Erzieherinnen hatten offenbar Hinweise darauf, dass dem Mädchen Gewalt angetan wird. Kita-Betreuerinnen schlugen aber nicht Alarm bei den Behörden.

Hamburg. Erzieherinnen in Kitas sind häufig die Ersten, die bemerken, wenn ein Kind misshandelt oder vernachlässigt wird. Auch im Fall der dreijährigen Yagmur Y., die Mitte Dezember mutmaßlich von ihrem Vater totgeschlagen worden ist, hatten die Erzieherinnen der Kita Kandinskyallee in Mümmelmannsberg Hinweise darauf, dass dem Mädchen Gewalt angetan wird und das Kind gefährdet sein könnte. Doch unternommen haben die Kita-Mitarbeiter offenbar nichts – obwohl es von der Sozialbehörde einen Leitfaden für Erzieher gibt, der erklärt, wie sie sich bei einem Verdacht von Misshandlungen verhalten sollen.

Unklar ist, ob die Erzieherinnen von Yagmur („Yaya“) dieses Schriftstück gelesen haben. Die Sozialbehörde gibt an, dass derzeit nicht geklärt werden könne, ob die schon etwas ältere Arbeitshilfe allen Kita-Mitarbeitern bekannt oder zugänglich gemacht wurde.

Als Yaya nicht mehr in die Kita ging, sprach die Mutter von Läusen

Davon unabhängig seien der Kinderschutz und die dabei einzuhaltenden Verfahren im Landesrahmenvertrag „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen“ verankert. In der Arbeitshilfe von 2008 werden Kita-Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass es zwar nicht zu ihren Aufgaben gehöre, eine Problemlage endgültig zu klären, ihnen aber für den Schutz des Kindes und beim Einleiten von Hilfen eine wichtige Rolle zukomme. „Von Ihrer Haltung, Ihrer Reaktion und Ihrem Vorgehen kann es entscheidend abhängen, ob ein Kind die notwendige Hilfe bekommt“, heißt es.

Die „Hamburger Morgenpost“ zitiert aus einem Vernehmungsprotokoll, wonach Yayas Kita-Betreuerinnen dem Mädchen nicht zu Hilfe gekommen sein sollen. Rund drei Wochen besuchte Yaya die Kita in Mümmelmannsberg, nachdem sie am 2. August 2013 wieder ihren Eltern Melek und Hüseyin Y. anvertraut worden war. Wie berichtet, hatte das Ehepaar alle sozialpädagogischen Familienhilfen abgebrochen. Damit das Kind beaufsichtigt werde, habe das Jugendamt Mitte darauf hingewirkt, dass Yaya eine Kita besucht – zumal die Eltern immer noch unter Verdacht standen, ihre Tochter in der Vergangenheit misshandelt zu haben.

Es heißt weiter, dass die Erzieherinnen offenbar nichts von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wussten. Im Vernehmungsprotokoll habe die Kita-Mitarbeiterin Özlem U. von blauen Flecken und Kratzern im Gesicht der Kleinen berichtet. Doch Yayas Mutter habe ihr erzählt, dass ein Cousin ihre Tochter beim Spielen verletzt habe. Özlem U. habe außerdem ausgesagt, dass Yaya kurz darauf mit tiefen blauen Ringen unter beiden Augen in die Kita gekommen sei. Die Ermittler hätten gefragt, ob es sich um Brillenhämatome von Schlägen gehandelt habe. Die Erzieherin habe angegeben, dass es so ausgesehen habe, als hätte Yaya seit mehreren Tagen nicht geschlafen. Zudem habe das Mädchen eigentlich immer irgendwelche Verletzungen im Gesicht gehabt und auch frisches oder getrocknetes Blut an der Nase.

Als Yaya nicht mehr in der Kita erschien, habe die Mutter auf Nachfrage der Kita-Leiterin offenbar von Läusen bei ihrer Tochter gesprochen. Das Jugendamt habe erst drei Wochen später von der Abwesenheit des Mädchens erfahren.