzeit ist sie gesperrt. „Die Lombardsbrücke ist einzigartig“, schwärmt der Bauingenieur – sie ist 69 Meter lang, 48 Meter breit. Vom Jungfernstieg aus kann man die drei Bögen gut erkennen.
„Wir haben uns entschieden, die ohnehin geplanten Bauarbeiten am Wallringtunnel und Ferdinandstor für eine umfassende Sanierung der Brücke zu nutzen“, sagt Kreisel. Womit nicht nur die übliche Sanierung der Fahrbahnoberfläche gemeint ist. Nein, es soll auch den Sünden vergangener Jahrzehnte an den Kragen gehen. „Seinerzeit wurden gedankenlos Schaltkästen oder Masten für Stromleitungen aufgestellt“, klagt Kreisel.
„Wir wollen, dass die Lombardsbrücke wieder in ihrem alten Glanz erstrahlt“, verspricht Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof. Dazu gehört, dass zuallererst – und in diesem Punkt sind die Arbeiten weit fortgeschritten –, die Stellen, an denen Regenwasser in das Gemäuer der Brücke eindringt, abgedichtet werden. Bauüberwacher Maik Kolpacki zeigt auf eine Mauerecke. „Wir klopfen das Mauerwerk ab und hören, wo es beschädigt ist.“ Dann werden die Stellen per Hand ausgebessert.
Wie zum Beweis hockt sich ein Maurer hin und verputzt einige Steine. Ganz vorsichtig geht er vor. Zuvor hatte er das Mauerwerk freigelegt. Fast 150 Jahre sind die Ziegel alt. Auf der anderen Brückenseite versetzen Arbeiter gerade Bordsteine; wieder andere beschäftigen sich mit dem Gussasphalt.
Die Abdichtung und die Sanierung der Fahrbahn werden pünktlich zum 22. August – dem Ende der Sommerferien – fertig sein, verspricht Michael Kreisel. Dann wird man auf den Fußwegen der Brücke schon das neue Kopfsteinpflaster bewundern können, das zwar an sein historisches Vorbild erinnert, aber heutigen Anforderungen entsprechend eine glatte Oberfläche hat. „Im kommenden Jahr werden wir dann die Fassade sanieren und die Brüstungen instand setzen.“
Installation moderner LED-Lampen geplant
Dann rücken die Arbeiter dem Sandstein zu Leibe, beseitigen den Jahrzehnte alten Schmutz und die an einigen Stellen aufgetragene hässliche Farbe. Die Brückengeländer und die vier gusseisernen, vierarmigen Kandelaber mit ihren fünf Glaskugeln werden ebenso auf Hochglanz gebracht. Dann wird derjenige, der genau hinschaut, die floralen Elemente im Geländer wiedererkennen. Selbst historische Straßenschilder sind geplant.
An der Unterseite der Brücke, dort, wo aus kreisrunden Einlassungen heraus früher Gaslaternen durchfahrenden Booten den Weg leuchteten, ist die Installation moderner LED-Lampen geplant. Zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten werden dann die Durchfahrt und die Fassade der Brücke nicht mehr im abendlichen Dunkel verschwinden, und man wird auch abends die wunderschönen Klinkerornamente bewundern können.
Apropos Licht. Daraus macht Michael Kreisel noch ein Geheimnis, weil das Konzept mit dem Lichtbeirat noch nicht final abgestimmt ist. Aber einiges verrät er schon. So wird die Fahrbahnbeleuchtung niedriger gehängt werden und in ihrer Wirkung genau auf die Fahrbahnen ausgerichtet werden können. Der Anblick der Lombardsbrücke vom Jungfernstieg aus wird dann noch mehr Fotobegeisterte anlocken.
Drei Millionen Euro kostet die denkmalgerechte Sanierung. Staatsrat Rieckhof stutzt eine Moment und fragt nach: „Das ist unser Budget, und damit kommen wir hin“, antwortet Kreisel.