Eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Innenstadt und Elbphilharmonie wird für ein Jahr gesperrt. Händler und Gastronomen befürchten, dass Kunden wegbleiben. Krisentreffen mit der Verkehrsbehörde.

Hamburg. Die Stadt will für 12,5 Millionen Euro die Mahatma-Gandhi-Brücke an der Elbphilharmonie neu bauen. Die Brücke wird im Juni ausgehoben, dann ist eine der wichtigsten Verbindungen in die HafenCity für ein Jahr gesperrt. Der Kaiserkai und Hamburgs neues Wahrzeichen sind dann nur noch über den Großen Grasbrook zu erreichen.

Die Anwohner und Gewerbetreibenden haben Angst vor den Auswirkungen der Sperrung. Sie befürchten Umsatzeinbußen und deutlich mehr Verkehr am Kaiserkai: „Es kommen etwa 70 Prozent unserer Gäste über die Mahatma-Gandhi-Brücke, viele aus den umliegenden Büros zu Fuß. Die müssen dann für mehr als zwölf Monate einen Umweg von etwa 1,5 Kilometern in Kauf nehmen. Das werden wohl nur wenige machen“, sagte Jost C. Deitmar.

Er ist nicht nur der bekannte Direktor des Luxushotels Louis C. Jacob an der Elbchaussee, sondern auch für die Brasserie Carls gegenüber der Elbphilharmonie verantwortlich. Das Restaurant mit Bistro wurde im Oktober 2008 eröffnet und ist einer der größten Gastronomiebetriebe in der HafenCity: „Wir gehen von massiven Umsatzeinbußen während der Bauarbeiten aus. Ich werde wohl auch einige Mitarbeiter freistellen müssen, denn wenn keine Gäste da sind, fehlen auch dem Personal die Aufgaben.“

Provisorium für Fußgänger

Deitmar könne nachvollziehen, dass die Brücke nun neu gebaut wird, aber: „Es muss eine Lösung gefunden werden, um die Belastung für die Anwohner und Gewerbetreibenden so gering wie möglich zu halten.“ Sein Vorschlag: „Zumindest ein Provisorium sollte eingerichtet werden, damit Fußgänger auch während der Bauarbeiten über die Brücke in die HafenCity gelangen können.“ Doch die Verkehrsbehörde sagt nein. Sprecherin Helma Krstanoski: „Eine provisorische Brücke würde die Zufahrt zum Traditionsschiffhafen blockieren.“

Die Auswirkungen fasst Peter Nimpsch, Sprecher der Interessengemeinschaft Gewerbe im Netzwerk HafenCity, so zusammen: „Diese langfristige Sperrung ist für die Gewerbetreibenden in der HafenCity eine Katastrophe. Denn die meisten Besucher kommen über diese Brücke, und jetzt ist der Bereich Am Kaiserkai für gut ein Jahr quasi von der Außenwelt abgeschlossen.“ Das könne für einige der Einzelhändler und Gastronomen existenzbedrohend sein, sagte Nimpsch. Der Manager der Tee-Lounge Meßmer Momentum am Kaiserkai fordert nun die Behörde auf, ein Verkehrskonzept für die Zeit der Sperrung vorzulegen.

Der gesamte Baustellenverkehr zur Elbphilharmonie muss während der Brückensperrung über die Straße Am Kaiserkai abgewickelt werden. Am Kaiserkai liegt auch der Flagship-Store der Modemarke Gaastra: „Wir werden während der Bauarbeiten kaum Laufkundschaft haben, da die meisten Besucher über die Brücke kommen“, sagte Marketingmanagerin Vera Steffen. Für Thomas Magold, der am Kaiserkai wohnt und Vorstand im Netzwerk HafenCity ist, steht fest: „Die Stadt sollte den Zeitraum der Vollsperrung so gering wie möglich halten. Denn die Brücke ist stark frequentiert.“ Aber Magold sagt auch: „Dass die Brücke ausgebaut werden muss, steht außer Frage.“

Unterstützung für die Betroffenen kommt aus der Politik: „Ich kann die Sorgen der Anwohner und Gewerbetreibenden verstehen. Die Verkehrssituation in der HafenCity ist bereits schwierig und wird durch den Brückenumbau möglicherweise noch dramatischer“, sagte der SPD-Bezirksabgeordnete Arik Willner, zu dessen Wahlkreis die HafenCity gehört.

Neubau ist Schildbürgerstreich

Aber warum wird eine neue Brücke gebaut, obwohl die Bestehende erst 1995 eingesetzt wurde? Das Bauwerk wäre mit dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen von 2017 an überfordert – dann soll die Elbphilharmonie eröffnet werden, sagte Behördensprecherin Krstanoski. Die Fahrbahn soll von sieben auf 8,50 Meter verbreitert werden. Auf der Westseite der neuen Brücke soll für die Fußgänger ein fünf Meter breiter Gehweg entstehen.

FDP-Verkehrsexperte Wieland Schinnenburg kritisiert: „Der Neubau der Mahatma-Gandhi-Brücke ist ein Schildbürgerstreich auf Kosten der Steuerzahler, Anwohner und Geschäftsleute. Der Senat hat im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft selbst bestätigt, dass die derzeitigen Strukturen ausreichen.“ Lediglich an manchen Sonntagvormittagen könne es eng werden, sagte Schinnenburg.

Die Verkehrsbehörde hat das Thema Brückensperrung auf höchster Ebene angesiedelt. Nach Abendblatt-Informationen wird am heutigen Mittwoch Staatsrat Andreas Rieckhof (SPD) mit Gewerbetreibenden und Netzwerkvertretern zusammentreffen.