Die neuen Apple-Smartphones passen nicht mehr in die Hosentasche. Der Unterschied zum Vorgängermodell 5S ist riesig. Im Test beurteilt das Abendblatt die Stärken und Schwächen der Geräte.

Berlin. Aus, vorbei, es passt nicht mehr in die Hosentasche. Seit sieben Jahren hat es dort seinen Platz gefunden, vom ersten iPhone bis zum iPhone 5S. Und nun das. Apple legt ein Modell vor, das eine Bildschirmdiagonale von knapp 14 Zentimetern hat, 5,5 Zoll. Für alle Nutzer bisheriger iPhones: 5,5 Zoll ist sehr groß. Wer es doch noch schafft, das neue iPhone 6 Plus in die vordere Hosentasche zu stecken, kann sich mit Sicherheit nicht mehr hinsetzen. Big-Apple ist ein Phablet, eine Mischung aus Phone und Tablet. Zum Trost: Es gibt ein zweites iPhone 6 mit „nur“ 4,7 Zoll, also knapp zwölf Zentimeter. Das geht noch als Hosentaschen-Smartphone durch.

Es war höchste Zeit für eine Vergrößerung. Während Besitzer von Android-Smartphones lustig auf ihren großen Bildschirmen herumtippten, mussten sich iPhone-Nutzer seit Jahren mit gerade einmal vier Zoll begnügen. Die neue Größe fängt Apple gekonnt mit einem neuen Design auf. Das neue iPhone hat ein Gehäuse aus Aluminium. Das Displayglas zieht sich über die gesamte Front des iPhones und fällt zu den Seiten hin ab. Im Unterschied zum iPhone 4 und 5 verzichtet das iPhone 6 vollständig auf Kanten. Dadurch liegt es angenehmer in der Hand. Das iPhone 6 ist mit 6,9 Millimetern das dünnste iPhone, das Apple je gebaut hat. Selbst das große iPhone 6 Plus kommt nur auf 7,1 Millimeter, während das Vorgängermodell noch 7,6 Millimeter dick war. Wohl auch deswegen wirken die neue Modelle relativ leicht, obwohl sie mit 129 und 172 Gramm mehr Gewicht auf die Waage bringen als das iPhone 5S mit seinen 112 Gramm. Dünn heißt allerdings auch dünne Batterie. Das neue iPhone sollte bei mittlerer Benutzung – wie seine Vorgänger – jede Nacht geladen werden.

Auch wenn das iPhone 6 nur 13 Prozent mehr Displayfläche und 88 Prozent mehr Bildpunkte hat, der Unterschied zum Vorgängermodell 5S ist riesig. Auf dem Homescreen werden die Icons für Anwendungen nun in sechs Reihen dargestellt statt in fünf. Und im Browser ist auf Webseiten schlichtweg mehr zu sehen.

Bei der Einführung des iPhones 5 hat Apple stolz darauf verwiesen, dass bei dieser Größe noch die Bedienung mit einer Hand möglich ist. Tatsächlich erreicht man bei den neuen Modellen die linke obere Ecke des Displays nur noch mit großen Fingerverrenkungen. Spaß macht das nicht. Apple geht somit – wie alle anderen Konkurrenten auch – einen Kompromiss ein. Offenbar wiegt der Wunsch nach mehr Größe stärker als die komfortable Handhabung. Das gilt insbesondere für das iPhone 6 Plus. Zur Versöhnung bietet Apple eine neue Funktion an: Sobald der Nutzer zweimal kurz hintereinander auf den Home-Button tippt, rutscht das Displayfenster ein Stück runter Richtung Daumen. Im Alltagsgebrauch ist diese Funktion extrem hilfreich.

Will man jedoch eine Telefonnummer wählen, verschwindet auf diese Weise ein Teil der Tastatur aus dem Blickfeld. Besser wäre es gewesen, das ganze Tastaturfeld nur rechts unten in die Ecke zu rücken, wie es einige Konkurrenten machen. Das größere iPhone 6 Plus zeigt den Homescreen auch in der Querlage an. Apple hat seine Anwendungen, darunter die Apps für E-Mail, Nachrichten und Musik, für die horizontale Ausrichtung angepasst, sodass sich das Fenster teilt. Das neue iPhone-Display ist besser, aber nicht viel besser als beim Vorgängermodell. Merkbar sind der größere Blickwinkel und das tiefere Schwarz. Beim kleineren iPhone 6 verzichtet Apple auf die Full-HD-Auflösung und gibt sich mit 1334 mal 750 Pixel zufrieden. Damit passen 326 Bildpunkte auf einen Zoll Bildschirmfläche. Im Vergleich zum Vorgänger 5S hat sich hier leider nichts getan. Immerhin hat das iPhone 6 Plus eine Full-HD-Auflösung von 1920 mal 1080 Bildpunkten bekommen, was 401 Pixel pro Zoll entspricht.

Mit jedem neuen iPhone führt Apple auch einen neuen Prozessor ein. Der A8 soll ein Viertel schneller sein als sein Vorgänger und 50 Prozent mehr Grafikleistung bringen – und 50 Prozent weniger Energie benötigen. Ich habe die neuen Modelle mit grafisch aufwendigeren Spielen getestet, darunter „Infinite Blade III“, die allesamt flüssig und ohne Verzögerung liefen. Allerdings sind bisherige Spiele auch für den Vorgängerprozessor ausgelegt und bringen den A8 somit auch nicht an seine Grenzen.

Apples iPhone-Kamera hat Licht und Schatten. Leider ist es bei der Auflösung von acht Megapixel geblieben. Zwar macht die Kamera auf der Rückseite des iPhones hervorragende Bilder, doch eine größere Auflösung würde dem Nutzer die Option geben, auch bei stärkeren Ausschnitten noch genügend Schärfe zu haben. Apples Konkurrenten setzen längst auf Kameras mit 13 und sogar 20 Megapixel. Die Facetime-Kamera über dem Display der iPhone-6-Modelle – gut für Selfies und Videotelefonate – hat einen neuen Fotosensor bekommen, der jetzt auch Serienbilder machen kann. Die Kamera lässt etwas mehr Licht durch und schafft bei der Videoaufnahme eine bessere Belichtung. Das iPhone 6 ist im Vergleich zum 5S nicht teurer, liegt aber meist über den Gerätepreisen der Konkurrenz. Erstmals gibt es ein iPhone mit 128 Gigabyte Speicher. Und – ebenfalls zum ersten Mal – verkauft Apple ein iPhone für 1000 Euro. So viel Geld müssen jene hinlegen, die sich das iPhone 6 Plus mit 128 Gigabyte Speicher und ohne Mobilfunkvertrag kaufen. Das günstigste iPhone 6 kostet knapp 700 Euro.