Hamburg. Neubau auf Möbel-Brandes-Gelände: Der Bezirk genehmigt ein 200-Zimmer-Haus und einen Discounter an der Holstenstraße. Einige Abrisse.

Grünes Licht für ein Großprojekt auf dem Kiez: Der Bezirk Hamburg-Mitte hat nach Abendblatt-Informationen die Baugenehmigung für einen Lidl-Supermarkt mit einer Fläche von 1300 Quadratmetern und für ein Hotel mit 200 Zimmern auf dem ehemaligen Gelände von Möbel Brandes an der Holstenstraße – in unmittelbarer Nähe zur Reeperbahn – erteilt.

Das bestätigte Timo Weiland, Immobilienleiter bei Lidl, auf Anfrage: „Es liegen nun alle erforderlichen Genehmigungen des zuständigen Bezirksamtes Mitte vor“, sagt Weiland. Das Bauvorhaben auf dem rund 2500 Quadratmeter großen Grundstück hat Lidl gemeinsam mit dem Hamburger Projektentwickler oneVest entwickelt. Der Discounter soll in das Erdgeschoss des fünfgeschossigen Gebäudes einziehen, darüber hat das Hotel seine Flächen: „Damit sind die jahrelangen Planungen abgeschlossen. Es war eine große Herausforderung, nun kann hier in exponierter Lage ein ambitionierter Neubau verwirklicht werden“, sagte oneVest-Geschäftsführer Andreas Wankum, der bis vor Kurzem für die CDU als Abgeordneter in der Bürgerschaft saß.

Bei den Planungen hatte es immer wieder Verzögerungen gegeben. Das lag auch an den komplizierten Eigentumsverhältnissen der Grundstücke, die angekauft werden mussten. Anders als ursprünglich geplant, wird das Möbel-Brandes-Gebäude an der Reeperbahn, in dem die Verkaufsfläche war, nicht mit in das Bauvorhaben einbezogen. Dieses Gebäude hat eine Gesellschaft von Reeder Erck Rickmers erworben. Dort soll unter anderem das Kultwerk West einziehen. Entsprechende Pläne bestätigte die Vorsitzende Sigrid Berenberg auf Abendblatt-Anfrage.

Das Kultwerk West wurde vor neun Jahren gegründet. Die Macher nennen es auf ihrer Internetseite „das öffentliche Wohnzimmer als Ort für alle mit Neugier auf Begegnungen und Diskussionen in persönlich geprägter Atmosphäre“. Im September 2006 startete das Kultwerk West in einer leer stehenden Einkaufspassage in Altona, später folgte der Umzug an die Kleine Freiheit auf St. Pauli. Derzeit hat der Verein keine eigenen Räume. Seit 2006 gab es rund 450 Kultwerk-Abende, plus drei Lesesonntage und Hamburgs allerersten Franzbrötchen-Kongress. Das Kultwerk-Team besteht aus zwölf Leuten.

Die berühmte Heiße Ecke liegt nun schon seit mehr als 20 Jahren brach

Allerdings wird es auch eine kommerzielle Nutzung des Gebäudes geben. So sollen nach Abendblatt-Informationen Kreativbüros einziehen. Zunächst einmal soll die Immobilie aber entsprechend umgebaut werden. Erck Rickmers war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Für den Supermarkt- und Hotelneubau müssen einige Gebäude auf dem Areal abgerissen werden. Nach Abendblatt-Informationen soll die Projektentwicklung samt Grundstück an einen Hamburger Hotelinvestor verkauft werden, der das Haus der Drei-Sterne-Superior-Kategorie dann auch betreiben will. Der Vertrag soll in Kürze unterzeichnet werden. Der Baubeginn ist 2016 geplant und die Fertigstellung des Gebäudes voraussichtlich im November 2017.

Projektentwickler Andreas Wankum
Projektentwickler Andreas Wankum © Bertold Fabricius

Der bestehende Lidl-Discounter an der Reeperbahn 157 soll geschlossen werden und in den Neubau umziehen. Das begrüßt auch Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg: „Unser Ziel ist es, dass es auf der Reeperbahn künftig keine Supermärkte mehr gibt. Deshalb ist der Lidl-Umzug an die Holstenstraße ein positives Signal. Die frei werdende Fläche auf der Reeperbahn kann dann für ein kiezkonformes Konzept genutzt werden.“ Ein Musikclub oder eine gastronomische Nutzung seien denkbar, sagt Osterburg. Auch dass über dem Supermarkt ein 200-Zimmer-Hotel entsteht, sieht Osterburg positiv: „Es besteht auf jeden Fall Bedarf für weitere Hotels, denn der Tourismus in der Stadt boomt, und vor allem der Kiez ist sehr beliebt.“

Während die Planungen an der Holstenstraße nun umgesetzt werden können, gibt es immer noch eine Fläche in bester Reeperbahnlage, die seit mehr als 20 Jahren brachliegt: Dort stand einst der berühmte Imbiss Heiße Ecke, dem das gleichnamige Erfolgsmusical im Schmidts Tivoli gewidmet ist. Doch seitdem dieser vor mehr als zwei Jahrzehnten abgerissen wurde, ist das nur 194-Quadratmeter große Eckgrundstück nicht bebaut worden. Viele Investoren haben für das Filetgrundstück schon Pläne gehabt, doch nie wurden diese umgesetzt. Immer wieder war auch an diesem Standort von einem Hotelbau die Rede.

Ein neues Kapitel in dieser unendlichen Geschichte wurde im Mai 2013 aufgeschlagen. Damals berichtete das Abendblatt, dass es zwischen den Grundstückseigentümern und der Hotelkette Motel One Gespräche gibt und Interesse an dem Standort bestehe. Es gab damals sogar ein Bauantragsverfahren. Doch nun – mehr als zwei Jahre später – ist auch das Motel-One-Projekt nicht umgesetzt worden: „Es ist wirklich schade, dass ein Grundstück in so prominenter Lage mitten auf dem Kiez seit Jahrzehnten nicht genutzt wird“, sagt Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg. Ein weiteres Hotel würde er hier nicht befürworten, stattdessen würde sich der Politiker „ein kreatives Clubhaus, in dem Musik gemacht wird und Menschen zusammenkommen“, wünschen.

Als Vorbild sieht Osterburg das neue Klubhaus St. Pauli, das demnächst am Spielbudenplatz eröffnet werden soll. In den Neubau mit 5000 Quadratmeter Fläche auf sechs Stockwerken werden unter anderen der Sommersalon, mehrere Musikclubs und eine Bar auf dem Dach einziehen. Das Theater Schmidtchen ist bereits in Betrieb. Auch eine Gastronomie und Büroflächen sind in dem Clubhaus geplant.