In einem täglich wachsenden Foto-Logbuch dokumentiert Fotograf Frank Egel den Alltag auf dem Kiez. Rund 300 Bilder werden bis Ende des Jahres in einem verwinkelten Keller im Herzen von St. Pauli ausgestellt.
Hamburg. Wo findet man das echte, das wahre St. Pauli? Für die einen ist der Kiez die bunte und schrille Feiermeile auf der jedes Wochenende Tausende von Besuchern zwischen Diskotheken, Bars und Sexshops eine einzige laute Party feiern. Für Frank Egel ist der Kiez jedoch viel mehr. Es ist sein Alltag, sein Zuhause.
Von diesem Zuhause, seiner ganz persönlichen Sicht auf den Stadtteil, erzählt der 44-jährige Fotograf in seiner aktuellen Ausstellung „Catch of the Day“ in der Galerie toonzaal. Seine Aufnahmen sind nicht spektakulär, die Menschen nicht in Szene gesetzt. Der Fotograf jagt die Bilder nicht, sie begegnen ihm in seinem Alltag. Es sind flüchtige Momentaufnahmen eines Viertels, das sich rasant verändert.
„Es ist sowohl Zufall, als auch die Sensibilität für den Moment“, sagt Frank Egel, der seit mehr als 20 Jahren an der Reeperbahn wohnt und sich aktiv im Stadtteil engagiert. Seine Werke überzeugen durch die zufällige Ästhetik des Augenblicks. „Ich versuche immer einen Schritt voraus zu sein und denke: Was passiert im nächsten Moment?“ Es ist die Liebe zum Details, die mal mehr oder weniger versteckte Botschaft, die den Betrachter erst im zweiten Augenblick zum Schmunzeln zwingt.
Die Idee, jeden Tag ein neues Bild einzufangen – den Catch of the Day – entstand bereits vor zwei Jahren. Jeden Tag postet Frank Egel seitdem ein Foto auf seiner Facebook-Seite. So entsteht ein täglich wachsendes Foto-Logbuch mit bereits mehr als 3.000 Bildern über einen Stadtteil in Zeiten des Umbruchs. Mehr als 200 Bilder werden bis Ende des Jahres in einem verwinkelten Keller im Herzen von St. Pauli ausgestellt. Alle zwei Monate kommen 30 neue Fotos hinzu.
„Veränderung ist der Mythos von St. Pauli“, sagt der 44-Jährige. „In Eimsbüttel würde ein solches Projekt beispielsweise nicht funktionieren.“ Ob Kneipenszenen, Streetart-Kunst oder Lampedusa-Protest – Der Fotograf porträtiert das Viertel in all seiner Vielfalt und Vielschichtigkeit und dokumentiert den rasenden Wandel der Meile aus seiner ganz eigenen Perspektive. „Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten“, sagt Egel. „Und auf der Reeperbahn ist sehr viel Licht.“
Auf die Frage, wo man das wahre St. Pauli findet, kann es keine richtige Antwort geben. Frank Egel unternimmt zumindest einen sehenswerten Versuch.
Fotoausstellung „Catch of the Day“, Galerie toonzaal, Hamburger Hochstraße 2, bis Dezember 2014 jeden Montag von 14-20 Uhr.