Altstadt. Ein Investorenwettbewerb für das Grundstück an der Straße Neß läuft bereits. Für Immobilienmakler ist es ein Filetgrundstück.

Die Commerzbank will nach Abendblatt-Informationen ihren Hauptsitz an der Straße Neß in der Innenstadt verkaufen und sucht nach einem neuen Standort für die 600 Mitarbeiter, die in dem Gebäudekomplex beschäftigt sind. Ein Immobiliendienstleister hat bereits im Auftrag der Bank einen Investorenwettbewerb gestartet, an dem sich zahlreiche Projektentwickler beteiligen und ihre Vorschläge für eine neue Nutzung der Fläche einreichen.

Auf Abendblatt-Anfrage hielt sich Commerzbank-Sprecher Thomas Kleyboldt bedeckt, wollte nur bestätigen: „Wie alle Konzerne überprüfen auch wir im Rahmen des Immobilienmanagements laufend die Zusammensetzung unseres Immobilienportfolios. In Hamburg streben wir mittelfristig eine Flächenkonsolidierung an nachhaltigen, zukunftsfähigen Standorten an.“

Die Bank hat weitere Standorte am Gänsemarkt, am Jungfernstieg und an der Amsinckstraße. Insgesamt arbeiten mehr als 2600 Angestellte – inklusive der Mitarbeiter in den Filialen – in Hamburg für das Unternehmen.

Interessanter Standort für Hotel und Gastronomie

Der Gebäudekomplex der Commerzbank am Neß besteht aus einem imposanten Altbau, der nicht unter Denkmalschutz steht, und einem in den 60er Jahren erbauten Hochhaus. Das steht allerdings unter Denkmalschutz. Das begründet die Kulturbehörde, zu der auch das Denkmalschutzamt gehört, so: „Das Hochhaus wurde im Zeitraum von 1961 bis 1964 von Godber Nissen gebaut, ein wichtiger Architekt der Nachkriegsmoderne“, sagt Sprecherin Laura-Helen Rüge. Das Gebäude sei in seiner Fassadengestaltung beispielhaft für Hochhausbauten der 60-er Jahre, so die Behördensprecherin weiter. Allerdings könnte die Stadt, wenn eine Sanierung nachweislich wirtschaftlich unzumutbar ist, einem Abriss des Hochhauses zustimmen. Das würden auch Politik und Projektentwickler begrüßen.

In der Immobilienbranche gilt die Fläche direkt am Fleet als Filetgrundstück: „Die Lage – am Wasser und nur wenige Meter vom Rathaus entfernt – ist erstklassig. Hier würde sich weiterhin eine Büronutzung anbieten, aber auch für ein Hotel und Gastronomie wäre das ein höchst interessanter Standort“, sagte Vermietungschef Heiko Fischer vom Immobiliendienstleister CBRE dem Abendblatt. Der Branchenexperte weiß: „Die bestehenden Gebäude befinden sich auf einem gut geschnittenen quadratischen Grundstück, mit dem man ideal planen kann. Wenn die Stadt zudem die Genehmigung für den Abriss des Hochhauses erteilt, wäre das für die Entwicklung des Standorts noch attraktiver.“

Die Chance für eine neue Nutzung des Standorts begrüßt auch der Bezirksamtsleiter Mitte, Andy Grote (SPD). Er spricht von einem hohen Entwicklungspotenzial aufgrund „der Lage in der City und im historischen Kern der Stadt zudem noch am Wasser. Es muss geprüft werden, inwiefern hier Wohnungsbau realisiert werden kann.“

Grüne sind für Wohnungsbau

Die stark befahrene Willy-Brandt-Straße stelle im Zusammenhang mit Wohnungsbau allerdings eine Herausforderung dar, so Grote. Auch der Bezirkschef befürwortet einen Abriss des Hochhauses: „Das würde der Entwicklung des Areals sicherlich zugute kommen.“

Für Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg steht fest: „Ich bin erfreut über die Nachricht, dass der prominente Standort entwickelt werden soll. Es wäre toll, wenn dort Wohnungsbau realisiert werden könnte und das schöne, alte Gebäude erhalten bleibt.“ Das Areal befinde sich zwischen Rathausmarkt und Katharinenviertel, wo schon einiger Wohnungsbau entstanden sei. Das trage zur Belebung der Innenstadt bei, so Osterburg weiter. In der Nachbarschaft entstehen zur Zeit auf der Cremon Insel 183 neue Wohnungen, die im ersten Quartal des kommenden Jahres bezugsfertig sein sollen.

Die Straße Neß liegt auch im Business Improvement District (BID) Nikolai-Quartier. 60 Grundeigentümer investieren insgesamt rund 9,3 Millionen Euro, davon sechs Millionen Euro in den öffentlichen Raum, der aus elf Straßen und einem Platz besteht und sich auf rund 55.000 Quadratmeter erstreckt. Außerdem sollen rund eine Million Euro für Marketing und Serviceleistungen ausgegeben werden. Die Laufzeit für das BID ist bis 2019 geplant und soll das Quartier deutlich aufwerten. Bezirksamtsleiter Grote sagt: „Das BID ist eine große Chance, um dieses Stück historischer Innenstadt zu einem lebendigen Anziehungspunkt zu machen. Das Nikolai-Quartier wird durch die Baumaßnahmen deutlich attraktiver – und davon profitieren alle.“