Die Beamten waren mehrfach in die Wohnung gerufen worden. Der schwer verletzte Säugling Jamie ist inzwischen außer Lebensgefahr.
Erleichterung nach einem schweren Fall von Kindesmisshandlung in Finkenwerder: Der zwei Monate alte Säugling Jamie, der von seinem 26-jährigen Vater Jan C. (Name geändert) mit mehreren Schlägen an den Kopf schwer verletzt wurde, schwebt nach Angaben aus Ermittlerkreisen nicht mehr in Lebensgefahr. Sein Zustand ist demnach stabil. Das Baby wird von Spezialisten im UKE behandelt.
Das Jugendamt, dass die Familie seit der Geburt betreute, hat bereits die Inhobhutname des Kindes angeordnet. Beiden Elternteilen wurde das Sorgerecht entzogen. Gegen die 30 Jahre alte Mutter besteht jedoch kein Tatverdacht.
Vater hat ein Teilgeständnis abgelegt
Jan C. hatte nach seiner Verhaftung vor dem Haftrichter ein Teilgeständnis abgelegt. „Es ist nach allen Hinweisen eindeutig, dass der Vater seinem Kind die schwersten Verletzungen zugefügt hat“, sagte Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. In einer ersten Vernehmung hatte Jan C. behauptet, Jamie sei ohnmächtig geworden und er habe seinen Sohn nur durch eine leichte Ohrfeige wieder zu Bewusstsein bringen wollen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der anfängliche Verdacht des versuchten Totschlags wurde fallengelassen, da der Vater selbst die Polizei informierte und versuchte, seinen Sohn wiederzubeleben. Im Falle einer Verurteilung drohen Jan C. bis zu 15 Jahre Haft.
Polizei meldete Streitigkeiten des Paares an das Jugendamt
Das Jugendamt des Bezirks Mitte gerät nach Bekanntwerden des Falls immer stärker in die Kritik. Nach Abendblatt-Informationen gab es vor der Verhaftung von Jan C. bereits drei Polizeieinsätze in der elterlichen Wohnung in der Ostfrieslandstraße, zwei davon im März und April dieses Jahres - als nach der Geburt von Jamie. In einem Fall wurden die Polizisten wegen eines lautstarken Streits des Paares gerufen. Dabei wurde Jan C. von seiner Freundin verletzt und erstattete Anzeige, wollte später jedoch keine Angaben zu dem Vorfall mehr machen. Im zweiten Fall rückten die Polizisten wegen einer Ruhestörung, offenbar ebenfalls durch einen Streit des Paares, mit einem Streifenwagen an.
Die Berichte der Polizisten seien an das zuständige Jugendamt übermittelt worden, sagte ein Polizeisprecher. Offenbar sah das Bezirksamt Mitte jedoch keinen Grund, stärker in der Familie zu intervenieren. Eine Kinderkrankenschwester, die im Auftrag des Jugendamtes bei der Familie wöchentlich nach dem Rechten sah, bemerkte keine Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung. Der Bezirk Mitte kündigte eine kritische Aufarbeitung an: „Wir führen Gespräche mit all unseren Mitarbeitern. Zur Zeit werden alle Daten gesammelt und genau betrachtet“, sagte Bezirkssprecherin Sorina Weiland.
Vater soll schon in der Geburtsklinik auffällig gewesen sein
Jan C. war bereits wegen Körperverletzung, Diebstahls und Drogendelikten bei der Polizei in Erscheinung getreten. Mehrere Jahre seines Lebens verbrachte der 26-Jährige ohne festen Wohnsitz. Bereits kurz nach der Geburt von Jamie soll er im Krankenhaus ausfällig geworden sein. Daraufhin schalteten Mitarbeiter des Krankenhauses das Jugendamt ein und baten, die beiden Eltern mit ihrem ersten gemeinsamen Kind unter Beobachtung zu halten.