Als ein 28-Jähriger merkt, dass er kein Cannabis mehr hat, setzt er sich ohne Fahrerlaubnis zum Nachschub holen ins Auto - und baut promt einen Unfall. Vom Amtsgericht gab es dafür jetzt den Denkzettel.

Neustadt. Zunächst klang alles so vernünftig. Dieser dringende Appell an den betrunkenen Bekannten, sein Auto lieber stehen zu lassen und sich ein Taxi zu nehmen. Doch dann gingen mit Rainer F. (Name geändert) offenbar richtig die Pferde durch.

Er setzte sich selber ans Steuer – ohne im Besitz eines Führerscheins zu sein, in ein Auto, von dem er ahnte, dass es höchstwahrscheinlich geklaut war, und obendrein noch unter dem Einfluss von Cannabis. So fuhr der 28-Jährige los – und zwar ausgerechnet, um Drogen zu kaufen.

Das ist schon keine Torheit mehr, das ist schlicht verantwortungslos und brandgefährlich. Und tatsächlich hat der Hamburger mit dieser Aktion jede Menge Schaden angerichtet. Weil er in dem Zustand offenbar einen Verkehrsunfall verursachte, muss er sich jetzt unter anderem wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vor dem Amtsgericht verantworten. Bei dem Crash vom September vergangenen Jahres, als er laut Anklage bei einem riskanten Überholmanöver einen entgegenkommenden Wagen rammte, wurde demnach der Fahrer eines Smart schwer verletzt. Und der Wagen des anderen hatte mit einem Schaden von rund 5000 Euro anschließend nicht viel mehr als Schrottwert.

Augenscheinlich entspannt sitzt der kräftige Angeklagte jetzt trotz allem da, die Ellbogen auf die Knie gestützt und mit selbstbewusstem Gestus. Dabei geht es in seinem Fall um Freiheit oder Knast. Denn der vielfach unter anderem wegen Diebstahls und Körperverletzung vorbestrafte Mann hat gerade mal einen Monat vor der mutmaßlich neuen Straftat eine Verurteilung kassiert, und auch da spielten Drogen eine Rolle. Eine bemerkenswerte Rückfallgeschwindigkeit also. Es scheint, als wolle er da mit einer Mischung aus Chuzpe und Zerknirschtheit einen möglichst vorteilhaften Eindruck machen.

Bereitschaft zur Reue stößt an ihre Grenzen

„Ich gebe zu: Ich bin etwas zu schnell gefahren und unter Drogeneinfluss“, räumt Rainer F. ein. Obwohl er nie seinen Führerschein gemacht hat, ergriff er demnach die Gelegenheit, als sein Bekannter den vermutlich gestohlenen Wagen vor seiner Haustür stehen ließ und ihn zwei Wochen lang nicht abholte. „Da war die Verlockung groß. Ich bin einfach losgefahren, weil ich merkte, dass ich kein Cannabis mehr hatte.“

Aber mit diesem Geständnis stößt seine Bereitschaft zur Reue auch schon an ihre Grenzen. Denn, dass er ein zu waghalsiges Überholmanöver gefahren sei und damit einen Unfall provoziert habe, streitet der Angeklagte ab. „Ich bin nicht schuld. Der andere ist einfach nach links gezogen“, meutert er trotzig. „Ich wollte ihn nicht überholen. So eilig hatte ich es auch wieder nicht.“

Ein anderer Verkehrsteilnehmer hat indes die Kollision beobachtet und bestätigt die Anklage: „Es sah so aus, als ob der Hintere überholen wollte.“ Und der Unfallgegner ist sich sicher, dass Rainer F. ihn trotz Gegenverkehrs überholen wollte. „Auf einmal hat es geknallt.“ Wegen diverser Prellungen und Stauchungen, unter anderem der Wirbelsäule, war der 37-Jährige vier Wochen krankgeschrieben. Den arg zertrümmerten Smart hatte er sich von einem Bekannten geliehen, der Schaden an dem Fahrzeug ist noch nicht beglichen. Wie auch, wenn der Angeklagte keinen Führerschein und keine Kfz-Haftpflichtversicherung hat und zudem Hartz-IV-Empfänger ist. Bei ihm wird kaum etwas zu holen sein.

Vier Monate Haft verhängt die Amtsrichterin am Ende für Rainer F. Die Strafe könne nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, wegen der Vorstrafen und der rasanten Rückfallgeschwindigkeit des Angeklagten, betont sie. „Obwohl Sie schon unter Bewährung standen, setzen Sie sich wieder ins Auto. Da sehe ich eine günstige Prognose nicht.“ Auch dass der Angeklagte sich ohne Führerschein und nachdem er kurz zuvor einen Joint geraucht hatte, hinters Steuer setzte, sei ein schweres Vergehen. „Es ist allgemein bekannt, dass man dann nicht mehr fahrsicher ist. Sie hatten Glück, dass nichts Schlimmeres geschehen ist.“