An diesem Freitag erscheint das neue Kult-Smartphone iPhone 6. Bis zu 3000 Menschen warteten vor dem Hamburger Apple Store am Jungfernstieg. Apple behauptet, es gebe Lieferschwierigkeiten.
Hamburg. Der Ansturm ist enorm: 2500 bis 3000 Menschen warten am Freitagmorgen ungeduldig vor dem Hamburger Apple Store am Jungfernstieg. In mehreren Reihen stehen sich die Apple-Jünger die Beine in den Bauch, die Schlange reicht Dutzende Meter weit den Jungfernstieg entlang bis zur Große Bleichen. Einige haben hier schon die vergangen drei Nächte gecampt. Um 8 Uhr dann öffnen sich die gläsernen Türen.
Apple ist Kult in weiten Kreisen junger, kaufkräftiger Smartphone-Nutzer, das jetzt kommende iPhone 6 und seine Mega-Variante iPhone 6 Plus mit weiteren Features sowieso.
Richard ist extra aus Amsterdam angereist. „Wir wollten die ersten sein“, sagt der ältere Herr. In den Niederlanden werden das neue iPhone 6 und das iPhone 6 Plus erst in der nächsten Woche verkauft. Um 4 Uhr nachts hat er sich in die Warteschlange eingereiht, zusammen mit drei Freunden. Jetzt sitzt er in seinem Campingstuhl und liest ein Buch - ganz analog. Eigentlich wollte der das iPhone 6 Plus mit dem größeren Bildschirm kaufen. Aber schon um kurz nach 8 Uhr ging die Nachricht durch die Reihen, dass das Modell bereits ausverkauft sei. „Macht nichts, dann nehmen wir eben das normale iPhone 6“, sagt Richard und rückt mit seinem Stuhl vor. Andere zogen enttäuscht ab.
Lennart und Jack aus Bremen sind inzwischen schon fast am Eingang angekommen. Die beiden 17-Jährigen aus Bremen stehen seit 20 Uhr am Donnerstagabend vor dem Apple-Shop. Vorsorglich hatten sie Isomatten mitgebracht, jetzt stehen sie ziemlich müde aus. „Ich habe lange gespart und gearbeitet“, sagt Lennart. Nicht mal mehr die Kosten für die Reparatur seines alten Smartphones hat er sich geleistet. Zwischen 700 und 900 Euro kostet das iPhone 6. „Ich habe das Geld von meinem Vater bekommen“, erzählt Jack. Er hat es bar dabei, in seinen Schuhen.
Während für die echten Apple-Jünger schon das Warten auf den Erstverkauf ein Erlebnis ist, gibt es zum ersten Mal auch eine Warteschlange für Reservierungen, die ab dem 12. September online möglich waren. Dort geht es viel schneller voran. Nicht alle finden das gut. Uwe Behn aus Hamburg wartet seit 13,5 Stunden. „Ich dachte, ich noch mal den echten Apple-Hype erleben. Aber durch die Reservierungen ist es ganz anders“, sagt er.
Nicht alle wollen ein Gerät für sich selbst kaufen. Ravi ist mit sechs Freunden aus Kopenhagen nach Hamburg gekommen. Er betreibt dort einen Laden für gebrauchte iPhones. „Wir kaufen hier Geräte, die wir an unsere Kunden weiterverkaufen“, sagt er. Für ihn ist das ein gutes Geschäft. In Dänemark sind die neuen Modelle erst in den nächsten Monaten erhältlich. Auch Stunden nach der Öffnung des Apple-Shops ist der Gehweg voller Menschen. „Der Run ist deutlich größer als im vergangenen Jahr, als das iPhone 5s vorgestellt wurde“, sagt ein Apple-Mitarbeiter. Eine Menge Wachleute stehen an den Absperrungen, auch Polizisten sind vor Ort. Sie sorgen dafür, dass andere Passanten auch noch durchkommen.
Solche wie Beatrice und Yvonne, zwei Schweizerinnen, die in Hamburg Urlaub machen. „Wir haben uns schon gestern abend über die Wartenden amüsiert“, sage sie und schütteln verständnislos den Kopf. „Dafür wäre mir meine Zeit zu schade“, sagt Beatrice. Sie hat auch ein iPhone. - eine älteres Modell. „Aber es funktionier. Das reicht.“
Das neue iPhone 6 und 6 Plus im Test
Offenbar haben auch die Vorbestellungen für die neuen iPhones bisherige Rekorde gebrochen. Das sagt die gut geölte PR-Maschinerie des Unternehmens aus Cupertino. Innerhalb von 24 Stunden sei die Marke von vier Millionen Vorbestellungen überschritten worden, so Apple. Viele Kunden müssten bis Oktober warten, um ihre neuen iPhones zu erhalten.
Bloomberg berichtet, dass viele Apple-Fans, die am Freitag ein neues iPhone 6 kaufen wollen, zum Teil mit alten iPhones „bezahlen“ werden. Die gebrauchten Geräte können mehrere Hundert Dollar wert sein, dank der wachsenden Nachfrage nach Vorgängermodellen, sowohl in Schwellen- als auch in Industrieländern.
In diesem Jahr werden bis zu drei Viertel der Amerikaner, die ein neues Modell haben wollen, ihre älteren Geräte in Zahlung geben, schätzt Roger Entner, Analyst bei Recon Analytics LLC. Das bedeutet, dass bis zu 22,5 Millionen alte iPhones zurückgegeben werden. Im vergangenen Jahr gaben nur etwa die Hälfte der Nutzer ihr altes iPhone in Zahlung.
IDC prognostiziert, das Apple Inc. in diesem Jahr bis zu 65 Mio. iPhone 6 und iPhone 6 Plus verkaufen wird. Die Mobilfunkbetreiber haben die Verbraucher mit Werbung zugeschüttet: iPhone-Upgrades alle zwei Jahre ein Leben lang oder das Versprechen, jedes Konkurrenzangebot um 50 Dollar zu unterbieten.
Viele der gebrauchten Handys gehen in Schwellenländer in Asien, Südamerika und Osteuropa, wo sich viele Verbraucher das neueste iPhone nicht leisten können. Bei NextWorth Solutions Inc., die von Verbrauchern elektronische Geräte kauft, werden 75 Prozent der gebrauchten iPhones ins Ausland verschifft.
Alte Geräte an neue Nutzer zu vermitteln kann ein profitables Geschäft sein. So zahlt der Wiederverkäufer Gazelle Inc. einem Kunden nicht selten 275 Dollar für ein iPhone5 in gutem Zustand. Dasselbe Gerät kann bei EBay mehr als 460 Dollar bringen.
Doch noch immer gibt es Spielraum, die Wiederverwendung oder das Recycling alter Geräte zu verbessern. Weniger als 20 Prozent der 130 Millionen Mobiltelefone, die jährlich abgelegt werden, werden wiederverwendet oder recycelt, teilt Movaluate mit, die gebrauchte Smartphones bewertet. Demnach verschwinden mehr als 104 Millionen Geräte in Schubladen oder landen auf Müllkippen.
Das neue iPhone passt nicht mehr in jede Hosentasche. Die Bildschirmdiagonale wird 14 Zentimeter betragen 5,5 Zoll. Das neue iPhone ist in ein Gehäuse aus Aluminium eigepackt. Es ist mit 6,9 Millimetern das dünnste iPhone, das Apple je auf den Markt gebracht hat. Die neuen Modell wiegen 129 und 172 Gramm, das ist mehr als das iPhone 5S mit 112 Gramm. Wer das neue iPhone 6 Plus mit 128 Gigabyte Speicher und ohne Mobilfunkvertrag kaufen will, muss dafür 1000 Euro berappen. Die kleine Variante ist für 700 Euro zu haben.
Nach neuen iPhones will Apple Mitte Oktober laut Medienberichten auch die nächste iPad-Generation vorstellen. Erwartet werden erneuerte Modelle in den zwei bisherigen Bildschirmgrößen, spekuliert wurde aber bereits auch über ein größeres Apple-Tablet im kommenden Jahr. Die Website „Daily Dot“ schrieb unter Berufung auf informierte Personen, die neuen iPads würden am 21. Oktober vorgestellt, der Finanzdienst Bloomberg nannte als Zeitraum Mitte Oktober ohne genaueres Datum.